Keine Rente wegen voller Erwerbsminderung bei Migräneattacken

Dass Migräneattacken keinen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung rechtfertigen, entschied das Bayerische Landessozialgericht mit Urteil vom 22.11.2007 (Az. L 19 R 803/06). Mit dieser Entscheidung bestätigte das LSG einen Bescheid des Rentenversicherungsträgers, die Rente des Versicherten nicht über den 31.10.2003 hinaus zu zahlen.

Klagegegenstand

Ein Versicherter, der im Jahr 1962 geboren wurde und des Beruf des Bauschlossers erlernt hat, erhielt vom Rentenversicherungsträger eine Rente für die Zeit vom 01.05.2002 bis einschließlich 31.10.2003. Da die Rente befristet gewährt wurde, beantragte der Versicherte die weitere Rentenzahlung über den 31.10.2003 hinaus.

Zur Begründung des Antrages wurde seitens des Versicherten angegeben, dass er unter anderem über ständige Schmerzen in den Armen, Schwierigkeiten beim Aufstehen, ständig auftretende Appetitstörungen und erheblichen Kopfschmerzen leidet.

Da der ärztliche Dienst des Rentenversicherungsträgers in einem Gutachten zu dem Schluss kommt, dass der Versicherte für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig einsetzbar ist, wurde der Antrag abgelehnt. Auch das Widerspruchsverfahren verlief für den Versicherten erfolglos, so dass das Sozialgericht Bayreuth über die eingelegte Klage entscheiden musste.

Sozialgericht Bayreuth

Das Sozialgericht Bayreuth holte eine Übersicht der Krankheitszeiten bei der zuständigen Krankenkasse des Versicherten ein. Ärztliche Sachverständige bestätigten zusätzlich, dass der Kläger zwar an mehreren Tagen im Monat arbeitsunfähig ist, dadurch jedoch keine Erwerbsminderung resultiert. Die Arbeitsunfähigkeitszeiten entstehen aufgrund eines schubweise verlaufenden Kopfschmerzsyndroms.

Das Sozialgericht Bayreuth entschied mit Urteil vom 11.10.2006 (Az. S 3 R 110/04), jedoch ohne mündliche Verhandlung, dass die Entscheidung des Rentenversicherungsträgers korrekt ist. Daraufhin legte der Versicherte Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht ein.

Landessozialgericht

Das Bayerische Landessozialgericht führte in seinem Urteil vom 22.11.2007 (Az. L 19 R 803/06) eingangs die Anspruchsgrundlage für eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf. Nach § 43 Abs. 2 SGB VI ist eine Anspruchsvoraussetzung für die volle Erwerbsminderungsrente, dass der Versicherte nicht mehr in der Lage ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich tätig zu sein. Eine teilweise Erwerbsminderung liegt vor, wenn das Leistungsvermögen für die Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes nur noch weniger als sechs Stunden beträgt.

Da der Versicherte jedoch nach den vorliegenden Unterlagen in der Lage ist, mindestens sechs Stunden am allgemeinen Arbeitsmarkt tätig zu sein, blieb auch die Berufung erfolglos.

Da der Kläger zur Begründung seiner Berufung anbrachte, dass er regelmäßig Migräneattacken erleidet, die im Monat fünf bis sechs Tage Arbeitsunfähigkeit verursachen und daher der Arbeitsmarkt für ihn verschlossen ist, gingen die Richter aus München auch auf diesen Punkt ein. Hier wurde eine Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG SozR 3.2200 § 1247 Nr 14) herangezogen, dass dann der Arbeitsmarkt als verschlossen gilt, wenn häufig auftretende Fieberschübe eine Arbeitsunfähigkeit begründen. Die Fieberschübe traten in dem vom BSG zu entscheidenden Fall jedoch nahezu regelmäßig für jeweils mehrere Tage auf und verursachten eine Arbeitsunfähigkeit. Diese Entscheidung kann jedoch bei dem Versicherten nicht parallel herangezogen werden, da dieser lediglich wenige Tage im Monat an Migräneattacken leidet.

Bei Anfallsleiden ist der Arbeitsmarkt dann verschlossen – so ein BSG-Urteil vom 08.11.1995 (Az. 13/4 RA 93/94) – wenn die Anfälle sehr häufig auftreten und damit erhebliche Arbeitsunfähigkeitszeiten entstehen. In diesem Fall könnte die Fähigkeit des Versicherten zur Ausübung einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit verschlossen sein. In dem Urteil kamen die Richter zu dem Schluss, dass bei dem Kläger die angegebenen Migräneattacken nicht in der Intensität vorkommen, dass der Arbeitmarkt als verschlossen angesehen werden muss. In der Bescheinigung der Krankenkasse wurden im Jahr 1997 gar keine Arbeitsunfähigkeitszeiten vermerkt. Nach den Angaben des Klägers kommen die Migräneattacken bereits seit dem Jahr 1995 vor – also schon zu der Zeit, als er noch in einem Beschäftigungsverhältnis stand – konnten die Richter aufgrund der angegebenen Migräneattacken keine Verschlossenheit des Arbeitsmarktes für ihn nachvollziehen und bestätigen.

Fazit

Eine Rente wegen voller Erwerbsminderung wird nicht durch die Annahme von Migräneattacken gerechtfertigt. Sofern ein Versicherten noch in der Lage ist, vollschichtig dem Arbeitsmarkt zur Verfügung zu stehen, besteht kein Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente. Auch ein erhöhtes Kündigungsrisiko bedingt durch krankheitsbedingte Fehlzeiten führt nicht zu einer Verschlossenheit des Arbeitsmarktes für den betroffenen Versicherten.

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