Entgeltpunkte aus Beiträgen im Beitrittsgebiet nach § 256a SGB VI
Die Rechtsvorschrift des § 256a Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) regelt, dass für Beitragszeiten im Beitrittsgebiet nach dem 08.05.1945 und vor dem 01.01.2025 Entgeltpunkte ermittelt werden, indem der mit den Werten der Anlage 10 vervielfältigte Verdienst (Beitragsbemessungsgrundlage) durch das Durchschnittsentgelt für dasselbe Kalenderjahr geteilt wird.
Bei Rentenbeginn im Jahr 2019 ist der Verdienst des Jahres 2018 mit dem Wert der Anlage 10 zu vervielfältigen, der für dieses Kalenderjahr vorläufig bestimmt ist.
Für Beitragszeiten auf Grund des Bezugs von Arbeitslosengeld II ist die Vervielfältigung nicht anzuwenden.
Allgemeines
Mit § 256a SGB VI wird geregelt, wie Entgeltpunkte aus nachgewiesenen Beitragszeiten im Beitragsgebiet (Rechtskreis Ost) zu berechnen sind. Von dieser Regelung sind die Beitragszeiten nach dem 08.05.1945 betroffen.
Da es aufgrund der Regelungen des Rentenüberleitungs-Abschlussgesetzes ab dem Jahr 2025 keine unterschiedlichen Werte mehr für die alten bzw. neuen Bundesländer (Rechtskreis West, Rechtskreis Ost) mehr geben wird, ist die Sonderregelung des § 256a Abs. 1 SGB VI auf die Zeit vor dem 01.01.2025 begrenzt.
Die Rechtsvorschrift des § 256a SGB VI wurde mit Einführung des SGB VI zum 01.01.1992 als Übergangsregelung (durch das Rentenüberleitungsgesetz, kurz: RÜG) geschaffen, damit die besonderen Verhältnisse der früheren DDR bei der Rentenberechnung bzw. der Berechnung der gesetzlichen Renten berücksichtigt werden.
Mit den in Anlage 10 aufgeführten Umrechnungswerten wird der Wert des Entgelts widergespiegelt, den das Ost-Entgelt auf West-Niveau entspricht.
Die Regelung, dass die Hochrechnung für Beitragszeiten eines Arbeitslosengeld II-Bezugs nicht anzuwenden ist, hat der Gesetzgeber deshalb geschaffen, da der Leistungsbezug in den alten und neuen Bundesländern gleich hoch bewertet werden soll.
Hochzuwertende Verdienste
Zu den Verdiensten, welche mit den Umrechnungswerten nach Anlage 10 hochgewertet werden, zählen folgende Verdienstarten:
- Arbeitsverdienst, für den Pflichtbeiträge geleistet wurden
- Einkünfte, für die Pflichtbeiträge geleistet wurden
- Verdienst, für den Beiträge zur FZR (Freiwillige Zusatzrentenversicherung) geleistet wurden
- Freiwillige Beiträge
Bei den hochzuwertenden Verdiensten aus freiwilligen Beiträgen handelt es sich um freiwillige
- Beiträge für Zeiten bis 31.12.1991 und
- Beiträge zur Rentenversicherung für Zeiten bis 31.03.1999, wenn damit der Anspruch auf eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit aufrechterhalten wurde.
Berechnung der Entgeltpunkte für Ost-Verdienste
Die Entgeltpunkte für nachgewiesene Beitragszeiten in den neuen Bundesländern nach dem 08.05.1945 werden nach dem bis 31.12.2018 geltenden Recht berechnet, indem die Beitragsbemessungsgrundlage mit den Umrechnungswerten multipliziert werden, welche in Anlage 10 zum SGB VI geregelt sind. Im Rahmen der Multiplikation mit diesen Hochwertungsfaktoren/Umrechnungswerten wird erreicht, dass die Beitragsbemessungsgrundlage auf das West-Niveau angehoben wird. Ggf. kommt es danach noch auf eine Begrenzung auf die Beitragsbemessungsgrenze (West). Anschließend kommt es zu einer Division mit dem Durchschnittsentgelt, welches in Anlage 1 zum SGB VI aufgeführt ist.
Berechnung
Bemessungsgrundlage = Verdienst x Umrechnungswert (gemäß Anlage 10, SGB VI), ggf. gekürzt auf Beitragsbemessungsgrenze (nach Anlage 2, SGB VI)
Entgeltpunkte = Bemessungsgrundlage / Durchschnittsentgelt aller Versicherten (gemäß Anlage 1, SGB VI)
Beispiel:
Ein Versicherter hat im Jahr 1994 im Beitrittsgebiet (Rechtskreis Ost) ein beitragspflichtiges Entgelt von 25.000,00 DM erzielt.
Für das Jahr 1994 beträgt
- der Umrechnungswert (Anlage 10) 1,2687
- das Durchschnittsentgelt (Anlage 1) 49.142 DM
- die Beitragsbemessungsgrenze (Anlage 2) 91.200 DM
Berechnung:
- Bemessungsgrundlage: 25.000,0 DM x 1,2687 = 31.717,50 DM
- Der hochgewertete Verdienst überschreitet die Beitragsbemessungsgrenze nicht! Daher ist keine Kürzung notwendig.
- Entgeltpunkte: 31.717,50 DM / 49.142,00 DM = 0,6454 Entgeltpunkte
Der Versicherte erhält für das Kalenderjahr 1994 damit 0,6454 Entgeltpunkte gutgeschrieben.
Neufassung der Anlage 10, SGB VI zum 01.07.2018
Zum 01.07.2018 wurde die Anlage 10, SGB VI neu gefasst. Diese Neufassung musste im Rahmen des Rentenabschluss-Überleitungsgesetzes (RÜG) erfolgen, mit dem erreicht wird, dass es ab dem 01.07.2024 nur noch einen einheitlichen Rentenwert für Gesamtdeutschland und keine Unterscheidung mehr zwischen den neuen und alten Bundesländern gibt.
Die Neufassung machte die Regelung des § 256a Abs. 1 Satz 2 SGB VI erforderlich. Nach dieser Regelung wird bei einem Rentenbeginn im Jahr 2019 der Verdienst des Jahres 2018 mit dem Wert der Anlage 10 vervielfältigt, der für dieses Kalenderjahr vorläufig bestimmt wurde. In dieser Fallkonstellation kommt damit der (vorläufige) Umrechnungsfaktor 1,1248 zum Ansatz.
Entgeltpunkte – Entgeltpunkte (Ost)
Wenn die Entgeltpunkte mit der Hochwertung – wie oben beschrieben – errechnet wurden, ist noch zu beurteilen, ob es sich bei den Entgeltpunkten um Entgeltpunkte (West) oder um Entgeltpunkte (Ost) handelt. Diese Beurteilung ist maßgebend dafür, ob die Entgeltpunkte mit dem aktuellen Rentenwert oder dem aktuellen Rentenwert (Ost) multipliziert werden.
Grundsätzlich handelt es sich bei den ermittelten Entgeltpunkten um Entgeltpunkte (Ost). § 254d Abs. 2 SGB VI enthält jedoch eine Sonderregelung. Nach dieser Rechtsvorschrift handelt es sich bei den ermittelten Entgeltpunkten um Entgeltpunkte (West), wenn diese in Zeiten vor dem 19.05.1990 „erwirtschaftet“ wurden und der Versicherte am 18.05.1990 seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet hatte, solange er sich im Inland gewöhnlich aufhält. Gleiches gilt auch, wenn der Versicherte am 18.05.1990 seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland hatte und unmittelbar vor Beginn des Auslandsaufenthalts den gewöhnlichen Aufenthalt im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitragsgebiet hatte.
Ebenfalls kommen die Entgeltpunkte (Ost) für Zeiten vor dem 19.05.1990 nicht zum Ansatz – sondern die Entgeltpunkte (West) – wenn diese mit Beiträgen aufgrund einer Beschäftigung bei einem Unternehmen im Beitrittsgebiet, für das Arbeitsentgelte in Deutsche Mark gezahlt wurden, „erwirtschaftet“ wurden (vgl. § 254d Abs. 2 Nr. 2 SGB VI).
Hinweis: Die Entgeltpunkte (Ost) kommen nur noch – sofern diese angesetzt werden müssen – für Zeiten bis zum 30.06.2024 zur Anwendung. Durch das Rentenüberleitungs-Abschlussgesetz gibt es ab 01.07.2024 nur noch einen einheitlichen (für Gesamtdeutschland) aktuellen Rentenwert!
Die Umrechnungswerte nach Anlage 10 zum SGB VI
Jahr | Umrechnungswert |
1945 | 1,0000 |
1946 | 1,0000 |
1947 | 1,0000 |
1948 | 1,0000 |
1949 | 1,0000 |
1950 | 0,9931 |
1951 | 1,0502 |
1952 | 1,0617 |
1953 | 1,0458 |
1954 | 1,0185 |
1955 | 1,0656 |
1956 | 1,1029 |
1957 | 1,1081 |
1958 | 1,0992 |
1959 | 1,0838 |
1960 | 1,1451 |
1961 | 1,2374 |
1962 | 1,3156 |
1963 | 1,3667 |
1964 | 1,4568 |
1965 | 1,5462 |
1966 | 1,6018 |
1967 | 1,5927 |
1968 | 1,6405 |
1969 | 1,7321 |
1970 | 1,8875 |
1971 | 2,0490 |
1972 | 2,1705 |
1973 | 2,3637 |
1974 | 2,5451 |
1975 | 2,6272 |
1976 | 2,7344 |
1977 | 2,8343 |
1978 | 2,8923 |
1979 | 2,9734 |
1980 | 3,1208 |
1981 | 3,1634 |
1982 | 3,2147 |
1983 | 3,2627 |
1984 | 3,2885 |
1985 | 3,3129 |
1986 | 3,2968 |
1987 | 3,2548 |
1988 | 3,2381 |
1989 | 3,2330 |
1. Halbjahr 1990 | 3,0707 |
2. Halbjahr 1990 | 2,3473 |
1991 | 1,7235 |
1992 | 1,4393 |
1993 | 1,3197 |
1994 | 1,2687 |
1995 | 1,2317 |
1996 | 1,2209 |
1997 | 1,2089 |
1998 | 1,2113 |
1999 | 1,2054 |
2000 | 1,2030 |
2001 | 1,2003 |
2002 | 1,1972 |
2003 | 1,1943 |
2004 | 1,1932 |
2005 | 1,1827 |
2006 | 1,1827 |
2007 | 1,1841 |
2008 | 1,1857 |
2009 | 1,1712 |
2010 | 1,1726 |
2011 | 1,1740 |
2012 | 1,1785 |
2013 | 1,1762 |
2014 | 1,1665 |
2015 | 1,1502 |
2016 | 1,1415 |
2017 | 1,1374 |
2018 | 1,1339 |
2019 | 1,0840 |
2020 | 1,0700 |
2021 | 1,0560 |
2022 | 1,0420 |
2023 | 1,0280 |
2024 | 1,0140 |
Für das Kalenderjahr 2024 beträgt der vorläufige Umrechnungswert 1,0140!
Darstellung in den Rentenversicherungsverläufen
In den früheren Rentenbescheiden wurde im Versicherungsverlauf die Ost-Entgelte direkt mit dem maßgebenden Umrechnungsfaktor hochgewertet. Dies erfolgt in den aktuellen Rentenbescheiden, welche von den Rentenversicherungsträgern neu gestaltet wurden – s. hierzu auch: Neugestaltung der Rentenbescheide abgeschlossen – nicht mehr.
Aktuell werden in der Anlage „Versicherungsverlauf“ nurmehr die Ost-Entgelte ausgewiesen. Zu einer Hochwertung der Verdienste kommt es erst in der Berechnung der Entgeltpunkte, welche aktuell nicht mehr standardmäßig beim Rentenbescheid mit enthalten und somit für die Versicherten nicht mehr erkennbar ist.
Prüfung von Rentenbescheiden
Jeder Rentenbescheid, der von der Gesetzlichen Rentenversicherung erlassen wird, sollte von einem registrierten Rentenberater überprüft werden. Die registrierten Rentenberater arbeiten unabhängig von den Rentenversicherungsträgern.