Flexibilisierung der Teilrenten und Hinzuverdienstgrenzen

Mit dem „Gesetz zur Flexibilisierung des Übergangs vom Erwerbsleben in den Ruhestand“ (Flexirentengesetz) wird der Hinzuverdienst bei den Renten neu geregelt.

Während die neuen gesetzlichen Regelungen bereits zum 01.01.2017 in Kraft getreten sind, welche die Versicherungs- und Beitragspflicht bei einer Beschäftigung ab Bezug einer Altersvollrente bzw. ab Erreichen der Regelaltersgrenze regeln, traten die Neuregelungen hinsichtlich der Hinzuverdienstgrenzen erst ab dem 01.07.2017 in Kraft.

Das Flexirentengesetz wurde am 25.11.2016 vom Bundesrat beschlossen und tritt nach Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft.

Allgemeines

Die Hinzuverdienstgrenzen bei Altersrenten, welche vor Erreichen der Regelaltersgrenze bezogen werden, gelten bereits seit Einführung des Sechste Buches Sozialgesetzbuch, also ab dem Jahr 1992. Die Betroffenen konnten bislang bis zu 450,00 Euro monatlich zu ihrer Altersrente hinzuverdienen, sofern die Regelaltersgrenze noch nicht erreicht ist. Wird der Verdienst von monatlich 450,00 Euro überschritten, kam nur noch die Zahlung einer Teilrente in Höhe von zwei Dritteln, der Hälfte oder von einem Drittel der Vollrente in Betracht. Die Höhe der Teilrente war von der Höhe des Hinzuverdienstes abhängig. Bei einem sehr hohen Hinzuverdienst wurde die Rentenzahlung vollständig eingestellt. Die jeweilige Hinzuverdienstgrenze konnte stets zwei Mal je Kalenderjahr bis zum Doppelten überschritten werden, ohne dass es zu einer (weiteren) Rentenkürzung kam.

Nachdem immer mehr ältere Menschen in Deutschland länger arbeiten können, wollen oder müssen, wurden die Rahmenbedingungen hierfür permanent weiter verbessert. Einen Teil hierzu trägt das Flexirentengesetz mit dem Abbau der Nachteile bei, welche mit einem vorzeitigen Rentenbeginn einhergehen. Der Gesetzgeber hat erkannt, dass vor allem ältere Beschäftigte mit ihren Erfahrungen und ihrem Wissen in der Arbeitswelt einen hohen Stellenwert haben und kommt diesem Personenkreis mit dem Flexirentengesetz entgegen, indem der Übergang vom Erwerbsleben in die Rente flexibilisiert wird.

Die Änderungen

Flexiblere Gestaltung möglich

Mit dem 01.07.2017 wurden die Regelungen zur Teilrente und dem Hinzuverdienst flexibler und sind damit besser als in der Vergangenheit miteinander kombinierbar. Anstelle der bisherigen monatlichen 450-Euro-Grenze, bis zu der ein Hinzuverdienst zu keiner Rentenkürzung führte, galt dann eine kalenderjährliche Hinzuverdienstgrenze von 6.300,00 Euro.

Der Gesetzgeber erhoffte sich durch diese Regelung, dass die Versicherten ihre Erwerbstätigkeit nicht von heute auf morgen einstellen und in die Altersrente gehen, sondern dass sie zunächst in Teilzeit weiterarbeiten und die Rente flexibel mit ihrem Hinzuverdienst kombinieren.

Mit dem „Achten Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze“ (8. SGB IV-Änderungsgesetz), welches der Bundestag am 01.12.2022 beschlossen hat, wurden die Regelungen zum Hinzuverdienst vollständig für den Zeitraum ab 01.01.2023 aufgehoben. Ab Januar 2023 kann es damit aufgrund eines Hinzuverdienstes zu keinerlei Rentenkürzung mehr kommen. Das Erreichen bzw. Nicht-Erreichen der Regelaltersgrenze hat damit keine Bedeutung mehr.

Ab dem 01.07.2017 (bis 31.12.2022) gab es eine stufenlose Anrechnung des Hinzuverdienstes auf die Altersrente vor Erreichen der Regelaltersgrenze.

Bei der Prüfung des Hinzuverdienstes und einer evtl. Teilrente wird im ersten Schritt geprüft, ob die kalenderjährliche Hinzuverdienstgrenze von 6.300 Euro überschritten wird. Die 6.300 Euro wurden nach dem bisher möglichen Hinzuverdienst (12 x 450,00 Euro plus 2 x 450,00 Euro) festgelegt.

Wurde die kalenderjährliche Hinzuverdienstgrenze von 6.300 Euro überschritten, wurde der übersteigende Betrag zu 40 Prozent auf die Vollrente angerechnet.

Als nächstes musste noch geprüft werden, ob der „Hinzuverdienstdeckel“ durch die Teilrente nach Berücksichtigung der 40-Prozent-Anrechnung und einem Zwölftel des jährlichen Hinzuverdienstes überschritten wurde. Der Hinzuverdienstdeckel wurde errechnet, indem die höchsten erreichten Entgeltpunkte der letzten 15 Jahren mit der jeweils aktuellen Bezugsgröße multipliziert wird. Durch die Kopplung an die Bezugsgröße war der Hinzuverdienstdeckel dynamisch, da die Bezugsgröße jährlich der Einkommensentwicklung angepasst wird. War dies der Fall, wurde der überteigende Betrag in voller Höhe auf den verbleibenden Rentenbetrag angerechnet. Durch die Kürzung aufgrund des Überschreitens des Hinzuverdienstdeckels wurde erreicht, dass ein Versicherter maximal ein Einkommen aus Teil-Rente und Hinzuverdienst in Höhe des früheren Einkommens erzielen konnte.

Anmerkung: Die Hinzuverdienstgrenze von grundsätzlich 6.300 Euro wurde in den Kalenderjahren 2020 bis 2022 deutlich angehoben. Grund hierfür war die Corona-Pandemie mit dem einhergehenden Personalmangel, vor allem in den systemrelevanten Bereichen. Die Hinzuverdienstgrenze betrug im Kalenderjahr 2020 44.590 Euro und in den Kalenderjahren 2021 und 2022 46.060 Euro. Zugleich wurde der Hinzuverdienstdeckel für die Kalenderjahre 2020 bis 2022 ausgesetzt.

Beispiel 1:

Ein Versicherter hat Anspruch auf eine monatliche Altersvollrente in Höhe von grundsätzlich 1.200 Euro.

Der Hinzuverdienstdeckel beträgt 3.000 Euro.

Aufgrund einer Beschäftigung während des Rentenbezugs (vor Erreichen der Regelaltersgrenze) wird ein Arbeitsentgelt in Höhe von kalenderjährlich 18.000 Euro erzielt.

Berechnung:

1. Berechnungsschritt

Der kalenderjährliche Hinzuverdienst überschreitet die Hinzuverdienstgrenze von 6.300 Euro, sodass es zu einer Anrechnung auf die Altersrente kommen muss.

2. Berechnungsschritt

Die Hinzuverdienstgrenze von 6.300 Euro wird um 11.700 Euro (18.000 Euro abzgl. 6.300 Euro) überschritten. Pro Monat beträgt der anzurechnende Hinzuverdienst damit (11.700 Euro : 12 Monate) 975 Euro. 40 Prozent hiervon betragen (975 Euro x 40 Prozent) 390 Euro.

Die Altersvollrente wird damit von 1.200 Euro auf (1.200 Euro abzgl. 390 Euro) 810 Euro gekürzt.

3. Berechnungsschritt

Die Rente von 810 Euro und der Hinzuverdienst von monatlich (18.000 Euro : 12 Monate) 1.500 Euro, also insgesamt 2.310 Euro, überschreiten den errechneten Hinzuverdienstdeckel von 3.000 Euro nicht, sodass es zu keiner weiteren Rentenkürzung kommt.

Dem Versicherten steht eine monatliche Rente von 810 Euro zu.

Beispiel 2:

Daten wie in Beispiel 1 (s. oben) mit der Ausnahme, dass der Hinzuverdienst 42.000 Euro im Kalenderjahr beträgt.

Berechnung:

1. Berechnungsschritt

Mit dem kalenderjährlichen Hinzuverdienst wird die Hinzuverdienstgrenze von 6.300 Euro überschritten, sodass es zu einer Anrechnung auf die Altersrente kommen muss.

2. Berechnungsschritt

Es kommt zu einer Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze von 6.300 Euro um insgesamt 35.700 Euro (42.000 Euro abzgl. 6.300 Euro). Der anzurechnende Hinzuverdienst beträgt damit pro Monat (35.700 Euro : 12 Monate) 2.975 Euro. 40 Prozent hiervon betragen (2.975 Euro x 40 Prozent) 1.190 Euro.

Die Altersvollrente wird damit von 1.200 Euro auf (1.200 Euro abzgl. 1.190 Euro) 10 Euro gekürzt.

3. Berechnungsschritt

Die Rente von 10 Euro und der Hinzuverdienst von monatlich (42.000 Euro : 12 Monate) 3.500 Euro, also insgesamt 3.510 Euro überschreiten den errechneten Hinzuverdienstdeckel von 3.000 Euro und 510 Euro. Dieser Betrag wird auf die verbliebene Rente angerechnet, sodass in diesem Fall kein Rentenanspruch mehr besteht.

Bei Rentenbeginn und jeweils zum 01.07. der folgenden Kalenderjahre wird der Rentenversicherungsträger den voraussichtlichen kalenderjährlichen Hinzuverdienst bis zum 30.06. des Folgejahres im Rahmen einer Prognose berücksichtigen. Für die Prognose werden die Angaben des Versicherten, aber auch Bescheinigungen des Arbeitgebers, Arbeitsverträge oder Bescheinigungen eines Steuerberaters für die Ermittlung des Arbeitseinkommens (steuerrechtlicher Gewinn) berücksichtigt. Die Prognose kann entfallen, wenn sich der Hinzuverdienst nicht oder ohne Auswirkungen auf den Rentenanspruch verändert hat.

Zum 01.07. wird der tatsächliche Hinzuverdienst des letzten Kalenderjahres ermittelt, gleichzeitig kommt es rückwirkend zu einer Neuberechnung der Rente. Sollte es für die Vergangenheit zu einer Rentenüberzahlung gekommen sein, werden Überzahlungsbeträge bis zu 200 Euro bei den laufenden Rentenzahlungen einbehalten, wenn die Betroffenen damit einverstanden sind.

Dass die Rente flexibel an die persönliche Situation angepasst wird, wird dadurch ermöglicht, dass auf Antrag auch unterjährig eine Prognose über die Höhe des Hinzuverdienstes abgegeben und die Rente angepasst werden kann. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass die Veränderung (Erhöhung oder Reduzierung des Hinzuverdienstes) mehr als zehn Prozent beträgt.

Auch Teilrente wählbar

§ 42 Abs. 2 SGB VI ermöglicht Versicherten, dass eine Teilrente auch unabhängig vom Hinzuverdienst gewählt werden kann. Die gewählte Teilrente muss jedoch mindestens zehn Prozent der Vollrente betragen. Es ist zu beachten, dass eine Teilrente maximal in der Höhe gewählt werden kann, in der – für Zeiträume bis Dezember 2022 – ein Anspruch aufgrund der Anrechnung des Hinzuverdienstes besteht. Mindestens muss die Teilrente in Höhe von zehn Prozent gewählt werden.

Mit der Regelung, dass Versicherte ihre Teilrente auch frei wählen können, trägt der Gesetzgeber dem Umstand Rechnung, dass die Betroffenen ihre individuelle Situation selbstbestimmter regeln können, was die Kombination von Rente und Hinzuverdienst betrifft.

Rentenversicherungspflicht bei Bezug einer Altersvollrente

Bis zum 31.12.2016 besteht Rentenversicherungsfreiheit, wenn ein Versicherter bereits eine Altersvollrente bezieht. Ob die Regelaltersgrenze bereits erreicht ist oder nicht, ist dabei irrelevant.

Ab dem 01.01.2017 besteht – unabhängig vom Bezug einer Altersvollrente – vor Erreichen der Regelaltersgrenze Rentenversicherungspflicht, wenn diese nach den allgemeinen Vorschriften (z. B. für Beschäftigte oder Selbstständige) besteht. Das heißt, dass der Bezug einer Altersvollrente keinen Ausschluss einer eventuellen Rentenversicherungspflicht darstellt.

Ab Erreichen der Regelaltersgrenze besteht grundsätzlich Rentenversicherungsfreiheit, wenn eine Altersvollrente bezogen wird. Es besteht jedoch die Möglichkeit, dass ab Erreichen der Regelaltersgrenze auf die Rentenversicherungsfreiheit verzichtet wird, sofern nach den allgemeinen Vorschriften grundsätzliche Rentenversicherungspflicht besteht.

Auf die Rentenversicherungsfreiheit muss durch eine bindende schriftliche Erklärung gegenüber dem Arbeitgeber verzichtet werden. Die Erklärung gilt dann für die Dauer des Beschäftigungsverhältnisses. Gibt ein Beschäftigter eine solche Erklärung ab, werden vom Beschäftigten und vom Arbeitgeber weiterhin Rentenversicherungsbeiträge entrichtet. Diese Beiträge wirken sich rentenerhöhend aus.

Bis 31.12.2016 müssen Arbeitgeber für einen beschäftigten Altersvollrentner den Arbeitgeberanteil an Rentenversicherungsbeiträgen entrichten. Damit wird eine Verzerrung des Wettbewerbs am Arbeitsmarkt vermieden. Dieser Beitrag, der vom Arbeitgeber entrichtet wird, wirkt sich allerdings nicht positiv auf die Rentenzahlung aus. Der bisher wirkungslos gebliebene Arbeitgeberbeitrag wirkt sich nun ab dem Jahr 2017 durch die gesetzlichen Neuregelungen rentenerhöhend aus, sofern der Beschäftigte ab Erreichen der Regelaltersgrenze auf die Versicherungsfreiheit in der Gesetzlichen Rentenversicherung verzichtet.

Zahlung von Beiträgen zur Minimierung der Rentenabschläge

Je Monat der vorzeitigen Inanspruchnahme einer Altersrente werden Rentenabschläge von 0,3 Prozentpunkten berechnet. Mit diesen Rentenabschlägen wird der längere Rentenbezug ausgeglichen.

Damit die Rentenabschläge ausgeglichen werden, konnten die Betroffenen bislang ab Vollendung des 55. Lebensjahres zusätzliche Beitragszahlungen leisten. Von dieser Möglichkeit hatten bislang relativ wenig Versicherte Gebrauch gemacht, da hierfür relativ hohe Summen in die Rentenkasse eingezahlt werden mussten.

Ab dem 01.07.2017 können die Zahlungen zum Ausgleich der Rentenabschläge bereits ab Vollendung des 50. Lebensjahres geleistet werden. Damit können die Betroffenen bereits früher und damit auch flexibler den früheren Ausstieg aus dem Erwerbsleben planen. Die Zahlung der Ausgleichsbeträge ist bis zu zwei Mal jährlich möglich.

Die Zahlung von Ausgleichsbeträgen ist dann nicht mehr zulässig, wenn der konkrete Ausgleich der Minderung bzw. das konkrete Abkaufen der Rentenabschläge nicht mehr möglich ist. Dies ist der Zeitpunkt, zu dem die Altersrente mit Abschläge nicht beansprucht wird bzw. zu dem eine abschlagsfreie Altersrente (z. B. die Altersrente für besonders langjährig Versicherte) beanspruch werden kann.

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