Die Leistung „Kraftfahrzeughilfe“ von der Gesetzlichen Rentenversicherung

Die Gesetzliche Rentenversicherung (GRV) kann im Rahmen der „Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben“ auch eine „Kraftfahrzeughilfe“ leisten.

Mit den Leistungen zur Teilhabe (früher: berufliche Rehabilitation) soll die Teilhabe am Arbeitsleben der körperlich, geistig oder seelische behinderten oder von einer Behinderung bedrohten Menschen gefördert werden. Ein Teil dieser Leistungen ist die Kraftfahrzeughilfe, mit der die Betroffenen eine gewisse Mobilität gegeben wird, damit diese ihre berufliche Tätigkeit ausüben können. Die Kraftfahrzeughilfe ist damit eine Leistung, welche für die Erhaltung oder Erlangung eines Arbeitsplatzes in Frage kommt.

Im Rahmen der Kraftfahrzeughilfe werden vorrangig Personenkraftwagen bezuschusst, aber auch Krafträder können hier in Betracht kommen.

Im Rahmen der Kraftfahrzeughilfe kann eine finanzielle Unterstützung für

  • die Erlangung einer Fahrerlaubnis,
  • die Beschaffung eines Kraftfahrzeugs,
  • eine erforderliche behinderungsbedingte Zusatzausstattung, inkl. Reparaturkosten der Zusatzausstattung

erfolgen.

Für den laufenden Betrieb und die Unterhaltung des Kraftfahrzeugs können keine Kosten im Rahmen der Kraftfahrzeughilfe übernommen werden. Nach dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 08.02.2007, Az. B 7a AL 34/06 R werden auch keine Mietkosten für einen Stellplatz (Kraftfahrzeugstellplatz) übernommen.

Die Details über die Leistungsgewährung im Rahmen der Kraftfahrzeughilfe werden in der „Verordnung über Kraftfahrzeughilfe zur beruflichen Rehabilitation“ (kurz: Kraftfahrzeughilfe-Verordnung bzw. KfzHV) geregelt.

Anspruchsvoraussetzungen

Damit Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben – und damit auch eine Kraftfahrzeughilfe – von der Gesetzlichen Rentenversicherung erbracht werden können, müssen sowohl die versicherungsrechtlichen als auch die persönlichen Voraussetzungen hierfür erfüllt werden. Für die Gewährung einer Kraftfahrzeughilfe müssen zusätzlich noch besondere persönliche Voraussetzungen erfüllt werden. Zudem dürfen keine Ausschlussgründe für die Leistungsgewährung vorliegen.

Die Kraftfahrzeughilfe kommt dann in Frage, wenn durch die Leistung eine möglichst dauerhafte Eingliederung in das Arbeitsleben erfolgt bzw. der Arbeitsplatz auf Dauer erhalten wird. Dies ist dann der Fall, wenn die dauerhafte Eingliederung bzw. der Erhalt des Arbeitsplatzes eine Zeitspanne von voraussichtlich mindestens sechs Monaten umfasst. Die Leistung kann damit auch bei befristeten Arbeitsverhältnissen in Frage kommen und ist nicht bei Beschäftigungsverhältnissen mit Probezeit ausgeschlossen. Aus dem Beschäftigungsverhältnis muss ein Arbeitsentgelt von mehr als 450,00 Euro erzielt werden; das Vorliegen einer nur geringfügigen Beschäftigung (Minijob) schließt den Anspruch auf die Kraftfahrzeughilfe also aus.

Die Gewährung einer Kraftfahrzeughilfe kommt hauptsächlich bei einer Behinderung in Frage, die aufgrund einer Schädigung des Stütz- oder Bewegungsapparates besteht. Es kann jedoch auch jede andere Behinderung die Erforderlichkeit der Leistung verursachen, sofern der Versicherte aufgrund einer ärztlich festgestellten Behinderung so stark eingeschränkt ist, dass ein Kraftfahrzeug benötigt wird.

Grundvoraussetzung für die Gewährung der Kraftfahrzeughilfe ist auch, dass der Versicherte zur Führung eines Kraftfahrzeugs befähigt ist. Ein Dritter kommt für die Führung des Kraftfahrzeugs in Frage, wenn der Versicherte dies selbst nicht übernehmen kann (z. B. bei einer Erblindung) und der Dritte zuverlässig zur Verfügung steht. Als Dritte kommen beispielsweise Ehegatten und andere Familienangehörige in Frage.

Versicherungsrechtliche Voraussetzungen

Für die Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen muss nach § 11 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) entweder die Wartezeit (Mindest-Vorversicherungszeit) von 15 Jahren erfüllt werden oder der Versicherte muss eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit beziehen. Ebenfalls erfüllen die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nach § 11 Abs. 3 SGB VI Versicherte, die einen Anspruch auf die große Witwen- bzw. Witwerrente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit haben.

Auf die Wartezeit von 15 Jahren bzw. 180 Kalendermonaten werden die rentenrechtlichen Zeiten im Sinne des § 51 Abs. 1 und 4 SGB VI angerechnet. Dies sind Monate mit Beitragszeiten und Ersatzzeiten. Ebenfalls können auf die Wartezeit Monate angerechnet werden, welche aus einem Versorgungsausgleich, einem Rentensplittung unter Ehegatten oder einer geringfügigen Beschäftigung (Minijob) resultieren.

Wird bereits eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit bezogen, gilt die Wartezeit bereits als erfüllt.

Persönliche Voraussetzungen

Die persönlichen Voraussetzungen werden in § 10 SGB VI beschrieben. Diese Voraussetzungen sind erfüllt, wenn die Erwerbsfähigkeit infolge einer Krankheit oder körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung erheblich gefährdet oder gemindert ist. Zusätzlich muss durch die Leistung zur Teilhabe – hier für die Kraftfahrzeughilfe – eine entsprechende Erfolgsaussicht gegeben sein. Dies ist dann der Fall, wenn

  • bei einer erheblichen Gefährdung der Erwerbsfähigkeit die Minderung der Erwerbsfähigkeit voraussichtlich abgewendet werden kann,
  • bei einer bereits geminderten Erwerbsfähigkeit voraussichtlich eine wesentliche Besserung oder Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit erfolgen kann oder eine wesentliche Verschlechterung abgewendet wird oder
  • bei einer teilweisen Erwerbsminderung mit der Kraftfahrzeughilfe ein Arbeitsplatz (auch in Teilzeit) erhalten werden kann.

Liegt die Wahrscheinlichkeit über 50 Prozent, dass die o. g. Punkte durch die Gewährung einer Kraftfahrzeughilfe erreicht werden können, ist von einer entsprechenden Erfolgsaussicht auszugehen.

Besondere persönliche Voraussetzungen

Eine besondere persönliche Voraussetzung nach § 3 KfzHV für die Kraftfahrzeughilfe ist, dass der Versicherte auf ein Auto angewiesen ist, damit der Arbeitsplatz erreicht bzw. der Beruf ausgeübt werden kann. Das heißt, dass er den Arbeits-/Ausbildungsort nicht zu Fuß oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichen kann bzw. dies nicht zumutbar ist. Die Unzumutbarkeit ist unter anderem dann gegeben, wenn öffentliche Verkehrsmittel zwar benutzt werden können, jedoch die Wegstrecke zwischen Wohnung und Haltstelle bzw. Haltestelle und Arbeits-/Ausbildungsort nicht zurückgelegt werden können. Wann eine Wegstrecke unzumutbar ist, ist nach dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 21.03.2001, Az. B 5 RJ 8/00 R von der Art und Schwere der Behinderung abhängig.

Außerdem muss der behinderte Mensch ein Kraftfahrzeug führen können, alternativ muss gewährleistet sein, dass das Kraftfahrzeug ein Dritter für ihn führt.

Kann eine Wegstrecke zwischen Wohnung und Arbeits-/Ausbildungsort von etwa sechs Kilometer zu Fuß nicht zurückgelegt werden, kann eine Kraftfahrzeughilfe auch dann genehmigt werden, wenn keine Schwerbehinderteneigenschaft oder ein Schwerbehindertenausweis ohne besonderem Merkmal vorliegt.

Anhaltspunkte für die Gewährung einer Kraftfahrzeughilfe kann ein Schwerbehindertenausweis mit Merkzeichen „G“ sein. Allerdings hat ein solcher Schwerbehindertenausweis nicht zwangsläufig zur Folge, dass die Kraftfahrzeughilfe bewilligt werden muss. Zu prüfen ist nach dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 26.08.1992, Az. 9b Rar 14/91 immer der Einzelfall. Bei einem Schwerbehindertenausweis mit dem Merkmal „aG“ (außergewöhnliche Gehbehinderung) erfüllen die Versicherten grundsätzlich die besonderen persönlichen Voraussetzungen für die Kraftfahrzeughilfe.

Der Rentenversicherungsträger muss bei einem Leistungsantrag auch prüfen, ob vom Versicherten das Fahrziel nicht kostengünstiger erreicht werden kann, z. B. durch einen Fahr- oder Beförderungsdienst.

Leistungsinhalt

Erlangung einer Fahrerlaubnis

Im Rahmen der Kraftfahrzeughilfe können die Kosten übernommen werden, welche für die Erlangung einer Fahrerlaubnis anfallen. Grundsätzlich können nur die unmittelbaren/originären Führerscheinkosten übernommen bzw. bezuschusst werden. Sollte der Fahrunterricht an einer besonderen Behindertenfahrschule erforderlich oder nur dort möglich sein, können auch evtl. Kosten für eine auswärtige Unterbringung übernommen werden.

Für die entstehenden Kosten zur Erlangung einer Fahrerlaubnis werden die Kosten bei einem monatlichen Einkommen

  • bis zu 40 Prozent der monatlichen Bezugsgröße in voller Höhe
  • bis zu 55 Prozent der monatlichen Bezugsgröße zu zwei Dritteln und
  • bis zu 75 Prozent der monatlichen Bezugsgröße zu einem Drittel

übernommen. Maßgebend ist immer das Netto-Einkommen (Brutto-Einkommen abzüglich der gesetzlichen Abzüge).

Bei der Errechnung des monatlichen Einkommens, also bei den jeweiligen genannten Prozentsätzen, wird immer auf volle 5,00 Euro aufgerundet.

Können öffentlich-rechtliche Zuschüsse geltend gemacht werden, werden diese auf die Kostenübernahme angerechnet. Dies erfolgt auch dann, wenn der Berechtigte die Zuschüsse nicht geltend macht.

Beschaffung eines Kraftfahrzeugs

Für die Beschaffung eines Kraftfahrzeugs werden finanzielle Hilfen gegeben. Diese sind von der Höhe des Netto-Einkommens abhängig, welches der Versicherte im Monat vor der Antragstellung erzielt hat. Die maximale finanzielle Hilfe beträgt nach § 5 KfzHV maximal 9.500,00 Euro. Ist ein teureres Kraftfahrzeug aufgrund der Art oder Schwere der Behinderung zwingend erforderlich, kann auch ausnahmsweise ein höherer Betrag geleistet werden. In dem maximalen Leistungsbetrag ist die behindertengerechte Ausstattung des Kraftfahrzeugs nicht enthalten.

Nach § 6 KfzHV richtet sich der Zuschuss nach dem Einkommen des Anspruchsberechtigten. Der Zuschuss wird nach einem Prozentsatz der monatlichen Bezugsgröße errechnet. Die Berechnung kann der folgenden Tabelle entnommen werden.

Einkommen bis zu … Prozent
der monatlichen Bezugsgröße
Prozentualer Zuschuss
(Bemessungsbetrags nach § 5 KfzHV)
40 100
45 88
50 76
55 64
60 52
65 40
70 28
75 16

Der Zuschuss ist auf den unabweisbaren Bedarf zur Beschaffung des Kraftfahrzeugs beschränkt. Neben Neufahrzeugen kommt auch die Bezuschussung von Gebrauchtwagen in Frage; der Verkehrswert des Gebrauchtwagens muss jedoch noch mindestens 50 Prozent des ursprünglichen Neuwagenpreises betragen.

Leasingfahrzeuge ohne spätere Kaufverpflichtung werden nicht bezuschusst.

Für die Bezuschussung bei der Beschaffung eines Kraftfahrzeugs muss einer der folgenden Punkte erfüllt sein:

  • Der Anspruchsberechtigte (behinderte Versicherte) hat noch kein eigenes Fahrzeug.
  • Sollte bereits ein behinderungsgerechtes Kraftfahrzeug vorhanden sein, darf die weitere Benutzung unter wirtschaftlichen und technischen Gesichtspunkten nicht mehr zumutbar sein.
  • In ein vorhandenes Kraftfahrzeug kann die erforderliche behinderungsgerechte Zusatzausstattung nicht bzw. nur mit einem unverhältnismäßig großen Mehraufwand eingebaut werden.

Kostenübernahme einer behinderungsbedingten Zusatzausstattung

Notwendige behinderungsbedingte Zusatzausstattungen eines Kraftfahrzeugs werden nach § 7 KfzHV übernommen. Hierzu gehören der Kauf/die Beschaffung, der Einbau, die ggf. erforderliche TÜV-Abnahme und die Reparatur der Zusatzausstattung. Als Beispiele können hier Bremskraftverstärker, Automatikgetriebe, Lenkhilfen, Standheizungen und verstellbare und schwenkbare Autositze genannt werden. Voraussetzung ist, dass das Kraftfahrzeug nach Art und Größe bedarfsgerecht ist.

Ohne Bedeutung bei der Kostenübernahme einer behinderungsbedingten Zusatzausstattung ist das Einkommen des anspruchsberechtigten Versicherten. Werden jedoch von Dritten (z. B. von der orthopädischen Versorgungsstelle) Kosten übernommen, sind diese vorrangig in Anspruch zu nehmen bzw. bei der Leistung der Rentenversicherung anzurechnen.

Leistungsausschluss

Die Kraftfahrzeughilfeverordnung regelt den Leistungsanspruch für alle Träger der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und für die Integrationsämter. Sofern andere Leistungsträger vorrangig zuständig sind bzw. Ausschlussgründe vorliegen, nach denen die Gesetzliche Rentenversicherung nicht leisten darf, ist eine Leistung ausgeschlossen.

Die Ausschlussgründe für Leistungen zur Teilhabe sind für die Gesetzliche Rentenversicherung in § 12 SGB VI geregelt. Danach darf die Gesetzliche Rentenversicherung in folgenden Fällen keine Leistungen zur Teilhabe – und damit auch keine Kraftfahrzeughilfe – leisten:

  • Die Kraftfahrzeughilfe wird aufgrund eines Versicherungsfalls der Gesetzlichen Unfallversicherung erforderlich (Arbeitsunfall, Wegeunfall, Berufskrankheit). In diesem Fall ist die Gesetzliche Unfallversicherung zuständig. Gleiches gilt für Schädigungen im Sinne des sozialen Entschädigungsrechts oder Leistungen zur Eingliederung nach dem Einsatz-Weiterverwendungsgesetz aufgrund eines Einsatzunfalls. Hier sind die Versorgungsämter zuständig.
  • Der Versicherte bezieht eine Altersrente von wenigstens zwei Dritteln der Vollrente bzw. hat eine solche Rente beantragt.
  • Es wird eine Beschäftigung nach beamtenrechtlichen oder beamtenrechtsähnlichen Vorschriften ausgeübt nach der eine Anwartschaft auf Versorgung gewährleistet ist. Dies trifft beispielsweise auf Richter, Dienstordnungs-Angestellte und Beamte auf Lebenszeit zu.
  • Die Person ist aufgrund eines Bezugs einer Altersversorgung rentenversicherungsfrei. Dies tritt beispielsweise auf Ruhestandsbeamte wegen Alters zu.
  • Die Person bezieht eine Leistung, die regelmäßig bis zum Beginn der Altersrente geleistet wird.
  • Die Person ist Untersuchungshäftling oder Strafgefangene.

Wird der Antrag auf Kraftfahrzeughilfe bei der Gesetzlichen Rentenversicherung gestellt, wofür diese als Leistungsträger aufgrund der Ausschlussgründe nicht in Frage kommt, muss dieser an den zuständigen Leistungsträger weitergeleitet werden.

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