Die Anrechnungsvorschriften nach § 93 SGB VI

Mit § 93 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) wird die Anrechnung von Renten aus der Gesetzlichen Unfallversicherung auf Renten, welche durch die Gesetzliche Rentenversicherung geleistet werden, geregelt. Nach dieser Rechtsvorschrift sind Renten aus der Gesetzlichen Rentenversicherung vermindert zu leisten, wenn der Rentenberechtigte zeitgleich einen Anspruch auf eine Verletztenrente oder eine Hinterbliebenenrente aus der Gesetzlichen Unfallversicherung hat. Die Renten der Unfallversicherung werden hingegen ungekürzt – in vollem Umfang – geleistet.

Mit der gesetzlichen Regelung des § 93 SGB VI möchte der Gesetzgeber erreichen, dass ein Versicherter, der einen Leistungsanspruch aus beiden Sozialversicherungssystem (Gesetzliche Rentenversicherung und Gesetzliche Unfallversicherung) realisieren kann, nicht besser als in der Zeit der aktiven Tätigkeit gestellt werden soll.

Allgemeines

Durch die Rechtsvorschrift des § 93 SGB VI wird durch den Gesetzgeber die Nichtleistung einer Rente aus der Gesetzlichen Rentenversicherung angeordnet, sofern diese mit einer gleichartigen Leistung aus der Gesetzlichen Unfallversicherung zusammentrifft und zugleich ein gesetzlich bestimmter Grenzbetrag überschritten wird.

Die Anrechnung existiert bereits seit der Einführung der Gesetzlichen Rentenversicherung im Jahr 1889, als die (damalige) Invalidenversicherung zur bereits bestehenden Unfallversicherung ins Leben gerufen wurde.

Mit Urteil vom 31.03.1998 hat das Bundessozialgericht (Az. B 4 RA 49/96 R) keine verfassungsrechtlichen Bedenken der Anrechnungsvorschrift gesehen.

Anrechnung bei Zusammentreffen gleichartiger Leistungen

Die Anrechnung nach § 93 SGB VI wird nur dann vorgenommen, wenn gleichartige Renten zusammentreffen. So werden Verletztenrenten nach dem Siebten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) auf Versichertenrenten nach dem SGB VI (Altersrenten, Erwerbsminderungsrenten, Erziehungsrenten) angerechnet. Ebenso werden Hinterbliebenenrenten nach dem SGB VII (Witwen-/Witwerrenten, Renten an frühere Ehegatten, Waisenrenten) auf gleichartige Hinterbliebenenrenten nach dem SGB VI angerechnet.

Zu einer Anrechnung nach § 93 SGB VI kommt es hingegen nicht, wenn ein Versicherter nicht gleichartige Renten aus den beiden Sozialversicherungssystemen bezieht. So wird beispielsweise eine Hinterbliebenenrente der Gesetzlichen Unfallversicherung nicht auf eine Altersrente der Gesetzlichen Rentenversicherung angerechnet.

Zur Anrechnung nach § 93 SGB VI kommt es nur dann, wenn die gleichartigen Renten zeitgleich – für denselben Zeitraum – geleistet werden.

Berechnung der Anrechnung nach § 93 SGB VI

Die Prüfung, ob es zu einer Anrechnung einer Rente aus der Gesetzlichen Unfallversicherung (GUV-Rente) auf eine Rente der Gesetzlichen Rentenversicherung (GRV-Rente) kommen muss, wird in folgenden Schritten durchgeführt:

  1. Berechnung der Rente aus der Gesetzlichen Rentenversicherung
  2. Berechnung der Rente aus der Gesetzlichen Unfallversicherung abzgl. Grundrentenbetrag nach dem BVG
  3. Ermittlung eines Grenzbetrages
  4. Vergleich der Summe der GRV-Rente und GUV-Rente mit dem Grenzbetrag
  5. Übersteigt die Summe der GRV-Rente und der GUV-Rente den Grenzbetrag, wird der übersteigende Betrag von der GRV-Rente in Abzug gebracht

Berechnung der Rente aus der Gesetzlichen Rentenversicherung

Die Rente aus der Gesetzlichen Rentenversicherung wird

  • vor Abzug der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung,
  • ohne die Leistungsanteile aus einer Höherversicherung,
  • ohne Kinderzuschuss und
  • ohne den Teil, der auf ständige Arbeiten unter Tage beruht (sofern knappschaftliche Leistungsanteile in der Rentenberechnung enthalten sind)

berücksichtigt.

Maßgebend ist bei der Berechnung des Anrechnungsbetrags der Rentenbetrag, welcher vor der Anrechnung eines Hinzuverdienstes berechnet wurde. Damit wird erreicht, dass durch die Anrechnungsvorschrift des § 93 SGB VI die Anrechnung des Hinzuverdienstes nicht rückgängig gemacht wird.

Berechnung der Rente aus der Gesetzlichen Unfallversicherung

Die Rente aus der Gesetzlichen Unfallversicherung wird

  • vor Anrechnung von Einkommen,
  • ohne Kinderzulage,
  • abzüglich eines Betrages, welcher die verletzungsbedingten Mehraufwendungen und den immateriellen Schaden ausgleicht (dies gilt nicht bei Hinterbliebenenrenten),
  • abzüglich des Alterserhöhungsbetrages (bei einer MdE von mindestens 50 Prozent und einem Lebensalter von 65 Jahren),
  • abzüglich des „Silikosefreibetrages“

berücksichtigt.

Regelung ab 01.07.2021

Ab dem 01.07.2021 kam es zu einer Neuregelung, welche mit dem Gesetz zur Regelung des Sozialen Entschädigungsrechts vom 12.12.2019 in Kraft getreten ist. Die von der Verletztenrente abzusetzenden Beträge werden seit Juli 2021 nicht mehr nach den BVG-Grundrentenbeträge, wie dies bis Juni 2021 der Fall war (s. unten), abgesetzt. Vielmehr wurden (im Vorgriff auf das Außerkrafttretens des Bundesversorgungsgesetzes zum 31.12.2023 bzw. Inkrafttretens des Vierzehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB XIV) zum 01.01.2024) die abzusetzenden Beträge direkt in § 93 (hier sind die Absätze 2a und 2b maßgebend) geregelt. Die abzusetzenden Beträge orientieren sich nach dem Wert der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE). Sollte der Wert der MdE zwischen vollen zehn Prozent liegen, erfolgt immer eine Aufrundung auf den nächsthöheren 10-Prozent-Wert.

Nach § 93 Abs. 2a SGB VI kommt es zu einer rechnerischen Reduzierung der anzurechnenden Verletztenrente. Es wird ein Betrag für die verletzungsbedingen Mehraufwendungen und den immateriellen Schaden in Abzug gebracht.

Folgende Werte schreibt § 93 Abs. 2a SGB VI vor:

Höhe MdE Absetzungsbetrag
X-fache des aktuellen Rentenwertes
10 Prozent 1,51-fache
20 Prozent 3,01-fache
30 Prozent 4,52-fache
40 Prozent 6,20-fache
50 Prozent 8,32-fache
60 Prozent 10,51-fache
70 Prozent 14,58-fache
80 Prozent 17,63-fache
90 Prozent 21,19-fache
100 Prozent 23,72-fache

Damit ergeben sich folgende Werte:

Absetzungsbeträge 07/2023 bis 06/2024

Höhe MdE Absetzungsbetrag
10 Prozent 56,78 Euro
20 Prozent 113,18 Euro
30 Prozent 169,95 Euro
40 Prozent 233,12 Euro
50 Prozent 312,83 Euro
60 Prozent 395,18 Euro
70 Prozent 548,21 Euro
80 Prozent 662,89 Euro
90 Prozent 796,74 Euro
100 Prozent 891,87 Euro

Absetzungsbeträge 07/2022 bis 06/2023

Für die Zeit von 07/2022 bis 06/2023 gelten folgende Absetzungsbeträge:

Höhe MdE Absetzungsbetrag
10 Prozent 54,39 Euro
20 Prozent 108,42 Euro
30 Prozent 162,81 Euro
40 Prozent 223,32 Euro
50 Prozent 299,69 Euro
60 Prozent 378,57 Euro
70 Prozent 525,17 Euro
80 Prozent 635,03 Euro
90 Prozent 763,26 Euro
100 Prozent 854,39 Euro

Absetzungsbeträge 07/2021 bis 06/2022

Für die Zeit von 07/2021 (also ab Inkrafttreten der neuen Regelung) bis 06/2022 gilt noch die Besonderheit, dass die bisherigen BVG-Grundrentenbeträge in Ansatz zu bringen sind, sollten die neuen Werte (im Hinblick auf die Nullrunde bei den Rentenerhöhungen im Westen zum 01.07.2021) geringer sein.

Höhe MdE Absetzungsbetrag
10 Prozent 52,00 Euro
20 Prozent 104,00 Euro
30 Prozent 156,00 Euro
40 Prozent 212,00 Euro
50 Prozent 284,46 Euro
60 Prozent 360,00 Euro
70 Prozent 499,00 Euro
80 Prozent 603,00 Euro
90 Prozent 724,49 Euro
100 Prozent 811,00 Euro

Alterserhöhungsbetrag

Mit § 93 Abs. 2b SGB VI wird geregelt, dass für Versicherte, die das 65. Lebensjahr vollendet haben und die Minderung der Erwerbsfähigkeit mindestens 50 Prozent beträgt, noch ein Alterserhöhungsbetrag in Abzug zu bringen ist. Der Alterserhöhungsbetrag (also Erhöhung des Absetzungsbetrages) wird ab dem Ersten des Monats, in dem der Versicherte das 65. Lebensjahr vollendet, berücksichtigt.

Höhe MdE Alterserhöhungsbetrag
X-fache des aktuellen Rentenwertes
50 und 60 Prozent 0,92-fache
70 und 80 Prozent 1,16-fache
mind. 90 Prozent 1,40-fache

Damit ergeben sind folgende Werte:

Alterserhöhungsbeträge 07/2023 bis 06/2024:

Höhe MdE Alterserhöhungsbetrag
50 und 60 Prozent 34,59 Euro
70 und 80 Prozent 43,62 Euro
mind. 90 Prozent 52,64 Euro

Alterserhöhungsbeträge 07/2022 bis 06/2023

Höhe MdE Alterserhöhungsbetrag
50 und 60 Prozent 33,14 Euro
70 und 80 Prozent 41,78 Euro
mind. 90 Prozent 50,43 Euro

Alterserhöhungsbeträge 07/2021 bis 06/2022

Höhe MdE Alterserhöhungsbetrag
50 und 60 Prozent 32,00 Euro
70 und 80 Prozent 39,66 Euro
mind. 90 Prozent 48,00 Euro

Regelung bis 30.06.2021

Der Betrag der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) blieb für die Zeit bis 30.06.2021 bei der Ermittlung der GUV-Rente außer Ansatz. Dies galt allerdings nur für die Versichertenrenten und nicht für die Hinterbliebenenrenten.

Die Werte der Grundrenten nach dem BVG können unter BVG-Grundrentenbeträge nachgelesen werden. Hat der Versicherte das 65. Lebensjahr vollendet, erhöhte sich die Grundrente und damit der in Abzug zu bringende Betrag um den sogenannten „Alterserhöhungsbetrag“. Ab dem 01.07.2021 wird nicht mehr auf die BVG-Grundrentenbeträge abgestellt.

Eine Rente nach dem Bundesversorgungsgesetz wird grundsätzlich erst ab einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 30 Prozent geleistet. Durch § 93 Abs. 2 Nr. 2a SGB VI wurde daher geregelt, dass bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 Prozent zwei Drittel der Mindestgrundrente und bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 10 Prozent ein Drittel der Mindestgrundrente als „Grundrente“ bei der GUV-Rente in Abzug zu bringen waren.

Silikosefreibetrag

Mit § 93 Abs. 2 Nr. 2b SGB VI wird der Abzug des sogenannten „Silikosefreibetrages“ geregelt. Wird die GUV-Rente in Höhe von mindestens 60 Prozent aufgrund der Berufskrankheit Nr. 4101, 4102 oder 4111 (Berufskrankheiten-Verordnung) geleistet, werden je 16,67 Prozent des aktuellen Rentenwerts für jeden Prozentpunkt der Minderung der Erwerbsfähigkeit von der GUV-Rente abgezogen.

Bei den genannten Nr. der Berufskrankheiten-Verordnung handelt es sich um:

  • Silikose (Steinstaublunge)
  • Silikose-Tuberkulose und
  • chronisch obstruktive Bronchitis.

Daher spricht man im Zusammenhang mit diesem „Freibetrag“ vom sogenannten „Silikosefreibetrag“. Dieser wird nach der folgenden Formel berechnet:

Silikosefreibetrag = Prozentsatz der Minderung der Erwerbsfähigkeit x aktueller Rentenwert x 16,67 / 100

Sofern ein Versicherter mehrere Renten aus der Gesetzlichen Unfallversicherung – aufgrund von mehreren entschädigungspflichtigen Arbeitsunfällen – erhält, werden die GUV-Renten zusammengerechnet. Zu beachten ist, dass dabei für jede Verletztenrente der BVG-Freibetrag in Abzug zu bringen ist.

Den Unfallrenten gleichstehende Leistungen

Werden Unfallrenten nicht als Geldleistung geleistet, werden bei der Anrechnung auf die GRV-Rente nach § 93 Abs. 4 SGB VI auch weitere Leistungen berücksichtigt.

Wird eine ausländische Unfallrente eines ausländischen Unfallversicherungsträgers geleistet, wird diese bei der Anrechnung nach § 93 SGB VI ebenfalls berücksichtigt. Voraussetzung ist, dass die Leistungen des ausländischen Trägers mit der Rente aus der Unfallversicherung nach dem SGB VII vergleichbar ist.

Wird eine Rente aus der Gesetzlichen Unfallversicherung für die Dauer einer Heimpflege (s. hierzu auch: Pflegeleistungen nach § 44 SGB VII) gekürzt, wird der gekürzte Teil ebenfalls bei der Einkommensanrechnung nach § 93 SGB VI berücksichtigt. Es wird als der Betrag der GUV-Rente berücksichtigt, welcher ohne die Heimpflege geleistet werden müsste.

Wird eine GUV-Rente durch den Unfallversicherungsträger abgefunden, wird auch der Abfindungsbetrag bei der Anrechnung nach § 93 SGB VI berücksichtigt. Die Abfindungszahlung wird für den Zeitraum berücksichtigt, für den sie bestimmt ist.

Erhält ein Versicherter nach § 10 Abs. 1 Entwicklungshelfer-Gesetz (EhfG) Leistungen, werden diese ebenfalls bei der Anrechnung nach § 93 SGB VI berücksichtigt. Hierbei handelt es sich zwar um keine Leistungen der Gesetzlichen Unfallversicherung, sondern um Leistungen des Bundes (da es sich nicht um berufstypische, sondern um landestypische Gefahren handelt). Dennoch sind diese Leistungsbeträge nach § 93 Abs. 4 Nr. 4 SGB VI bei der Anrechnung heranzuziehen.

Grenzbetrag

Eine Rente aus der Unfallversicherung wird nach § 93 SGB VI nicht angerechnet, sofern sie zusammen mit der Rente aus der Gesetzlichen Rentenversicherung vor der Einkommensanrechnung den jeweiligen Grenzbetrag nicht übersteigt (§ 93 Abs. 1 SGB VI). Der Grenzbetrag wird in § 93 Abs. 3 SGB VI definiert. Danach beträgt der Grenzbetrag 70 Prozent eines Zwölftel des Jahresarbeitsverdienstes, welcher der Berechnung der Rente aus der Unfallversicherung zugrunde liegt, vervielfältigt mit dem jeweiligen Rentenartfaktor für persönliche Entgeltpunkte aus der allgemeinen Rentenversicherung.

Da sich der Grenzbetrag aus dem Jahresarbeitsverdienst, welcher der Berechnung der Rente aus der Unfallversicherung zugrunde liegt, errechnet, handelt es sich um einen individuellen Wert. Dieser ist daher für jeden Versicherten im Einzelfall zu berechnen.

Wird der Grenzbetrag mit der GUV- und GRV-Rente überschritten, wird der übersteigende Betrag von der GRV-Rente gekürzt.

Grenzbetrag = Jahresarbeitsverdienst / 12 Monate x Rentenartfaktor x 70 Prozent

Beispiel:

Die Gesetzlichen Unfallversicherung leistet für einen Versicherten eine Verletztenrente. Der Berechnung der Verletztenrente lag ein Jahresarbeitsverdienst von 31.500 Euro zugrunde.

Der Versicherte erhält:

  1. eine Rente wegen voller Erwerbsminderung
  2. eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung

Konsequenz:

Bei der Rente wegen voller Erwerbsminderung beträgt der Rentenartfaktor 1,0, bei der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung beträgt der Rentenartfaktor 0,5.

Grenzbetrag bei:

  1. Rente wegen voller Erwerbsminderung: 31.500 Euro / 12 Monate x 1,0 x 70 Prozent = 1.837,50 Euro.
  2. Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung: 31.500 Euro / 12 Monate x 0,5 x 70 Prozent = 918,75 Euro.

Zudem ist immer ein sogenannter „Mindestgrenzbetrag“ zu beachten. Dieser Mindestgrenzbetrag ist der Monatsbetrag der Rente aus der Gesetzlichen Rentenversicherung. Ist die monatliche Rente der Rentenversicherung höher als der nach o. g. Berechnungsformel berechnete Grenzbetrag, ist der Mindestgrenzbetrag zu verwenden.

Berechnungsbeispiel (aktuelles Recht ab 01.07.2021)

Ein Versicherter erhält ab Juli 2022 eine Altersrente von der Gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 1.200,00 Euro monatlich. Aufgrund eines Arbeitsunfalls, welcher sich Jahre vor Beginn der Altersrente ereignet hatte, leistet die Gesetzliche Unfallversicherung eine Unfallrente in Höhe von 700,00 Euro. Diese Unfallrente wird aufgrund einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 60 Prozent geleistet. Der Berechnung der Unfallrente lag ein Jahresarbeitsverdienst in Höhe von 23.000 Euro zugrunde.

Berechnung (Juli 2022)

Höhe GRV-Rente 1.200,00 Euro
Höhe GUV-Rente 700,00 Euro
abzgl. Absetzungsbetrag (ab 07/2022), 60% MdE 378,57 Euro
Summe GRV- und GUV-Rente 1.521,43 Euro
abzgl. Grenzbetrag
21.000 x 70 Prozent / 12 Monate x 1,0
1.225,00 Euro
Betrag der den Grenzbetrag überschreitet 296,43 Euro

Die Rente der Gesetzlichen Rentenversicherung (GRV-Rente) wird damit um den Betrag von 296,43 Euro gekürzt. Damit steht dem Versicherten ab Juli 2022 noch eine Altersrente von brutto (1.200,00 Euro abzgl. 296,43 Euro) 903,57 Euro zu.


Berechnungsbeispiel (Recht bis 30.06.2021)

Von der Gesetzlichen Rentenversicherung erhält ein Versicherter ab Juli 2019 eine Altersrente in Höhe von 1.200,00 Euro monatlich. Als Folge eines Arbeitsunfalls, der schon einige Jahre vor Beginn der Altersrente eingetreten ist, gewährt die Gesetzliche Unfallversicherung (GUV) eine Unfallrente in Höhe von 600,00 Euro. Diese Unfallrente wird aufgrund einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 50 Prozent geleistet. Der Berechnung der Unfallrente lag ein Jahresarbeitsverdienst in Höhe von 22.000 Euro zugrunde.

Berechnung (Juli 2019)

Höhe GRV-Rente 1.200,00 Euro
Höhe GUV-Rente 600,00 Euro
abzgl. BGV-Grundrente (ab 07/2019), 50% MdE 274,00 Euro
Summe GRV- und GUV-Rente 1.526,00 Euro
abzgl. Grenzbetrag
22.000 x 70 Prozent / 12 Monate x 1,0
1.283,33 Euro
Betrag der den Grenzbetrag überschreitet 242,67 Euro

Die Rente der Gesetzlichen Rentenversicherung (GRV-Rente) wird damit um den Betrag von 242,67 Euro gekürzt. Damit steht dem Versicherten noch eine Altersrente von brutto (1.200,00 Euro abzgl. 242,67 Euro) 957,33 Euro zu.

Anwendungssperre des § 93 SGB VI

Nach § 93 Abs. 5 SGB VI (sogenannte Anwendungssperre) wird die Anrechnung einer GUV-Rente auf die GRV-Rente nicht vorgenommen, wenn die GUV-Rente auf einen Arbeitsunfall beruht, welcher sich nach Beginn der GRV-Rente ereignet hat.

Ebenfalls kommt die Anrechnungsvorschrift des § 93 SGB VI nicht zum Tragen, wenn die GUV-Rente auf einer eigenen Beitragsleistung des Versicherten oder seines Ehegatten beruht. Unternehmer und deren Ehegatten/Lebenspartner haben nach § 3 SGB VII die Möglichkeit, sind in der Gesetzlichen Unfallversicherung zu versichern. Hierfür sind von den Betroffenen die Beiträge allein aufzubringen. Da sie damit die Unfallrente allein (und nicht die Solidargemeinschaft) finanziert haben, soll dies nicht zu einer Kürzung der Rente aus der Gesetzlichen Rentenversicherung führen.

Rechtsprechung

Urteil Bundessozialgericht vom 31.03.1998, B 4 RA 49/96 R

Dass gegen die Anrechnungsvorschrift des § 93 SGB VI keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen, hat das Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 31.03.1998 (Az. B 4 RA 49/96 R; BSGE 82,83) ausgeführt.

Urteil Hessisches Landessozialgericht vom 20.03.2024, L 5 R 121/23

Der Bezug einer Verletztenrente muss zwingend der zuständigen Rentenkasse gemeldet werden, wenn auch aus der Gesetzlichen Unfallversicherung eine Rente bezogen wird. Erfolgt dies nicht, kann es – unter Umständen zu sehr hohen – Rentenrückzahlungen kommen, welche die Rentenkasse aufgrund grober Fahrlässigkeit geltend machen kann. Dies bestätigt das Hessische Landessozialgericht mit Urteil vom 20.03.2024, Az. L 5 R 121/23.

Zu dem Klagefall vor dem Hessischen Landessozialgericht kam es, da die Rentenkasse eine Rückzahlung von überzahlten Rentenleistungen in Höhe von fast 90.000 Euro bei einem Versicherten geltend machte. Der Versicherte und Kläger hatte bei der Rentenantragstellung nicht angegeben, dass er neben der „Altersrente für schwerbehinderte Menschen“ zusätzlich eine Verletztenrente aus der Gesetzlichen Unfallversicherung bezieht.

Etwa zehn Jahre später machte der Versicherte bei der zuständigen Berufsgenossenschaft eine höhere Verletztenrente geltend, da sich die Folgen des Arbeitsunfalls verschlimmert haben. Nachdem die Berufsgenossenschaft die Rente erhöht hatte, verständigte diese auch die Rentenkasse, die von dem Bezug der Verletztenrente zu diesem Zeitpunkt erstmals erfuhr.

Sowohl das Sozialgericht als auch das Hessische Landessozialgericht bestätigten die Rückforderung der Rentenkasse. Im Rentenantragsformular ist klar, eindeutig und unmissverständlich abgefragt worden, ob aus der Gesetzlichen Unfallversicherung Leistungen bezogen werden. Nachdem hierzu keine zutreffenden Angaben gemacht wurden, handelte der Kläger bösgläubig und grob fahrlässig. Bei einer groben Fahrlässigkeit kann ein begünstigender, rechtswidriger Verwaltungsakt bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Diese Frist hat die Rentenkasse beachtet, weshalb die Rückforderung der überzahlten Rente rechtlich korrekt war und vom Kläger zurückzuzahlen ist.

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