Die Erwerbsminderungsrente für Bergleute nach § 45 SGB VI
Mit der Rechtsvorschrift des § 45 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) sieht der Leistungskatalog der Gesetzlichen Rentenversicherung eine Rente für Bergleute vor. Hierbei handelt es sich um eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, die unter bestimmten Voraussetzungen als knappschaftliche Sonderleistung für Bergleute geleistet werden kann.
Mit der Rente nach § 45 SGB VI wird das Risiko für Versicherte abgedeckt, die bisher eine knappschaftliche Beschäftigung verrichtet haben, diese infolge von Krankheit oder Behinderung nicht mehr ausüben können.
Die Rechtsvorschrift des § 45 SGB VI ist im Zweiten Titel des SGB VI, in dem die „Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit“ geregelt sind, angesiedelt. Damit handelt es sich bei der Rente für Bergleute um eine spezielle Erwerbsminderungsrente. Mit dieser Rente soll ein Ausfall des Arbeitsentgelts ersetzt bzw. ausgeglichen werden, wenn ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung die bisher ausgeübte knappschaftliche Beschäftigung nicht mehr ausüben kann.
Konkret kann die Rente für Bergleute in zwei möglichen Fallvarianten geleistet werden.
Die Rente kann für Bergleute geleistet werden,
- für die eine verminderte Berufsfähigkeit im Bergbau besteht (§ 45 Abs. 1 und 2 SGB VI) oder
- die nach Vollendung des 50. Lebensjahres und langjähriger Beschäftigung unter Tage eine wirtschaftlich gleichwertige Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit nicht mehr ausüben können (§ 45 Abs. 3 SGB VI).
Rente wegen verminderter Berufsfähigkeit im Bergbau
Anspruchsvoraussetzungen
Die Anspruchsvoraussetzungen auf die Rente wegen verminderter Berufsfähigkeit im Bergbau werden in § 45 Abs. 1 SGB VI aufgeführt. Danach besteht der Anspruch auf die Rente für Bergleute bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze für Bergleute, die
- im Bergbau vermindert berufsfähig sind,
- in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der im Bergbau verminderten Berufsfähigkeit drei Jahre knappschaftliche Pflichtbeitragszeiten haben und
- vor Eintritt der im Bergbau verminderten Berufsfähigkeit die allgemeine Wartezeit in der knappschaftlichen Rentenversicherung erfüllt haben.
Mit § 45 Abs. 1 SGB VI werden die allgemeinen Anspruchsvoraussetzungen, welche für die Rente für Bergleute erfüllt werden müssen, genannt. Wann die einzelnen Punkte erfüllt werden, wird dann in den folgenden Absätzen beschrieben.
Im Bergbau vermindert berufsfähig
Wann ein Versicherter im Bergbau vermindert berufsunfähig im Sinne der Renten für Bergleute (§ 45 Abs. 1 SGB VI) ist bzw. wann eine verminderte Berufsfähigkeit im Bergbau vorliegt, wird in § 45 Abs. 2 SGB VI geregelt.
Nach § 45 Abs. 2 SGB VI sind Versicherte im Bergbau vermindert berufsfähig, wenn sie wegen Krankheit oder Behinderung nicht imstande sind:
- die von ihnen bisher ausgeübte knappschaftliche Beschäftigung und
- eine andere wirtschaftlich im Wesentlichen gleichwertige knappschaftliche Beschäftigung, die von Personen mit ähnlicher Ausbildung sowie gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten ausgeübt wird,
auszuüben. Unberücksichtigt bleibt dabei die allgemeine Arbeitsmarktlage.
Um beurteilen zu können, ob ein Versicherter als vermindert berufsunfähig im Bergbau einzustufen ist, muss zuerst die bisherige ausgeübte knappschaftliche Beschäftigung ermittelt werden. Kann dieser knappschaftliche Hauptberuf weiterhin ausgeübt werden, liegt keine verminderte Berufsfähigkeit im Bergbau vor. Daher muss auch keine Verweisung auf eine andere gleichwertige knappschaftliche Tätigkeit erfolgen.
Sollte die bisher ausgeübte knappschaftliche Beschäftigung im Hauptberuf nicht mehr ausgeübt werden können, ist zu prüfen, ob mindestens eine andere wirtschaftlich im Wesentlichen gleichwertige knappschaftliche Beschäftigung (die von Personen mit ähnlicher Ausbildung sowie gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten ausgeübt wird) verrichtet werden kann. Sollte keine Verweisungstätigkeit mehr möglich sein, liegt eine verminderte Berufsfähigkeit im Sinne des § 45 SGB VI vor. Die Ermittlung des knappschaftlichen Hauptberufs erfolgt nach den gleichen Grundsätzen wie bei der Ermittlung des Hauptberufs im Zusammenhang mit den „Renten wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit“.
Ob die knappschaftliche Beschäftigung unter Tage oder über Tage ausgeübt wurde, ist für die Beurteilung des Rentenanspruchs nach § 45 Abs. 1 und 2 SGB VI irrelevant.
Kann noch eine wirtschaftlich qualitativ gleichwertige Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit außerhalb des Bergbaus ausgeübt werden, besteht keine im Bergbau verminderte Berufsunfähigkeit.
Allgemeine Wartezeit
Für einen Rentenanspruch muss die allgemeine Wartezeit in der knappschaftlichen Rentenversicherung erfüllt werden (§ 45 Abs. 1 Nr. 3 SGB VI). Nach den Regelungen in § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB VI beträgt die allgemeine Wartezeit fünf Jahre bzw. 60 Kalendermonate. Auf diese Wartezeit werden Beitrags- und Ersatzzeiten angerechnet. Diesbezüglich muss beachtet werden, dass die Beitrags- und Ersatzzeiten für die Rente für Bergleute nur dann bei der allgemeinen Wartezeit berücksichtigt werden, wenn diese der knappschaftlichen Rentenversicherung zugeordnet werden.
Sollte die allgemeine Wartezeit nicht erfüllt werden, muss geprüft werden, ob eine vorzeitige Wartezeiterfüllung gegeben ist. Die vorzeitige Wartezeiterfüllung ist in § 53 Abs. 1 SGB VI geregelt. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn der Versicherte wegen eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit vermindert erwerbsfähig geworden ist. Auch hier ist zu beachten, dass § 53 Abs. 1 SGB VI nur dann angewendet werden kann, wenn vor Eintritt der verminderten Berufsfähigkeit eine knappschaftliche Rentenversicherung bestand.
Auch § 245 SGB VI enthält Regelungen, wann die vorzeitige Wartezeit erfüllt ist.
Besondere Wartezeit
Für einen Anspruch auf die Rente für Bergleute muss nach § 45 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI auch eine besondere Wartezeit erfüllt werden. Dies ist dann der Fall, wenn in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der im Bergbau verminderten Berufsfähigkeit drei Jahre knappschaftliche Pflichtbeitragszeiten vorliegen. In diesem Zusammenhang spricht man oftmals von der Drei-Fünftel-Belegung.
In die Wartezeit von drei Jahren innerhalb der letzten fünf Jahren werden nur knappschaftliche Pflichtbeitragszeiten berücksichtigt. Diese liegen dann vor, wenn die knappschaftliche Rentenversicherung für die Beschäftigung zuständig ist. Auch den knappschaftlichen Pflichtbeitragszeiten gleichgestellte Zeiten werden auf die Wartezeit angerechnet. Dies sind beispielsweise Zeiten, für die Entgeltpunkte gutgeschrieben worden sind, weil gleichzeitig Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung oder Zeiten der Pflege eines pflegebedürftigen Kindes für mehrere Kinder vorliegen, wenn sie der knappschaftlichen Rentenversicherung zuzuordnen sind. Auch Pflichtbeiträge aufgrund eines Wehr- oder Zivildienstes und des Bezugs von Sozialleistungen kommen in Betracht.
Eine Verlängerung des Fünf-Jahreszeitraums ist nach § 45 Abs. 4 SGB VI möglich. Bezüglich dieser Verlängerungstatbestände wird auf § 43 Abs. 4 und 5 SGB VI verwiesen.
In bestimmten Fällen ist die Drei-Fünftel-Belegung für die Erfüllung dieser Wartezeit nicht erforderlich. Dies ist dann der Fall, wenn
- die allgemeine Wartezeit bereits vor dem 01.01.1984 erfüllt war und ab Januar 1984 jeder Kalendermonat bis vor dem Eintritt der verminderten Berufsfähigkeit im Bergbau mit Anwartschaftserhaltungszeiten belegt ist oder
- die verminderte Berufsfähigkeit im Bergbau aufgrund eines Tatbestandes eingetreten ist, durch den die allgemeine Wartezeit als vorzeitig erfüllt gilt oder
- die verminderte Berufsunfähigkeit im Bergbau schon vor dem 01.01.1984 eingetreten ist.
Rente für Bergleute wegen Vollendung des 50. Lebensjahres
Bei der Rente für Bergleute wegen Vollendung des 50. Lebensjahres handelt es sich um eine Sonderregelung für Versicherte, die das 50. Lebensjahr vollendet haben.
Vollendung des 50. Lebensjahres
Eine Anspruchsvoraussetzung für die Gewährung einer Rente für Bergleute nach § 45 Abs. 3 SGB IV ist, dass der Versicherte das 50. Lebensjahr vollendet hat. Mit dieser Regelung wird verdeutlicht, dass der Gesetzgeber diese Sonderregelung nur für Bergleute als finanzielle Sicherung vorsieht, denen nach langjährigen Arbeiten im Bergbau diese Tätigkeiten aus Altersgründen nicht mehr zugemutet werden können.
Da als Anspruchsvoraussetzung für die Rente für Bergleute die Vollendung des 50. Lebensjahres genannt ist, kann eine Bewilligung an jüngere Versicherte nach dieser Sonderregelung nicht erfolgen, auch wenn die übrigen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt werden.
Wirtschaftlich gleichwertige Beschäftigung nicht mehr möglich
Für diesen Rentenanspruch darf der Versicherte nicht mehr in der Lage sein, eine wirtschaftlich gleichwertige Beschäftigung oder auch selbstständige Tätigkeit im Vergleich zur bisher verrichteten Beschäftigung auszuüben.
Auch in diesem Fall muss zunächst der Hauptberuf ermittelt werden; diese Ermittlung erfolgt identisch wie die Ermittlung des Hauptberufes nach § 45 Abs. 2 SGB VI. Der Hauptberuf muss – als Anspruchsvoraussetzung für die Rente – aufgegeben werden. Der Versicherte darf also seine bislang verrichtete knappschaftliche Beschäftigung nicht mehr ausüben.
Üben Versicherte eine wirtschaftlich gleichwertige Tätigkeit aus, ist der Rentenanspruch nicht gegeben. In diesem Zusammenhang ist ohne Bedeutung, ob die (wirtschaftlich gleichwertige) Tätigkeit im knappschaftlich versicherten Bereich oder auch außerhalb des Bergbaus verrichtet wird. Ebenfalls ist ohne Bedeutung, ob die Beschäftigung in der Gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig ist.
Nach einem Urteil des Bundessozialgerichts vom 29.06.1977, Az.: 5 RKn 5/77 ist eine wirtschaftlich gleichwertige Beschäftigung nicht mehr gegeben, wenn das Arbeitseinkommen im Vergleich zur bisherigen knappschaftlichen Arbeit um mehr als zirka 7,5 Prozent reduziert ist.
Wartezeit von 25 Jahren
Für die Rente für Bergleute wegen Vollendung des 50. Lebensjahres muss eine besondere Wartezeit von 25 Jahren bzw. 300 Kalendermonaten erfüllt werden. In diese Wartezeit werden nur Beitragszeiten angerechnet, welche aufgrund einer Beschäftigung mit ständigen Arbeiten unter Tage erreicht wurden.
Beginn und Ende des Rentenanspruchs
Der Beginn der Rente für Bergleute orientiert sich – wie bei allen Renten – nach § 99 Abs. 1 SGB VI. Wird die Rente rechtzeitig beantragt, beginnt diese mit dem Kalendermonat zu dessen Beginn alle Anspruchsvoraussetzungen erfüllt werden. Um eine rechtzeitige Antragstellung handelt es sich, wenn die Rente spätestens bis zum Ende des dritten Kalendermonats nach Ablauf des Monats beantragt wird, in dem allen Anspruchsvoraussetzungen vorliegen.
Wird die Rente nicht rechtzeitig – also erst nach Ablauf des dritten Kalendermonats nach Ablauf des Monats, in dem alle Anspruchsvoraussetzungen vorliegen – beantragt wird, beginnt diese mit dem Antragsmonat. Auch ein Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben kann als Rentenantrag gelten (vgl. § 116 Abs. 2 SGB VI).
Sofern die Rente befristet bewilligt wird, beginnt die Rente nach § 101 Abs. 1 SGB erst nach sechs Kalendermonaten (also mit dem siebten Kalendermonat) nach Eintritt der verminderten Berufsunfähigkeit im Bergbau.
Die Rente für Bergleute endet mit Erreichen der Regelaltersgrenze. Die Regelaltersgrenze wird für Versicherte der Geburtsjahrgänge bis 1963 schrittweise angehoben. Welche Regelaltersgrenze konkret für welchen Geburtsjahrgang gilt, kann unter: Regelaltersrente | Anhebung Regelaltersgrenze nachgelesen werden. Für Versicherte der Geburtsjahrgänge ab 1964 gilt die einheitliche Regelaltersgrenze vom vollendeten 67. Lebensjahr. Endet die Rente für Bergleute mit Erreichen der Regelaltersgrenze, wird im Anschluss die Regelaltersrente geleistet. Hierbei werden dann mindestens die bisherigen Entgeltpunkte zugrunde gelegt, welche bei der Berechnung der Rente für Bergleute maßgebend waren (vgl. § 85 Abs. 1 SGB VI).
Höhe der Rente für Bergleute
In welcher Höhe die Rente für Bergleute geleistet wird, wird in § 82 Sat 1 Nr. 4 SGB VI geregelt. Danach wird die Rentenhöhe mit dem Rentenartfaktor 0,5333 ermittelt. Für persönlichen Entgeltpunkte aus zusätzlichen Entgeltpunkten für ständige Arbeiten unter Tage gilt der Rentenartfaktor 1,3333.
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