Kleine Witwen- und Witwerrente nach § 46 Abs. 1 SGB VI

Nach den gesetzlichen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) sind Ehegatten einander verpflichtet, durch Arbeit und mit ihrem Vermögen einen angemessenen Unterhalt für die Familie zu leisten (§ 1360 Satz 1 BGB). Diese Unterhaltsverpflichtung besteht auch für Lebenspartner, die nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz eingetragen sind (§ 5 Lebenspartnerschaftsgesetz).

Verstirbt ein Ehegatte bzw. Lebenspartner, entsteht ein Unterhaltsverlust. Dieser Unterhaltsverlust wird durch die kleine Witwenrente bzw. kleine Witwerrente aufgefangen. Die kleine Witwen- bzw. Witwerrente hat jedoch nur die Funktion, einen Zuschuss zum Unterhalt zu geben. Da der Gesetzgeber davon ausgeht, dass die hinterbliebenen Ehegatten bzw. Lebenspartner noch einen Teil des Unterhalts selbst erwirtschaften können, kommt der kleinen Witwenrente/Witwerrente nur eine Unterhaltszuschussfunktion zu.

Im April 2023 nahmen die kleine Witwen-/Witwerrente 1.647 Versicherte in Anspruch.

Anspruchsgrundlage

§ 46 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch – SGB VI – begründet für Witwen und Witwer nach dem Tod ihres Ehegatten/ihrer Ehegattin einen Anspruch auf eine kleine Witwen- bzw. Witwerrente, wenn die allgemeine Wartezeit durch den versicherten Ehegatten erfüllt wurde.

Tod des Ehegatten

Der Tod des Ehegatten ist dem Rentenversicherungsträger entsprechend nachzuweisen. In der Praxis erfolgt dies durch Vorlage einer Sterbeurkunde.

Ein Tod kann auch bei Verschollenheit durch eine gerichtliche Todeserklärung nachgewiesen werden. Die Rentenversicherungsträger haben mit § 49 SGB VI die Möglichkeit, einen Todestag festzulegen. Dabei wird der Todestag durch schlüssiges Verwaltungshandeln festgesetzt. Dieses Instrument hat der Gesetzgeber den Rentenkassen zugesprochen, da es bezüglich gerichtlicher Todeserklärungen extrem lange Fristen zu beachten gilt (Verschollenheitsdauer bis zu zehn Jahren). Ein vom Rentenversicherungsträger festgesetzter mutmaßlicher Todestag hat ausschließlich Auswirkungen auf die Gesetzliche Rentenversicherung. Eine weitere Außenwirkung über das SGB VI hinaus besteht nicht.

Status Witwe bzw. Witwer

Der Status Witwe bzw. Witwer ist dann erfüllt, wenn zum Zeitpunkt des Todes der hinterbliebene Ehegatte rechtsgültig verheiratet war. Ob eine rechtgültige Ehe vorlag, wird grundsätzlich nach dem deutschen Eherecht beurteilt. Eine Ehe besteht hiernach dann, wenn vor einem deutschen Standesbeamten die Eheschließung erfolgte, die Ehepartner ehefähig sind und keine Eheverbote (z. B. Doppelehe, Mehrfachehe) vorliegen.

Bei ausländischen Staatsangehörigen kann unter bestimmten Voraussetzungen eine Ehe auch von einer anderen Person, die nach ausländischem Eherecht hierzu ordnungsgemäß ermächtigt ist, geschlossen werden. Die Voraussetzungen ergeben sich aus Artikel 13 Abs. 3 Satz 2 EGBGB.

Nach ausländischem Eherecht besteht teilweise die Möglichkeit, mit mehreren Personen gleichzeitig rechtsgültig verheiratet zu sein. In diesem Fall wird die Witwen- bzw. Witwerrente an mehrere hinterbliebene Ehegatten gezahlt. Allerdings werden entsprechend der §§ 34 Abs. 2 SGB I und 91 SGB VI die Renten an die Hinterbliebenen im Verhältnis der Einzelehedauern aufgeteilt.

Seit dem 01.01.2005 wird eine Witwen- bzw. Witwerrente auch dann gewährt, wenn ein Lebenspartner nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz verstorben ist. Die Begründung einer Lebenspartnerschaft ist damit einer Heirat gleichzusetzen. Die eingetragene Lebenspartnerschaft ist durch eine entsprechende Urkunde nachzuweisen.

Seit dem Jahr 2009 kann eine kirchliche Trauung auch dann erfolgen, wenn keine vorherige standesamtliche Trauung erfolgt ist. Bei einer rein kirchlichen Trauung wird der Status Witwe bzw. Witwer nicht erlangt, sodass in diesen Fällen kein Anspruch auf die Hinterbliebenenrente bestehen kann.

Keine Wiederheirat, keine neue Lebenspartnerschaft

Ein Anspruch auf eine Witwen- bzw. Witwerrente besteht nur, solange der Status „Witwe“ bzw. „Witwer“ besteht. Dieser Status entfällt mit einer erneuten Heirat bzw. wenn eine neue Lebenspartnerschaft begründet wird.

Heiratet die/der Hinterbliebene wieder oder begründet eine neue Lebenspartnerschaft nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz, endet der Anspruch entsprechend § 100 Abs. 3 Satz 1 SGB VI mit Ablauf des Monats der Heirat/Begründung der Lebenspartnerschaft.

Gegebenenfalls kann jedoch in diesen Fällen eine Rentenabfindung vom Rentenversicherungsträger gezahlt werden – s. Witwenrente | Witwerrente | Rentenabfindung.

Erfüllung der allgemeinen Wartezeit

Zur Realisierung eines Witwen-/­Witwerrentenanspruchs muss die allgemeine Wartezeit entsprechend § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VI vom Verstorbenen erfüllt worden sein. Diese beträgt fünf Jahre bzw. 60 Kalendermonate. Nach § 51 Abs. 1 SGB VI werden auf die allgemeine Wartezeit Kalendermonate mit Beitragszeiten und nach § 51 Abs. 4 SGB VI Kalendermonate mit Ersatzzeiten angerechnet.

Wird die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren nicht erfüllt, muss geprüft werden, ob eine vorzeitige Wartezeiterfüllung entsprechend der §§ 53 und 245 SGB VI vorliegen. Danach gilt die allgemeine Wartezeit auch dann als erfüllt, wenn der Versicherte wegen eines Arbeitsunfalls, einer Berufskrankheit, einer Wehrdienstbeschädigung, einer Zivildienstbeschädigung oder wegen eines Gewahrsams (§ 1 Häftlingsgesetz) verstorben ist.

Sofern der Verstorbene bis zum Tod eine Rente bezog, gilt die allgemeine Wartezeit nach § 50 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB VI ebenfalls als erfüllt.

Anspruchsdauer

Der Anspruch auf die kleine Witwenrente, kleine Witwerrente besteht für längstens 24 Monate nach Ablauf des Monats, in dem der Versicherte verstorben ist. § 242a Abs. 1 Satz 1 SGB VI beinhaltet jedoch Sonderregelungen. Danach wird die Rente nicht auf 24 Monate befristet, wenn:

  • der versicherte Ehegatte vor dem 01.01.2002 verstorben ist oder
  • die Ehe vor dem 01.01.2002 geschlossen wurde und mindestens ein Ehegatte vor dem 02.01.1962 geboren ist.

Sterbeurkunde mit Heiratsvermerk

Für das Rentenantragsverfahren ist die Einreichung einer Sterbeurkunde erforderlich. Bei der Sterbeurkunde ist von elementarer Bedeutung, dass diese einen Heiratsvermerk enthält mit dem letztendlich ersichtlich ist, dass die/der Verstorbene zum Zeitpunkt des Todes verheiratet war bzw. dass eine rechtsgültige Lebenspartnerschaft bestand. Der Heiratsvermerk ist auch für die Rentenzahlung für das sogenannte Sterbevierteljahr – also für die ersten drei Monate nach dem Todesmonat – erforderlich. Enthalten die Sterbeurkunden, welche im Rahmen des Rentenantragsverfahrens eingereicht werden, den Heiratsvermerk nicht, kann die zuständige Rentenkasse den Antrag nicht beurteilen.

Wird die Sterbeurkunde beim Standesamt angefordert, ist von den Betroffenen unbedingt darauf achten, dass eine Urkunde mit Heiratsvermerk ausgestellt wird. Da die Sterbeurkunden auch im Onlineverfahren beantragt werden können, sollte auch hier geachtet werden, dass der Heiratsvermerk vorhanden ist. Im Onlineverfahren beantragte Sterbeurkunden sind in der Variante „Beglaubigte Abschrift aus dem Sterberegister“ anzufordern.

Ausschluss des Rentenanspruchs

Kurze Ehe/Lebenspartnerschaft

Bestand die Ehe bzw. Lebenspartnerschaft zum Zeitpunkt des Todes noch nicht mindestens ein Jahr, wird eine sogenannte Versorgungsehe bzw. Versorgungspartnerschaft angenommen. Damit ist grundsätzlich kein Anspruch für eine kleine Witwen-/­Witwerrente gegeben. Die Annahme einer Versorgungsehe/­Versorgungspartnerschaft kann jedoch widerlegt werden, wenn trotz der kurzen Dauer der Ehe/Lebenspartnerschaft nicht auf diese geschlossen werden kann. Klassisches Beispiel hierfür ist, wenn der Tod des Versicherten durch einen Unfall eingetreten ist.

Bei Vorliegen einer Versorgungsehe ist es nicht ausgeschlossen, dass ein Rentensplittung unter Ehegatten bzw. ein Rentensplitting unter Lebenspartnern durchgeführt werden kann. In diesem Fall können – wenn auch aufgrund der kurzen Ehedauer nur geringe – Entgeltpunkte auf das Rentenkonto der bzw. des Hinterbliebenen übertragen werden, wenn die bzw. der Verstorbene während der (kurzen) Ehedauer höhere Rentenanwartschaften aufgebaut hat.

Rentensplitting

Ehegatten haben seit dem Jahr 2002 und Lebenspartner nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz seit dem Jahr 2005 die Möglichkeit, ein Rentensplitting durchzuführen. Hierdurch werden die dynamischen Rentenanwartschaften, welche während der Ehezeit/Zeit der Lebenspartnerschaft erworben wurden, unter den Ehegatten/Lebenspartnern aufgeteilt. Dies hat zur Folge, dass nach einem durchgeführten Rentensplitting kein Anspruch mehr auf eine Witwen-/­Witwerrente bestehen kann. Der Anspruch auf eine Hinterbliebenenrente wird also durch ein Rentensplitting aufgegeben.

Tötung des Angehörigen

Nach § 105 SGB VI haben Personen keinen Anspruch auf eine Rente wegen Todes, wenn diese den Tod des Versicherten vorsätzlich herbeigeführt haben. Das bedeutet, dass kein Anspruch auf eine kleine Witwen-/­Witwerrente realisiert werden kann, wenn auf Grundlage des Strafgerichtsurteils, welches der Rentenversicherungsträger für die Beurteilung dieses Sachverhalts heranziehen muss, die Tötung des Angehörigen vorsätzlich erfolgte.

Kein Anspruch für überlebenden Lebenspartner

Ein Anspruch auf die kleine Witwen-/­Witwerrente für überlebende Lebenspartner besteht nach § 105a SGB VI nicht für Zeiten, für die eine Witwe/ein Witwer für denselben Zeitraum einen Anspruch auf eine Witwen-/Witwerrente hat.

Höhe der kleinen Witwenrente, kleinen Witwerrente

Die kleine Witwenrente, kleine Witwerrente beträgt 25 Prozent der Rente des Verstorbenen.

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