Die Hinzuverdienstgrenzen nach § 96a SGB VI

Nach § 96a Sechstes Buch Sozialgesetzbuch – SGB VI – können Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nur dann geleistet werden, wenn die in dieser Rechtsvorschrift definierten Hinzuverdienstgrenzen nicht überschritten werden. Das bedeutet, dass neben den Voraussetzungen auf die Erwerbsminderungsrenten selbst, welche die Rechtsgrundlage in § 43 SGB VI (Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung), in § 240 SGB VI (Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit) und in § 45 SGB VI (Rente für Bergleute) haben, auch die Nicht-Überschreitung der Hinzuverdienstgrenzen für die Auszahlung der Renten von Bedeutung ist.

Bei den Hinzuverdienstgrenzen der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und der Rechtsvorschrift des § 96a SGB VI handelt es sich um eine die Höhe der Leistung betreffende Vorschrift. Damit unterscheidet sich diese Rechtsvorschrift von § 34 Abs. 2 und Abs. 3 SGB VI, welche die Hinzuverdienstgrenzen bei den vorzeitigen Altersrenten beschreibt; bei dieser Rechtsvorschrift handelt es sich nämlich um eine negative Anspruchsvoraussetzung.

Historie

Die Rechtsvorschrift des § 96a SGB VI wurde in weiten Teilen bereits mit Artikel 1 Nr. 28 des EM-ReformG zum 01.01.2001 eingeführt. Mit dem EM-ReformG wurden die Erwerbsminderungsrenten im Jahr 2001 neu geregelt.

Artikel 8 Nr. 4 HZvNG brachte zum 01.01.2003 nochmals eine Änderung, dass neben dem Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen nun ein entsprechendes „vergleichbares Einkommen“ berücksichtigt wird.

In der Zeit vom 01.04.2003 bis 31.12.2007 galt für die jeweils volle Rente eine dynamische Hinzuverdienstgrenze von einem Siebtel der monatlichen Bezugsgröße. Diese Grenze wurde ab dem 01.01.2008 mit der Grenze für geringfügige Beschäftigungen – der Minijobgrenze – vereinheitlicht und betrug damit bis 31.12.2012 400,00 Euro monatlich bzw. bis 30.06.2017 450,00 Euro monatlich.

Ebenfalls gab es ab Januar 2008 dahingehend nochmals eine Änderung bei der Berechnung der Hinzuverdienstgrenzen, dass seit diesem Zeitpunkt die Grenzen nicht mehr nach dem aktuellen Rentenwert bzw. aktuellen Rentenwert (Ost) sondern nach der monatlichen Bezugsgröße zu berechnen sind.

Für die Erwerbsunfähigkeitsrenten und Berufsunfähigkeitsrenten (beide Renten konnten bis spätestens 31.12.2000 bewilligt werden) galten bis 30.06.2017 noch besondere Hinzuverdienstgrenzen zu beachten, deren Rechtsgrundlage § 313 SGB VI war.

Im Rahmen des „Gesetzes zur Flexibilisierung des Übergangs vom Erwerbsleben in den Ruhestand und zur Stärkung von Prävention und Rehabilitation im Erwerbsleben“ (kurz: Flexirentengesetz) kam es für die Zeit ab 01.07.2017 zu einer grundlegenden Neuregelung bei den Hinzuverdienstgrenzen.

Mit dem „Achten Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze“ (8. SGB IV-Änderungsgesetz) hat der Gesetzgeber erneut Anpassungen bei den Hinzuverdienstgrenzen vorgenommen. Zum 01.01.2023 erfolgte eine deutliche Erhöhung der Hinzuverdienstgrenzen, welche zudem ab dem Jahr 2023 wieder dynamisch gestaltet werden.

Hinzuverdienstgrenzen ab 01.07.2017

Zum 01.07.2017 wurden im Rahmen des Flexirentengesetzes die Hinzuverdienstgrenzen neu geregelt. Vorrangiges Ziel dieser Rechtsänderung war, dass die Teilrenten und die Hinzuverdienstmöglichkeiten flexibilisiert werden sollten. Damit kam es auch bei den Erwerbsminderungsrenten in Bezug auf die Hinzuverdienstgrenzen zu einer vollständigen Neuregelung. Ein großer Vorteil der neuen Hinzuverdienstgrenzen ist, dass unterjährige Verdienstschwankungen besser als in der Vergangenheit ausgeglichen werden können.

Im Zuge der Neuregelung der Hinzuverdienstgrenzen gibt es ab Juli 2017 auch keine Unterscheidung mehr bei der Berechnung der Hinzuverdienstgrenzen in den neuen und alten Bundesländern (Rechtskreis Ost, Rechtskreis West).

Ab dem 01.01.2023 kam es zu einer weiteren gesetzlichen Neuregelung der Hinzuverdienstgrenzen bei den Erwerbsminderungsrenten. Durch diese Neuregelung wurden die Hinzuverdienstgrenzen deutlich angehoben. Es gelten ab dem Kalenderjahr 2023 weiterhin kalenderjährliche Hinzuverdienstgrenzen.

Rente wegen voller Erwerbsminderung

Seit dem 01.01.2023 gilt bei den Renten wegen voller Erwerbsminderung eine Hinzuverdienstgrenze, welche sich aus drei Achtel der 14fachen monatlichen Bezugsgröße errechnet.

Für das Kalenderjahr 2025 gilt damit eine Hinzuverdienstgrenze von 19.661,25 Euro.

Bei Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze wird weiterhin der überschreitende Betrag zu 40 Prozent auf die Rente angerechnet.

Zeitraum 07/2017 bis 12/2022

Eine Rente wegen voller Erwerbsminderung konnte nach § 96a SGB VI (in der Fassung ab 01.07.2017 bis 31.12.2022) nur dann in voller Höhe geleistet werden, wenn die kalenderjährliche Hinzuverdienstgrenze nach Abs. 1c nicht überschritten wurde. Das bedeutet, dass bei einer vollen Erwerbsminderungsrente der Hinzuverdienst höchstens 6.300,00 Euro je Kalenderjahr betragen durfte. Wurde diese kalenderjährliche Grenze nicht überschritten, wurde die volle Erwerbsminderungsrente ungekürzt ausgezahlt.

Sofern die kalenderjährliche Hinzuverdienstgrenze von 6.300,00 Euro überschritten wurde, wurde der überschreitende Betrag zu 40 Prozent auf die Rente angerechnet. Die Rentenzahlung wird damit entsprechend gekürzt.

Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung

Seit dem 01.01.2023 beträgt die Hinzuverdienstgrenze bei den Renten wegen teilweiser Erwerbsminderung das 9,72fache der monatlichen Bezugsgröße, multipliziert mit den höchsten Entgeltpunkten der letzten 15 Jahre vor Rentenbeginn.

Ab dem Jahr 2023 gilt weiterhin – wie bereits in der Zeit bis 2022 – eine Mindest-Hinzuverdienstgrenze. Diese Mindest-Hinzuverdienstgrenze wird aus sechs Achtel der 14fachen monatlichen Bezugsgröße errechnet. Für das Kalenderjahr 2025 gilt damit eine Mindest-Hinzuverdienstgrenze von 39.322,50 Euro.

Die seit dem Jahr 2017 (01.07.2017) geltenden Mindest-Hinzuverdienstgrenzen (mit den ab Januar 2023 umgesetzten Verbesserungen) können der folgenden Tabelle entnommen werden:

Jahr Höhe
2017 14.458,50 Euro
2018 14.798,70 Euro
2019 15.138,90 Euro
2020 15.479,10 Euro
2021 15.989,40 Euro
2022 15.989,40 Euro
2023 35.647,50 Euro
2024 37.117,50 Euro
2025 39.322,50 Euro

Auch bei den teilweisen Erwerbsminderungsrenten führt ein Überschreiten der maßgebenden Hinzuverdienstgrenze zu einer Rentenkürzung. Der überschreitende Betrag wird zu 40 Prozent auf die teilweise Erwerbsminderung angerechnet.

Zeitraum 07/2017 bis 12/2022

Bei einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung und auch bei der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit betrug die Hinzuverdienstgrenze seit vom 01.07.2017 bis 31.12.2022 das 0,81fache der jährlichen Bezugsgröße, multipliziert mit den Entgeltpunkten des Kalenderjahres, in dem in den letzten 15 Kalenderjahren vor Eintritt der Erwerbsminderung die höchsten Entgeltpunkte erzielt wurden; mindestens werden jedoch 0,5 Entgeltpunkte berücksichtigt.

Die Hinzuverdienstgrenze bei den teilweisen Erwerbsminderungsrenten wird also individuell errechnet. Je höher der Verdienst vor Eintritt der Erwerbsminderung war, desto höher liegt auch die individuell errechnete Hinzuverdienstgrenze.

Da in der Berechnungsformel zur Errechnung der Hinzuverdienstgrenze immer mindestens 0,5 Entgeltpunkte angesetzt wurden, konnte bereits ab Juli 2017 eine sogenannte Mindest-Hinzuverdienstgrenze errechnet werden (s. Tabelle oben).

Beachtung des Hinzuverdienstdeckels (nur bis 12/2022)

Bei sämtlichen Erwerbsminderungsrenten musste bis zum Jahr 2022, sofern die Hinzuverdienstgrenze mit dem Hinzuverdienst überschritten wird, geprüft werden, ob der „Hinzuverdienstdeckel“ überschritten wird. Bei Überschreiten des Hinzuverdienstdeckels kam es zu einer weiteren Rentenkürzung. Der Hinzuverdienstdeckel wurde in § 96a Abs. 1b SGB VI gesetzlich geregelt.

Der Betrag, mit dem der errechnete Hinzuverdienstdeckel überschritten wurde, führte zu 100 Prozent zur einer weiteren Rentenkürzung.

Mit dem Hinzuverdienstdeckel wurde erreicht, dass die Rente des Versicherten mit dem Hinzuverdienst nicht höher sein durfte als der höchste Verdienst der letzten 15 Jahre.

Errechnet wurde der Hinzuverdienstdeckel, indem die monatliche Bezugsgröße mit den Entgeltpunkten des Kalenderjahres mit den höchsten Entgeltpunkten der letzten 15 Jahre multipliziert wurde.

Mit § 96a Abs. 1b Satz 2 SGB VI wurde ein Mindest-Hinzuverdienstdeckel geregelt. Dieser Mindest-Hinzuverdienstdeckel betrug bei der:

  • Rente wegen voller Erwerbsminderung die Summe aus 525,00 Euro (ein Zwölftel von der jährlichen Hinzuverdienstgrenze von 6.300,00 Euro) und dem Monatsbetrag der ungekürzten Rente,
  • Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung die Summe aus der individuell errechneten Hinzuverdienstgrenze und dem Monatsbetrag der ungekürzten Rente.

Berufs- und Erwerbsunfähigkeitsrenten

Für die Berufs- und Erwerbsunfähigkeitsrenten – dies sind Renten, die nach dem bis 31.12.2000 geltenden Rentenrecht bewilligt wurden – gelten seit Juli 2017 ebenfalls die neuen Regelungen hinsichtlich der Hinzuverdienstgrenzen.

Anzurechnender Hinzuverdienst

Als Hinzuverdienst wird das Arbeitsentgelt aus einer Beschäftigung und das Arbeitseinkommen aus einer selbstständigen Tätigkeit angerechnet. Seit dem Jahr 2003 kommt es außerdem zu einer Anrechnung von „vergleichbarem Einkommen“.

Zum vergleichbaren Einkommen zählen Abgeordnetenentschädigungen (Diäten: Europaparlament, Länderparlamente, Deutscher Bundestag) und Bezüge aus einem öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis (z. B. parlamentarische Staatssekretäre, Minister, Senatoren). Als Hinzuverdienst werden allerdings Versorgungsleistungen (beispielsweise Altersentschädigung, Übergangsgeld) wegen eines früheren Mandats nach Ausscheiden aus dem jeweiligen Amt nicht berücksichtigt.

Entgeltersatzleistungen

Neben dem Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen werden als Hinzuverdienst auch Entgeltersatzleistungen berücksichtigt. Die Rechtsgrundlage hierfür ist § 96a Abs. 3 und Abs. 4 SGB VI.

Bei den Entgeltersatzleistungen wurde bis zum Jahr 2022 als Hinzuverdienst nicht der tatsächliche Zahlbetrag, sondern das der Leistung zugrunde liegende Bemessungsentgelt berücksichtigt. Ab dem Jahr 2023 werden als Hinzuverdienst die beitragspflichtige Einnahme der Sozialleistung berücksichtigt; dies sind im Regelfall 80 Prozent des der Leistung zugrunde liegen Arbeitsentgelt bzw. Arbeitseinkommen.

Nach § 96 Abs. 3 SGB VI werden das Krankengeld, das auf Grund einer Arbeitsunfähigkeit geleistet wird, die nach dem Beginn der Rente eingetreten ist, oder das auf Grund einer stationären Behandlung geleistet wird, die nach dem Beginn der Rente begonnen hat (vgl. Nr. 1 a.a.O.) berücksichtigt.

Ebenfalls wird nach § 96 Abs. 3 Nr. 2 SGB VI als Hinzuverdienst das Versorgungskrankengeld das auf Grund einer Arbeitsunfähigkeit geleistet wird, die nach dem Beginn der Rente eingetreten ist oder das während einer stationären Behandlungsmaßnahme geleistet wird, wenn diesem ein nach Beginn der Rente erzieltes Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu Grunde liegt, berücksichtigt.

Übergangsgeld wird nach § 96 Abs. 3 Nr. 3 SGB VI als Hinzuverdienst berücksichtigt, wenn diesem ein nach Beginn der Rente erzieltes Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu Grunde liegt oder das aus der gesetzlichen Unfallversicherung geleistet wird.

Außerdem werden nach § 96a Abs. 3 Nr. 4 die weiteren in § 18a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB IV genannten Sozialleistungen berücksichtigt. Hierbei handelt es sich zusätzlich um das Verletztengeld, Mutterschaftsgeld, Kurzarbeitergeld, Arbeitslosengeld, Insolvenzgeld, Krankentagegeld und vergleichbare Leistungen.

Ausgeschlossene Einkommensanrechnung

Als Hinzuverdienst wird nach § 96a Abs. 1 Satz 4 SGB VI nicht:

  • das Pflegegeld berücksichtigt, das eine Pflegeperson von dem Pflegebedürftigen erhält, wenn es das dem Umfang der Pflegetätigkeit entsprechende Pflegegeld im Sinne des § 37 SGB XI nicht übersteigt und
  • das Arbeitsentgelt berücksichtigt, das ein behinderter Mensch von dem Träger einer in § 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI genannten Einrichtung erhält.

Hinzuverdienst bei ehrenamtlichen Tätigkeiten

Erhalten Versicherte neben ihrer Erwerbsminderungsrente noch Einnahmen aufgrund einer ehrenamtlichen Tätigkeit, gelten in diesem Bereich Besonderheiten.

Grundsätzlich gilt, dass kein Hinzuverdienst vorliegt, sofern eine Aufwandsentschädigung bezogen wird, welche steuerfrei ist. Meist handelt es sich hier um Entschädigungen, welche als Pauschale für den tatsächlich entstandenen Aufwand geleistet werden.

Wird für die ehrenamtliche Tätigkeit jedoch auch eine Vergütung für die aufgewendete Zeit und Mühe geleistet, kann diese Vergütung steuerpflichtig und daher der steuerpflichtige Teil als Arbeitsentgelt bzw. Arbeitseinkommen zu werten sein, womit dann ein Hinzuverdienst vorliegt. Der Rentenversicherungsträger geht vom Arbeitsentgelt aus, welches der Arbeitgeber meldet bzw. von den Gewinneinkünften, welche im Einkommensteuerbescheid ausgewiesen sind. Dies erfolgt deshalb in dieser Art und Weise, da der steuerfreie Betrag für die ehrenamtliche Tätigkeit vom Arbeitgeber beim gemeldeten Arbeitsentgelt bzw. vom Finanzamt beim steuerrechtlichen Gewinn bereits Berücksichtigung finden muss.

Aufwandsentschädigungen für ehrenamtlich in kommunalen Vertretungskörperschaften Tätigen, von kommunalen Ehrenbeamten, von Versichertenältesten, Versichertenberater oder Vertrauenspersonen und von Mitgliedern der Selbstverwaltungsorgane in der Sozialversicherung stellen bis 30.09.2022 eine Besonderheit dar. Diese Aufwandsentschädigungen stellen aufgrund einer vom Gesetzgeber vorgesehenen Vertrauensschutzregelung keinen Hinzuverdienst dar, soweit kein konkreter Verdienstausfall damit ersetzt wird (vgl. § 313 Abs. 8 SGB VI). Ab dem 01.10.2022 endet diese Sonderregelung, sodass auch Aufwandsentschädigungen aus einem Ehrenamt in der Kommunalpolitik oder der Sozialversicherung als Hinzuverdienst, soweit sie steuerpflichtig sind, bei den Erwerbsminderungsrenten Berücksichtigung finden müssen.


Hinzuverdienstgrenzen bis 30.06.2017

Bundesweit einheitliche Hinzuverdienstgrenze

Bei der Rente wegen voller Erwerbsminderung galt für die Zeit bis 30.06.2017 nach § 96a Abs. 2 Nr. 2 SGB VI eine Hinzuverdienstgrenze von monatlich 450,00 Euro. Diese Grenze stellte bei der Rente wegen voller Erwerbsminderung eine Ausnahme zu den übrigen Hinzuverdienstgrenzen dar, da es sich hierbei einerseits um einen gesetzlich definierten Euro-Betrag, andererseits um einen sowohl in den alten als auch neuen Bundesländern einheitlichen Grenzbetrag handelte.

Die bundesweit einheitliche Hinzuverdienstgrenze wurde im Jahr 2008 mit den Grenzen der geringfügigen Beschäftigungen deshalb harmonisiert, damit die Ausübung einer geringfügigen Beschäftigung keine negativen Auswirkungen auf die Rentenzahlung in Form einer Rentenkürzung mehr haben kann.

Individuelle Hinzuverdienstgrenzen

Rente wegen voller Erwerbsminderung

Bei Überschreiten der bundesweit einheitlichen Hinzuverdienstgrenze musste die Beurteilung, ob es zu einer Rentenkürzung bzw. zu einer Teil-Rentenzahlung kommt, nach einer individuellen Berechnung erfolgen.

Nach § 96a Abs. 2 Nr. 3 SGB VI wurden die Renten – in Abhängigkeit von der Höhe des Hinzuverdienstes – bei Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze von 450,00 Euro monatlich – in Höhe von drei Vierteln, der Hälfte oder in Höhe von einem Viertel der vollen Rente geleistet.

Berechnet wurden die Grenzen, indem die monatliche Bezugsgröße mit der Summe der Entgeltpunkte (§ 66 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 SGB VI) der letzten drei Kalenderjahre vor Eintritt der vollen Erwerbsminderung, mindestens jedoch mit 1,5 Entgeltpunkten vervielfältigt wurde. Die Hinzuverdienstgrenze betrug aus diesem Produkt schließlich bei der Rente wegen voller Erwerbsminderung

  • in Höhe von drei Vierteln das 0,17fache,
  • in Höhe der Hälfte das 0,23fache und
  • in Höhe eines Viertels das 0,28fache.

Wurde die Hinzuverdienstgrenze der Ein-Viertel-Rente überschritten, wurde die Rentenzahlung vollständig eingestellt. Es kam in diesem Fall damit zu einer sogenannten Null-Rentenzahlung.

Rente für Bergleute

Die Hinzuverdienstgrenzen für die Rente für Bergleute wurde errechnet, indem die monatliche Bezugsgröße mit der Summe der Entgeltpunkte (§ 66 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 SGB VI) der letzten drei Kalenderjahre vor Eintritt der im Bergbau verminderten Berufsfähigkeit oder vor Erfüllung der Voraussetzungen nach § 45 Abs. 3 SGB VI, mindestens jedoch mit 1,5 Entgeltpunkten vervielfältigt wurde. Die Hinzuverdienstgrenze betrug aus diesem Produkt schließlich bei der Rente für Bergleute

  • in voller Höhe das 0,25fache,
  • in Höhe von zwei Dritteln das 0,34fache und
  • in Höhe von einem Drittel das 0,42fache.

Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung

Die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung und die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit konnte – je nach Höhe des Hinzuverdienstes – in voller Höhe oder in Höhe der Hälfte geleistet werden. Dabei war zu beachten, dass eine teilweise Erwerbsminderungsrente in voller Höhe die Hälfte der vollen Erwerbsminderungsrente entsprach. Die Hälfte der teilweisen Erwerbsminderungsrente entsprach damit einem Viertel der vollen Erwerbsminderungsrenten.

Die Hinzuverdienstgrenzen wurde nach § 96a Abs. 2 SGB VI berechnet, indem die monatliche Bezugsgröße mit der Summe der Entgeltpunkte (§ 66 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 SGB VI) der letzten drei Kalenderjahre vor Eintritt der vollen Erwerbsminderung, mindestens jedoch mit 1,5 Entgeltpunkten vervielfältigt wurde. Die Hinzuverdienstgrenze betrug aus diesem Produkt schließlich bei der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung und der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit

  • in voller Höhe das 0,23fache und
  • in Höhe der Hälfte das 0,28fache.

Hinweis – Unterschiedliche Werte für West und Ost

Die oben beschriebene Berechnungsweise galt für den Rechtskreis West, also die alten Bundesländer. In den neuen Bundesländern (Rechtskreis Ost) war noch die Besonderheit des § 228a Abs. 2 SGB VI zu beachten. Mit dieser Rechtsvorschrift wurde geregelt, dass in der o. g. Berechnungsformel zusätzlich die monatliche Bezugsgröße mit dem aktuellen Rentenwert (Ost) zu multiplizieren und durch den aktuellen Rentenwert (West) zu dividieren war.

Da sich im Regelfall die Rentenwerte zum 01. Juli eines Jahres durch die Rentenanpassungen ändern, galten zum 01. Juli eines Jahres auch in den neuen Bundesländern neue Hinzuverdienstgrenzen. Es kam hier also sowohl zum 01.01. als auch zum 01.07. zu einer Änderung, während die Hinzuverdienstgrenzen in den alten Bundesländern lediglich zum 01.01. (aufgrund der Änderung der Bezugsgröße) angepasst wurden.

Überschreitung zwei Mal jährlich möglich

Generell konnte jede der o. g. Hinzuverdienstgrenzen bis zum jeweils Doppelten zwei Mal jährlich überschritten werden, ohne dass es zu einer (weiteren) Rentenkürzung kam. Mit dieser Regelung wollte der Gesetzgeber erreichen, dass beispielsweise ein Urlaubgeld, eine Weihnachtsgratifikation bezogen werden konnte oder die Auszahlung von Mehrarbeitsstunden möglich war, ohne dass sich hierdurch sofort negative Auswirkungen auf die Rentenzahlung ergaben.

Der Grund der Überschreitung der Hinzuverdienstgrenze war irrelevant. Diesbezüglich hat sich das Bundessozialgericht mit Urteil vom 31.01.2002 unter dem Aktenzeichen B 13 RF 33/01 R positioniert.


Rechtsprechung

Einmalzahlungen sind kein Hinzuverdienst, wenn Arbeitsverhältnis ruht

Sind Einmalzahlung als Arbeitsentgelt bzw. Hinzuverdienst bei den Erwerbsminderungsrenten zu betrachten, wenn das Beschäftigungsverhältnis ruht? Darüber musste das Bundessozialgericht in zwei Fällen entscheiden.

Zum ersten Fall

Hier ging es um die Zahlung von anteiligem Weihnachtsgeld (Az. B 13 R 81/11 R). Ein als Sparkassenbetriebswirt beschäftigter Mann erhielt für die Zeit vom 01.04.2006 bis 30.09.2007 eine volle Erwerbsminderungsrente zugebilligt. Der für sein Arbeitsverhältnis gültige Tarifvertrag sah in einem solchen Fall das Ruhen des Beschäftigungsverhältnisses für die gesamte Zeit des Rentenbezuges vor. Aus seinem jetzt ruhenden Beschäftigungsverhältnis hatte der Mann noch einen Anspruch auf Weihnachtsgeld, was ihm im November anteilmäßig in Höhe von 1.600 Euro ausgezahlt wurde. Der zuständige Rentenversicherungsträger hob daraufhin den Rentenbescheid nach § 48 SGB X auf und forderte die zu viel gezahlte Rente in Höhe von ca. 270 Euro nach § 50 SGB X zurück.

Mit dieser Rückforderung war der Versicherte nicht einverstanden und klagte deshalb beim Sozialgericht. Dieses war der Auffassung, dass die Aufhebung des Rentenbescheides gegen das Gebot der hinreichenden Bestimmtheit eines Verwaltungsaktes (§ 33 Abs. 1 SGB X) verstieß und gab dem Kläger Recht. Der beklagte Rentenversicherungsträger ging daraufhin in die Berufung, bekam aber nicht Recht, da der Rücknahmebescheid zwar hinreichend bestimmt war, der Kläger aber, als er die Einmalzahlung erhielt, nicht in einem Beschäftigungsverhältnis stand, da dies ja ruhte.

Zum ersten Urteil

Der beklagte Rentenversicherungsträger beantragte eine Revision des Urteils, dies wurde aber vom BSG zurückgewiesen. Das Gericht war der Meinung, dass ein Hinzuverdienst im Sinne des § 96 Abs. 1 SGB VI nicht vorliegt, wenn einem Versicherten nach Rentenbeginn und wegen eines Beschäftigungsverhältnisses, das aufgrund arbeits- oder tarifrechtlicher Vorschriften ruht und zu diesem Zeitpunkt bereits unterbrochen oder beendet ist, noch Einmalzahlungen ausgezahlt werden. Ein Arbeitsentgelt aus einer Beschäftigung gemäß § 96 a Abs. 1 SGB VI ist hier eindeutig nicht gegeben, wobei der Begriff Beschäftigung hier nicht beitragsrechtlich, sondern leistungsrechtlich zu beurteilen ist. Im leistungsrechtlichen Sinn ist ein Arbeitsverhältnis nämlich bereits dann beendet, wenn der Arbeitgeber auf sein Anordnungsrecht verzichtet (ruhendes Beschäftigungsverhältnis) und der Beschäftigte deshalb keine Arbeitsleitung mehr erbringt. Hier ist bei der Beurteilung des Zeitpunktes des Ausscheidens aus der Beschäftigung nicht das rechtliche Ende des Arbeitsverhältnisses maßgebend.

Im rechtlichen Sinn bestand zwar das Beschäftigungsverhältnis im vorliegenden Fall nach der Zustellung des Rentenbescheides und Beginn der Rente noch weiter fort. Aufgrund der Bestimmungen im Tarifvertrag ruhte es aber, wodurch die Verpflichtung zur Arbeitsleistung des Klägers sowie die Entlohnungspflicht des Arbeitgebers aufgehoben wurden. Im leistungsrechtlichen Sinn führt dies zu einer Unterbrechung des Beschäftigungsverhältnisses.

Maßgebend für die Entscheidung des BSG war hier auch die grundsätzliche Bedeutung des § 96 a SGB VI, indem der Gesetzgeber durch die Einführung der Hinzuverdienstgrenzen eindeutig die Lohnersatzfunktion von Renten bei verminderter Erwerbsfähigkeit untermauern und festlegen wollte. Hier sollte ganz speziell der Möglichkeit entgegengesteuert werden, dass unbegrenzt Arbeiten neben der Rente „zu Lasten der Gesundheit“ ausgeübt werden. Nach Auffassung der Richter lag es im Willen des Gesetzgebers, dass grundsätzlich nur Hinzuverdienste auf die Rente angerechnet werden sollen, die der Versicherte neben seiner Rente durch eigene Arbeitsleistung erzielt. Entgeltleistungen, welche der Versicherte nach Beendigung oder Unterbrechung seines Beschäftigungsverhältnisses für einen Zeitraum vor seinem Rentenbeginn nachträglich erhält, sollen nicht als rentenschädlicher Hinzuverdienst gemäß § 96a Abs. 1 SGB VI angerechnet werden.

Zum zweiten Fall

Hier handelte es sich um eine ähnliche Sachlage. Eine Frau, die als Erzieherin in der Charité-Universitätsklinik in Berlin tätig war, erhielt durch den zuständigen Rentenversicherungsträger eine volle Erwerbsminderungsrente für die Zeit vom 01.10.2008 bis 31.08.2010 zugebilligt. Wie im oben ausgeführten Fall ruhte auch hier aufgrund tarifrechtlicher Bestimmungen für die Dauer des Rentenbezuges das Beschäftigungsverhältnis. Vom Arbeitgeber der Klägerin wurde dann im November 2008 eine anteilige tarifliche Sonderzahlung und zusätzlich im Dezember 2008 eine Urlaubsabgeltung aus dem Beschäftigungsverhältnis gezahlt. Der zuständige RV-Träger hob auch hier den Rentenbescheid gemäß § 48 SGB X auf und forderte die zuviel gezahlte Rente für die Monate November und Dezember 2008 zurück. Da die Versicherte mit dieser Entscheidung und der Rückforderung nicht einverstanden war, legte sie Widerspruch und, da dieser nicht erfolgreiche war, anschließend Klage ein. Durch das Sozialgericht Potsdam wurde der Klägerin Recht gegeben und der Rückforderungsbescheid in der Fassung des Widerspruchsbescheides aus verwaltungsverfahrensrechtlichen Gründen aufgehoben. Da der Rentenversicherungsträger Berufung gegen das Urteil einlegte ging der Fall zum LSG Berlin-Brandenburg. Dieses war der Auffassung, dass die Einmalzahlungen aufgrund eines ruhenden Arbeitsverhältnisses gewährt wurden und nicht aus einer Beschäftigung im Sinne des § 96a SGB VI und wies deshalb die Berufung zurück.

Zum zweiten Urteil

Die Richter des Bundessozialgerichts waren in diesem Fall auch der Meinung, dass ein Hinzuverdienst nicht vorliegt und begründete seine Entscheidung ähnlich wie im bereits oben ausgeführten Verfahren (Az. B 13 R 85/11 R).

Die Rentenversicherungsträger haben dann nach intensiven Beratungen definitiv beschlossen, dass Einmalzahlungen die ein Versicherten nach dem Beginn seiner Rente erhält nicht als Hinzuverdienst nach § 96 a Abs. 1 SGB VI auf die Rente angerechnet werden, wenn bei Rentenbeginn bereits feststand, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund tarif- oder arbeitsrechtlicher Vorschriften ruht.

Übergangsleistungen kein Hinzuverdienst

Mit Urteil vom 05.02.2014 entschied das Sozialgericht Mannheim unter dem Aktenzeichen S 14 R 2773/12, dass Übergangsleistungen der Gesetzlichen Unfallversicherung nicht als Hinzuverdienst bei Erwerbsminderungsrenten berücksichtigt werden können. Hier führten die Richter aus, dass bei Sozialleistungen grundsätzlich das den Leistungen zugrunde liegende monatliche Arbeitsentgelt bzw. Arbeitseinkommen als Hinzuverdienst angerechnet werden muss. Bei Übergangsleistungen nach der Berufskrankheiten-Verordnung handelt es sich jedoch nicht um eine Entgeltersatzleistung; die Übergangsleistungen sind nämlich ein echter Schadenersatz für alle wirtschaftlichen Nachteile, welche Versicherte durch einen Berufswechsel, bedingt durch eine Berufskrankheit, entstehen.

Anrechnung Einkünfte, die ohne eigene Arbeitskraft erzielt wurden

Mit Urteil vom 20.04.2018 entschied das Hessische Landessozialgericht (Az. L 5 R 256/16), dass Einkünfte als Hinzuverdienst berücksichtigt werden, auch wenn diese ohne eine eigene Arbeitskraft erzielt werden. Maßgebend sind immer die Einnahmen, welche im Steuerbescheid ausgewiesen werden.

Zu dem Urteil kam es, weil ein Bezieher einer Erwerbsminderungsrente klagte. Dieser hatte zunächst Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, welche die Hinzuverdienstgrenze nicht überschritten hatten und damit auch zu keiner Rentenkürzung führten. Später wurde jedoch ein Gebäude – ein Rinderstall – aus dem Betriebsvermögen in das Privatvermögen überführt. Infolge dessen wurde im Steuerbescheid ein höherer Gewinn aus einer selbstständigen Tätigkeit ausgewiesen, weshalb es zu einer Überschreitung der Hinzuverdienstgrenze mit einer einhergehenden Rentenkürzung kam.

Mit der Rentenkürzung war der Versicherte nicht einverstanden, da die Einkünfte durch die Überführung des Rinderstalls in das Privatvermögen nach seiner Auffassung kein Arbeitseinkommen bzw. keine vergleichbare Einnahme sind und damit als Hinzuverdienst unberücksichtigt bleiben müssen.

Mit Urteil unter dem Aktenzeichen L 5 R 256/16 entschieden die Richter des Hessischen Landessozialgerichts, dass als Arbeitseinkommen immer der im Steuerbescheid ermittelte Gewinn herangezogen werden muss. Dies ist die Summe der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbstständiger Arbeit nach Abzug der Betriebsausgaben. Ohne Bedeutung dabei ist, ob die Einkünfte durch eigene Arbeitskraft erzielt werden.

Aktuelle Hinzuverdienstgrenzen

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