Altersrente für schwerbehinderte Menschen, § 37 und § 236a SGB VI

Eine eigenständige Altersrente ist die Altersrente für schwerbehinderte Menschen, deren Anspruchsgrundlage § 37 und § 236a des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch – SGB VI – ist.

Im April 2023 bezogen insgesamt 1.722.091 Versicherte die „Altersrente für schwerbehinderte Menschen".

Anspruchsvoraussetzungen

Auf die Altersrente für schwerbehinderte Menschen besteht nach § 37 SGB VI für Versicherte grundsätzlich dann ein Anspruch, wenn

  • das 65. Lebensjahr vollendet wurde,
  • bei Beginn der Altersrente eine Anerkennung als schwerbehinderter Mensch vorliegt,
  • die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt wird und
  • entweder eine abhängige Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt/eine selbstständige Tätigkeit mit Arbeitseinkommen aufgegeben wurde bzw. die Hinzuverdienstgrenzen des § 34 Abs. 2 und 3 SGB VI mit dem Arbeitsentgelt/Arbeitseinkommen nicht mehr überschritten wird.

Altersgrenze

§ 37 SGB VI nennt als Altersgrenze, ab wann die Altersrente für schwerbehinderte Menschen beansprucht werden kann, die Vollendung des 65. Lebensjahres. § 236a Abs. 1 SGB VI nennt hingegen für Versicherte, die vor dem 01.01.1964 geboren wurden, die Vollendung des 63. Lebensjahres als Altersgrenze zur Inanspruchnahme der Rente. Allerdings gibt es zur Altersrente für schwerbehinderte Menschen einige Übergangsregelungen.

60. Lebensjahr

Abschlagsfrei kann die Altersrente für schwerbehinderte Menschen von Versicherten mit Vollendung des 60. Lebensjahres dann in Anspruch genommen werden, wenn sie vor dem 17.11.1950 geboren wurden und am 16.11.2000 eine Schwerbehinderung bzw. eine Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit nach dem am 31.12.2000 geltenden Recht vorlag.

Ebenfalls können die Rente alle Versicherten mit Vollendung des 60. Lebensjahres abschlagsfrei beanspruchen, die vor dem 01.01.1942 geboren wurden und 45 Jahre Pflichtbeiträge gezahlt haben. Die Pflichtbeiträge können sowohl aus einer versicherten Beschäftigung als auch von einer versicherten Tätigkeit stammen. Der Gesetzgeber hat durch das RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz an diesen Regelungen nichts geändert.

63. Lebensjahr

Versicherte, die vor dem 01.01.1952 geboren wurden, können die Altersrente für schwerbehinderte Menschen noch mit der Vollendung des 63. Lebensjahres abschlagsfrei beanspruchen.

Ebenfalls können Versicherte, die nach dem 31.12.1951 geboren wurden, die Rente bereits ab Vollendung des 63. Lebensjahres abschlagsfrei in Anspruch nehmen, wenn sie

  • am 01.01.2007 als schwerbehinderte Menschen anerkannt waren und
  • vor dem 01.01.1955 geboren wurden und
  • vor dem 01.01.2007 Altersteilzeitarbeit entsprechend des Altersteilzeitgesetzes (§§ 2 und 3 Abs. 1 Nr. 1) vereinbart haben.

Des Weiteren genießen Versicherte den besonderen Vertrauensschutz, die Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus bezogen haben. Mit dieser Regelung schützt der Gesetzgeber den Personenkreis, welcher aus dem Bergbau aus strukturpolitischen Gründen ausscheidet.

Für die genannten Personenkreise ist eine Inanspruchnahme der Rente bereits ab Vollendung des 60. Lebensjahres möglich, allerdings werden dann Rentenabschläge von bis zu 10,8 Prozent in Abzug gebracht (0,3 Prozent je Monat der vorzeitigen Inanspruchnahme).

Anhebung der Altersgrenze

Für Versicherte, die im Jahr 1952 oder später geboren wurden und die o. g. Vertrauensschutzregelungen nicht greifen, wird die Altersgrenze für die abschlagsfreie bzw. frühestmögliche Inanspruchnahme der Altersrente für schwerbehinderte Menschen schrittweise angehoben. Näheres können Sie unter: Altersrente für schwerbehinderte Menschen | Anhebung Altersgrenzen nachlesen.

Schwerbehinderung, Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit

Als weitere Voraussetzung zur Inanspruchnahme der Altersrente für schwerbehinderte Menschen muss eine Schwerbehinderung vorliegen. Alternativ können Versicherte, die vor dem 01.01.1951 geboren wurden die Anspruchsvoraussetzung auch damit erfüllen, dass sie bei Rentenbeginn berufs- oder erwerbsunfähig nach dem am 31.12.2000 geltenden Recht waren. Für Versicherte, die im Jahr 1951 oder später geboren wurden, ist daher ausschließlich das Vorliegen einer Schwerbehinderung zur Begründung des Rentenanspruchs relevant.

Schwerbehinderung

Das Rentenrecht lehnt sich an die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch – SGB IX – an. Daher zählt ein Versicherter als schwerbehinderter Mensch, wenn ein Grad der Behinderung – kurz: GdB – von mindestens 50 Prozent zugesprochen wurde. Das Vorliegen der Schwerbehinderung kann durch den geltenden Leistungsbescheid des Versorgungsamtes oder durch den aktuellen Schwerbehindertenausweis nachgewiesen werden.

Der zuständige Rentenversicherungsträger bestimmt also nicht selbst über das Vorliegen der Schwerbehinderung, sondern lehnt sich an die Entscheidung des Versorgungsamtes an.

Berufsunfähigkeit/Erwerbsunfähigkeit

Von Versicherten, die vor dem 01.01.1951 geboren wurden, kann als anspruchsbegründender Tatbestand anstatt das Vorliegen einer Schwerbehinderung auch das Bestehen einer Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit nach dem am 31.12.2000 geltenden Recht nachgewiesen werden. Hier muss also die Beurteilung entsprechend des § 43 bzw. § 44 SGB VI in der damaligen Fassung erfolgen.

Wartezeit

Als versicherungsrechtliche Voraussetzung für die Altersrente für schwerbehinderte Menschen wird die Erfüllung der Wartezeit von 35 Jahren gefordert. Auf diese Wartezeit sind entsprechend § 51 Abs. 3 SGB VI alle Kalendermonate mit rentenrechtlichen Zeiten angerechnet. Dabei werden folgende Zeiten berücksichtigt:

  • Beitragszeiten (§ 54 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI)
  • Kalendermonate mit Berücksichtigungszeiten (§ 54 Abs. 1 Nr. 3 SGB VI)
  • Kalendermonate mit beitragsfreien Zeiten – hierzu zählen die Anrechnungszeiten und Ersatzzeiten (§ 54 Abs. 1 Nr. 2 und § 54 Abs. 4 SGB VI)
  • Zeiten aus Rentensplittung unter Ehegatten bzw. Lebenspartnern (§ 52 Abs. 1a SGB VI)
  • Zeiten aus einem Versorgungsausgleich (§ 52 Abs. 1 SGB VI)
  • Zeiten, die aus den Entgeltpunkten gutgeschrieben werden, die über eine geringfügige versicherungsfreie Beschäftigung erzielt werden (§ 52 Abs. 2 SGB VI).

Zeiten einer selbstständigen Tätigkeit werden nur berücksichtigt, wenn die Zeiten als Pflichtbeitragszeiten gelten (§ 57 Satz 2 SGB VI).

Hinzuverdienstgrenze nur bis 31.12.2022 zu beachten

Ab dem 01.01.2023 müssen Altersrentner – auch vor Erreichen der Regelaltersrente – keine Hinzuverdienstgrenzen mehr beachten. Die Regelung bezüglich der Hinzuverdienstgrenzen wurde mit dem „Achten Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze“ (8. SGB IV-Änderungsgesetz), welches am 01.12.2022 vom Bundestag verabschiedet wurde, vollständig aufgehoben.

Regelung bis 31.12.2022

Bis zum 31.12.2022 bestand nach § 34 Abs. 2 SGB VI ein Anspruch auf eine Rente wegen Alters – zu der die Altersrente für schwerbehinderte Menschen zählt – als Vollrente vor Erreichen der Regelaltersgrenze nur dann, wenn die kalenderjährliche Hinzuverdienstgrenze von 6.300,00 Euro nicht überschritten wurde.

Wurde die Altersrente für schwerbehinderte Menschen vor Erreichen der Regelaltersgrenze – welche seit dem Jahr 2012 schrittweise auf das vollendete 67. Lebensjahr angehoben wird – bezogen, musste die Hinzuverdienstgrenze beachtet werden. Welche Regelaltersgrenze für welchen Geburtsjahrgang maßgebend ist, kann unter Regelaltersrente | Anhebung Regelaltersgrenze nachgelesen werden.

Kam es mit dem Hinzuverdienst zu einer Überschreitung der kalenderjährlichen Hinzuverdienstgrenze von 6.300,00 Euro, wurde für Zeiträume bis Dezember 2022 ein Zwölftel des diese Grenze übersteigenden Betrags zu 40 Prozent auf die monatliche Rente angerechnet. Es kam damit zu einer Reduzierung des Rentenanspruchs und die Altersrente wurde nur noch als Teilrente und nicht mehr als Vollrente geleistet.

Ebenfalls musste der Hinzuverdienstdeckel beachtet werden. Der Hinzuverdienstdeckel wurde ebenfalls ab dem 01.01.2023 aufgehoben. Hierbei handelte es sich um eine Obergrenze für den Hinzuverdienst. Mit dieser Regelung wurde erreicht, dass die geminderte Rente und der Hinzuverdienst nicht höher sein durften als das höchste Einkommen in den letzten 15 Jahren vor Rentenbeginn.

Die Regelungen zur Rentenkürzung bei Überschreiten der kalenderjährlichen Hinzuverdienstgrenze von 6.300,00 Euro waren in § 34 Abs. 3 SGB VI und die Regelungen des Hinzuverdienstdeckels waren in § 34 Abs. 3a SGB VI zu finden. Aufgrund der Corona-Pandemie wurde die kalenderjährliche Hinzuverdienstgrenze für die Kalenderjahre 2020 bis 2022 deutlich angehoben. So betrug die kalenderjährliche Hinzuverdienstgrenze im Kalenderjahr 2020 44.590,00 Euro und in den Kalenderjahren 2021 und 2022 46.060,00 Euro (jeweils das 14fache der monatlichen Bezugsgröße).

Ab Erreichen der Regelaltersgrenze musste bereits nach den bis 31.12.2022 geltenden Rechtsvorschriften keine Hinzuverdienstgrenze mehr beachtet werden. Das heißt, dass ab diesem Zeitpunkt unbegrenzt hinzuverdient werden durfte, ohne dass es deswegen zu einer Rentenkürzung bzw. Zahlung einer Teilrente kommen knnte - so wie dies jetzt generell ab dem 01.01.2023 gilt.

Ausschluss der Rentenleistung bei absichtlicher Minderung der Erwerbsfähigkeit

Wurde die Minderung der Erwerbsfähigkeit, mit der der Anspruch auf die Altersrente für schwerbehinderte Menschen begründet werden soll, absichtlich herbeigeführt, wird dieser Rentenanspruch mit § 103 SGB VI ausgeschlossen. Das heißt, dass in diesen Fällen kein Rentenanspruch nach § 37 SGB VI und § 236a SGB VI realisiert werden kann.

Bei der Beurteilung, ob es sich um eine absichtliche Herbeiführung der Minderung der Erwerbsfähigkeit handelt, wird nach den Grundsätzen des Strafrechts beurteilt. Das bedeutet, dass von einer Absicht dann auszugehen ist, wenn ein direkter Vorsatz des Handelnden vorliegt. Der Versicherte musste also die Folgen seines Handelns entweder erkennen oder sicher annehmen können.

Resultiert die Minderung der Erwerbsfähigkeit aus einem Selbsttötungsversuch, Alkohol- oder Drogenmissbrauch, liegt keine absichtliche Minderung der Erwerbsfähigkeit vor. Auch bei einer Weigerung des Versicherten, sich ärztlich behandeln zu lassen, begründet keinen Leistungsausschluss nach § 103 SGB VI, da das erforderliche „aktive Handeln“ nicht gegeben ist.

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