Die Entgeltpunkte nach § 70 Abs. 3 SGB VI

Die Rechtsvorschrift des § 70 Abs. 3 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) regelt die Berechnung der Entgeltpunkte aus einem Arbeitsentgelt, welches aus einem aufgelösten Wertguthaben resultiert.

Bei den Entgeltpunkten handelt es sich um zusätzlich zu ermittelnde Entgeltpunkte, welche ermittelt werden, indem das maßgebende Arbeitsentgelt durch das vorläufige Durchschnittsentgelt (nach SGB VI, Anlage 1) geteilt wird. Als vorläufiges Durchschnittsentgelt ist das Durchschnittsentgelt des Kalenderjahres heranzuziehen, dem das Arbeitsentgelt zugeordnet ist.

Hintergrund

Die Rechtvorschrift des § 70 Abs. 3 SGB VI bestimmt, dass es sich bei dem Arbeitsentgelt um ein Arbeitsentgelt im Sinne des § 23b Abs. 2 Satz 1 bis 4 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) handeln muss. Hierbei handelt sich um ein Arbeitsentgelt, welches aus einem aufgelösten Wertguthaben geleistet wird.

Ein Wertguthaben wiederum wird im Rahmen von schriftlichen Vereinbarungen zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern aufgebaut, um es für Zeiten der Freistellung von der Arbeitsleistung oder der Verringerung der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit zu entnehmen. In der Praxis wird das Wertguthaben auch teilweise als „Guthaben auf Zeitwertkonto“ oder auch „Guthaben auf Langarbeitszeitkonto“ genannt.

Das Wertguthaben wird klassisch in einer Altersteilzeitarbeit aufgebaut, in denen ein Arbeitnehmer im sogenannten Blockmodell arbeitet. Das heißt, dass zunächst ein Zeitblock mit einer Arbeitsleistung – in der Arbeitsphase – erfolgt und daran ein Zeitblock der Arbeitsbefreiung – die Freistellungsphase – anschließt. Während der Arbeitsphase, die beispielsweise zweieinhalb oder drei Jahre dauern wird, arbeitet der Arbeitnehmer in seiner vollen tariflichen Arbeitszeit weiter, erhält jedoch nur noch ein hälftiges Arbeitsentgelt, welches der Arbeitsgeber aufstockt. In dieser Arbeitsphase wird damit ein Wertguthaben aufgebaut, mit dem dann in der Freistellungsphase, die die gleiche Zeitdauer wie die Arbeitsphase hat, keine Arbeitsleistung mehr erfolgen muss, jedoch das Arbeitsentgelt ebenfalls hälftig – mit einem Aufstockungsbetrag – weitergezahlt wird. Durch ein solches Arbeitsmodell wird es ermöglicht, dass die betroffenen Arbeitnehmer bereits vorzeitig aus dem Arbeitsleben ausscheiden und die Zeit bis zum Beginn der gesetzlichen Rente überbrücken können.

Sollte es einem Arbeitnehmer nicht mehr möglich sein, das in der Arbeitsphase aufgebaute Wertguthaben in einer Freistellungsphase abzubauen, liegt ein „Störfall“ vor. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn während des Beschäftigungsverhältnisses eine Erwerbsminderung eintritt, der Arbeitgeber insolvent wird, das Beschäftigungsverhältnis gekündigt wird oder der Arbeitnehmer verstirbt.

Der Arbeitgeber muss bei einem Störfall das zu viel aufgebaute Wertguthaben auszahlen. Aus dieser Auszahlung werden dann bei der Berechnung der gesetzlichen Rente zusätzliche Entgeltpunkte ermittelt, welche die Rentenzahlung erhöhen.

Die Berechnung der Entgeltpunkte

Die zusätzlichen Entgeltpunkt werden berechnet, indem das Arbeitsentgelt, welches aufgrund des aufgelösten Wertguthabens geleistet und vom Arbeitgeber gemeldet wird, durch das (vorläufige) Durchschnittsentgelt dividiert wird. Hinsichtlich des Arbeitsentgelts wird in diesem Zusammenhang keine Beitragsbemessungsgrenze berücksichtigt; dies deshalb, weil beim Wertguthaben die zum Zeitpunkt der tatsächlichen Arbeitsleistung maßgebenden Beitragsbemessungsgrenzen bereits zu berücksichtigen waren.

Als Durchschnittsentgelt kennt die Anlage 1 zum SGB VI sowohl das vorläufige als auch das endgültige Durchschnittsentgelt. Mit § 70 Abs. 3 SGB VI wird ausdrücklich bestimmt, dass zur Berechnung der zusätzlichen Entgeltpunkte aus dem aufgelösten Wertguthaben das vorläufige Durchschnittsentgelt heranzuziehen ist. Das endgültige Durchschnittsentgelt spielt diesbezüglich damit keine Rolle, auch wenn dies bereits für das betreffende Jahr bereits bekannt sein sollte.

Beispiel:

Ein Arbeitnehmer hat mit seinem Arbeitgeber einen Altersteilzeitarbeitsvertrag abgeschlossen. Zunächst wird über einen Zeitraum von zweieinhalb Jahren die Arbeitsphase umgesetzt, danach ist die Freistellungsphase von ebenfalls zweieinhalb Jahren vorgesehen.

Während der Arbeitsphase tritt eine vollständige Erwerbsminderung ein und der Rentenversicherungsträger bewilligt daraufhin die volle Erwerbsminderungsrente auf Dauer, also bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze.

Da das aufgebaut Wertguthaben nicht mehr in einer Freistellungsphase ausgeglichen werden kann, wird dies vom Arbeitgeber im Kalenderjahr 2024 aufgelöst. Hierbei handelt es sich um ein Arbeitsentgelt in Höhe von 52.787,20 Euro.

Konsequenz:

Das vorläufige Durchschnittsentgelt im Kalenderjahr 2024 45.358,00 Euro beträgt. Die zusätzlichen Entgeltpunkte werden daher wie folgt ermittelt:

52.787,20 Euro / 45.358,00 Euro = 1,1638 Entgeltpunkte

Die mit oben genannter Berechnungsformel ermittelten zusätzlichen Entgeltpunkte gelten als Entgeltpunkte für Zeiten mit vollwertigen Beiträgen nach dem 31.12.1991. Damit haben diese Entgeltpunkte direkten Einfluss auf die Gesamtleistungsbewertung in der Rentenberechnung.

Berücksichtigung der zusätzlichen Entgeltpunkte

Im Regelfall werden die nach § 70 Abs. 3 SGB VI zusätzlichen Entgeltpunkte, welche aus dem aufgelösten Wertguthaben errechnet werden, beim ersten Rentenbeginn berücksichtigt. Dies kann eine Erwerbsminderungsrente, eine Altersrente oder auch – beim Tod des Arbeitnehmers – eine Hinterbliebenenrente sein.

Vereinzelt kann es jedoch auch sein, dass die zusätzlich ermittelten Entgeltpunkte erst zu einem späteren Zeitpunkt in der Rentenberechnung berücksichtigt werden. Löst der Arbeitgeber (beispielsweise aufgrund einer tarifvertraglichen Regelung) das Wertguthaben bei einer vom Rentenversicherungsträger befristet bewilligen Erwerbsminderungsrente (EM-Rente) nicht sofort auf, kann dies bei der „ersten“ Bewilligung der Rente noch nicht berücksichtigt werden. Wird zu einem späteren Zeitpunkt die befristete EM-Rente in eine unbefristete Rente umgewandelt und erst dann das Wertguthaben aufgelöst, werden die Entgeltpunkte mit dem Beginn der unbefristeten Rente in die Rentenberechnung einbezogen.

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