Onkologische Nachsorgeleistungen nach § 31 Abs. 1 Nr. 3 SGB VI

Der Leistungskatalog der Gesetzlichen Rentenversicherung sieht auch die Kostenübernahme für onkologische Nachsorgeleistungen vor. Hierbei handelt es sich um spezielle Leistungen der medizinischen Rehabilitation, welche nach einer Krebserkrankung gewährt werden können.

Die onkologischen Nachsorgeleistungen werden als Nach- bzw. Festigungskuren erbracht, wobei die Leistungsdauer in der Regel drei Wochen beträgt.

Allgemeines

Die Rechtsgrundlage für die Erbringung von onkologischen Nachsorgeleistungen ist § 31 Abs. 1 Nr. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Konkretisiert wird der Leistungsanspruch durch die „Gemeinsamen Richtlinien der Träger der Rentenversicherung nach § 31 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI für die Erbringung von onkologischen Nachsorgeleistungen bei malignen Tumorerkrankungen und Systemerkrankungen“ (kurz: Ca-Richtlinien). Die aktuelle Fassung der Ca-Richtlinien datiert vom 28.06.2018.

Erstmals wurden die Ca-Richtlinien am 04.07.1991 von den Trägern der Gesetzlichen Rentenversicherung, welche immer im Benehmen mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales erfolgen, erlassen.

Eine Besonderheit besteht bei den onkologischen Nachsorgeleistungen insbesondere darin, dass diese seitens der Gesetzlichen Rentenversicherung auch für Personenkreise erbracht werden kann bzw. muss, für die im Regelfall keine medizinische Rehabilitationsleistungen zu Lasten der Gesetzlichen Rentenversicherung (mehr) in Betracht kommen. So werden die onkologischen Nachsorgeleistungen für Versicherte aber auch für Rentenbezieher und für nichtversicherte Angehörige (Ehegatten, Lebenspartner nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz und Kinder von Versicherten bzw. Rentenbeziehern) erbracht.

Die onkologischen Nachsorgeleistungen werden mit der Zielsetzung erbracht, dass nach einer abgeschlossenen operativen Behandlung oder Strahlenbehandlung bzw. zytostatischen Behandlung einer Krebserkrankung der Erfolg gefestigt wird. Darüber hinaus wird mit der Leistung der Bedarf an Nachbehandlung und genereller gesundheitlicher und psychischer Stabilisierung abgedeckt.

Anspruchsvoraussetzungen

Damit ein Anspruch auf die onkologischen Nachsorgeleistungen besteht, müssen sowohl persönliche Voraussetzungen als auch versicherungsrechtliche Voraussetzungen erfüllt werden.

Erfüllung der persönlichen Voraussetzungen

Die persönlichen Voraussetzungen für die Leistungserbringung der onkologischen Nachsorgeleistungen durch die Gesetzliche Rentenversicherung sind dann erfüllt, wenn die Akutbehandlung abgeschlossen ist. Die Akutbehandlung wiederum wird im Regelfall in Form einer stationären Krankenhausbehandlung durchgeführt.

Als abgeschlossen wird eine Akutbehandlung – wird teilweise auch als „Primärbehandlung“ bezeichnet – dann angesehen, wenn die erforderlichen Operationen und die sich daran anschließende nachoperative Versorgung, zu der auch Bestrahlungsbehandlungen gehören können, abgeschlossen ist. Sofern eine Strahlentherapie durchgeführt wurde, muss diese abgeschlossen worden sein. Kein Hinderungsgrund für die Leistung ist eine noch laufende zytostatische Behandlung.

Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen

Damit onkologische Nachsorgeleistungen erbracht werden können, müssen nach § 31 Abs. 2 Satz 2 SGB VI die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sein. Dies Voraussetzungen sind dann erfüllt, wenn die Voraussetzungen des § 11 SGB VI erfüllt werden.

Von den Versicherten werden die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt, wenn diese:

  • in den letzten zwei Jahren vor der Antragstellung sechs Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen für eine versicherten Beschäftigung oder Tätigkeit nachweisen können (dieser Zeitraum verlängert sich um Anrechnungszeiten wegen des Bezugs von Arbeitslosengeld II) oder
  • innerhalb von zwei Jahren nach Beendigung einer Ausbildung eine versicherte Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit aufgenommen und bis zum Antrag auf die onkologische Nachsorgeleistung ausgeübt haben oder nach einer solchen Beschäftigung oder Tätigkeit bis zum Antrag arbeitsunfähig oder arbeitslos gewesen sind oder
  • bei Antragstellung auf die onkologische Nachsorgeleistung die allgemeine Wartezeit (fünf Jahre bzw. 60 Kalendermonate) erfüllt haben.

Ebenfalls haben Bezieher einer Rente aus der Gesetzlichen Rentenversicherung und Angehörige von Versicherten die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt.

Personenkreis

Durch die Gesetzliche Rentenversicherung werden die onkologischen Nachsorgeleistungen für die Versicherte, für die Bezieher einer Rente und die jeweiligen Angehörigen erbracht.

Bezieher einer Rente

Auch Rentenbezieher können die onkologischen Nachsorgeleistungen zu Lasten der Gesetzlichen Rentenversicherung erhalten. Insoweit erhalten die gesetzlichen Vorschriften keine Einschränkungen. Damit erhalten alle Rentenbezieher – soweit die persönlichen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt werden – diese Nachsorgeleistungen. Zu den anspruchsberechtigten Rentenbezieher zählen damit:

  • Bezieher einer Altersrente (z. B. Regelaltersrente, Altersrente für besonders langjährig Versicherte, …),
  • Bezieher einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit,
  • Bezieher einer Rente wegen Todes (Hinterbliebenenrente).

Angehörige

Als Angehörige, für die eine onkologische Nachsorgeleistung erbracht werden kann, gelten die Ehegatten und die Lebenspartner (eingetragene Lebenspartnerschaft nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz) und die Kinder von Angehörigen.

Kinder im Sinne der Leistungserbringung einer onkologischen Nachsorgeleistung sind folgende Kinder:

  • eigene/leibliche Kinder des Angehörigen,
  • Stiefkinder und Pflegekinder, die in den Haushalt aufgenommen wurden,
  • Enkel und Geschwister von Versicherten und Rentenbeziehern, die in den Haushalt des Versicherten aufgenommen wurden oder vom Versicherten überwiegend unterhalten werden.

Kinder im Sinne der Leistungserbringung einer onkologischen Nachsorgeleistung sind die genannten Kinder grundsätzlich bis zum vollendeten 18. Lebensjahr.

Bis zum vollendeten 27. Lebensjahr können die genannten Kinder berücksichtigt werden, wenn

  • sie sich in Schul- oder Berufsausbildung befinden,
  • einen freiwilligen Dienst im Sinne des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2d Einkommensteuergesetz leisten,
  • sich in einer Übergangszeit von höchstens vier Kalendermonaten befinden, die zwischen zwei Ausbildungsabschnitten oder zwischen einem Ausbildungsabschnitt und der Ableistung des gesetzlichen Wehr- oder Zivildienstes oder der Ableistung eines freiwilligen Dienstes befinden oder
  • wenn das Kind wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten.

Damit eine onkologische Nachsorgeleistung für die Angehörigen von Versicherten erbracht werden kann, müssen diese selbst keine besonderen Voraussetzungen erfüllen. So kann für einen Angehörigen beispielsweise die Leistung auch dann erbracht werden, wenn dieser bislang selbst keinen einzigen Beitrag zur Gesetzlichen Rentenversicherung geleistet hat bzw. die oben genannten versicherungsrechtlichen Voraussetzungen noch nicht vollständig erfüllt.

Häufigkeit

Nach § 1 Abs. 2 der Ca-Richtlinien werden die onkologischen Nachsorgeleistungen bis zum Ablauf eines Jahres nach der beendeten Primärbehandlung erbracht.

Die onkologischen Nachsorgeleistungen werden bis zum Ablauf von zwei Jahren nach beendeter Primärbehandlung erbrach, wenn diese Leistungen durch erhebliche Funktionsstörungen durch die Tumorerkrankung oder durch Komplikationen bzw. Therapiefolgen erforderlich werden.

Zur Einhaltung der Jahresfrist bzw. Zwei-Jahres-Frist muss der Antrag auf die onkologische Nachsorgeleistung innerhalb eines Jahres bzw. innerhalb von zwei Jahren nach abgeschlossener Primärbehandlung gestellt werden.

Beispiel:

Bei einem Versicherten wurde im Sommer 2018 Darmkrebs diagnostiziert. Nachdem am 11.07.2018 ein Teil des Darms operativ entfernt wurde, endete der Krankenhausaufenthalt am 28.07.2018.

Vom 01.08.2018 bis 22.08.2018 wurde eine onkologische Nachsorgeleistung in Anspruch genommen.

Der Versicherte stellt am 03.07.2019 einen erneuten Antrag auf eine onkologische Nachsorgeleistung. Seitens des ärztlichen Dienstes der zuständigen Rentenkasse wird die medizinische Notwendigkeit für die erneute Nachsorgeleistung bestätigt.

Konsequenz:

Nachdem der Antrag auf die nochmalige onkologische Nachsorgeleistung innerhalb der Jahresfrist, welche vom 29.07.2018 (Tag nach der Krankenhausentlassung) bis 28.07.2019 verläuft, gestellt wurde, muss die Leistung erneut übernommen werden.

Ausschluss der Leistungspflicht durch die GRV

In bestimmten Fällen liegt für die Gesetzliche Rentenversicherung keine Leistungspflicht für die onkologischen Nachsorgeleistungen vor. In folgenden Fällen besteht für Versicherte, Rentenbezieher bzw. Angehörige ein Ausschluss von der Leistungspflicht für die Gesetzliche Rentenversicherung:

  • Es wird eine Beschäftigung ausgeübt, aus der nach beamtenrechtlichen oder entsprechenden Vorschriften eine Anwartschaft auf eine Versorgung gewährleistet ist.
  • Es besteht als Bezieher einer Versorgung wegen Erreichens einer Altersgrenze Rentenversicherungsfreiheit.
  • Die Leistung bzw. eine gleichartige Leistung kann aufgrund eines Arbeitsunfalls bzw. einer Berufskrankheit oder einer Schädigung im Sinne des sozialen Entschädigungsrechts von einem anderen Rehabilitationsträger gewährt werden (z. B. von der Gesetzlichen Unfallversicherung).
  • Die (grds.) anspruchsberechtigte Person befindet sich in Untersuchungshaft oder im Vollzug einer Freiheitsstrafe oder es findet eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung statt oder ist einstweilig nach § 126a Abs. 2 Strafprozessordnung untergebracht.

Zuzahlungen

Wird eine onkologische Nachsorgeleistung in Anspruch genommen, muss nach § 32 SGB VI für diese Leistung eine Zuzahlung geleistet werden.

Die Zuzahlung ist von Versicherten ab dem vollendeten 18. Lebensjahr zu leisten. Sie beträgt je Kalendertag den sich nach § 40 Abs. 5 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) ergebenden Betrag. Das bedeutet, dass je Kalendertag ein Betrag in Höhe von 10,00 Euro zu leisten ist. Die Zuzahlungsdauer ist auf längstens 42 Kalendertage (sechs Wochen) begrenzt.

Wird die onkologische Nachsorgeleistung als Anschluss-Rehabilitation erbracht, fällt die Zuzahlung für längstens 28 Tage je Kalenderjahr in Höhe von 10,00 Euro (Betrag nach § 61 Satz 2 SGB V) an. Um eine Anschluss-Rehabilitation handelt es sich, wenn diese im „unmittelbaren Anschluss“ – d. h. innerhalb von 14 Tagen nach der Krankenhausbehandlung – beginnt, außer diese Frist kann aus zwingenden tatsächlichen oder medizinischen Gründen nicht eingehalten werden (vgl. § 40 Abs. 6 SGB V). Bei der Zuzahlungsdauer von 28 Tagen bei einer Anschluss-Rehabilitation ist eine im selben Jahr bereits geleistete Krankenhauszuzahlung bzw. Zuzahlung zu einer medizinischen Leistung zur Rehabilitation (nach § 32 SGB VI) anzurechnen.

Hat die anspruchsberechtigte Person bei Antragstellung das 18. Lebensjahr noch nicht erreicht, ist keine Zuzahlung zu leisten. Ebenfalls ist keine Zuzahlung zu leisten, wenn eine bestimmte – sich jährlich ändernde – Einkommensgrenze nicht überschritten wird. Diese Einkommensgrenze wird im Kalenderjahr 2024 nicht überschritten, wenn das Netto-Einkommen den Betrag von 1.415,00 Euro (im Kalenderjahr 2023: 1.359,00 Euro) nicht erreicht. Von der Zuzahlung sind Personen auch dann vollständig von der Zuzahlung befreit, die Hilfe zum Lebensunterhalt oder Leistungen zur Grundsicherung/Arbeits­losengeld II erhalten.

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