Die Mindestentgeltpunkte bei geringem Arbeitsentgelt nach § 262 SGB VI

Mit der Rechtsvorschrift des § 262 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) werden bei der Rentenberechnung Mindestentgeltpunkte bei einem geringen Arbeitsentgelt vorgeschrieben.

§ 262 SGB VI regelt, dass ein Versicherter zusätzliche Entgeltpunkte bei der Rentenberechnung erhält, wenn

  • mindestens 35 Jahre mit rentenrechtlichen Zeiten vorhanden sind und
  • sich aus den Kalendermonaten mit vollwertigen Pflichtbeiträgen ein Durchschnittswert von weniger als 0,0625 Entgeltpunkten ergibt.

In diesem Fall werden den Kalendermonaten mit vollwertigen Pflichtbeiträgen vor dem 01.01.1992 zusätzliche Entgeltpunkte gutgeschrieben. Die Gutschrift erfolgt in Höhe des 1,5fachen des tatsächlichen Durchschnittswertes, höchstens aber bis zu 0,0625 Entgeltpunkten.

Allgemeines

Der Gesetzgeber hat die Regelung des § 262 SGB VI geschaffen, da bestimmte Personengruppen ein geringeres Entgelt erzielt haben. Hiervon waren bzw. sind speziell Frauen betroffen.

Mit der Regelung, dass zusätzliche Entgeltpunkte bei einer langjährigen Versicherung gutgeschrieben werden, kommt es zu einer „Rente nach Mindesteinkommen“ für Pflichtbeitragszeiten vor dem 01.01.1992. Dies erfolgt, indem die Entgeltpunkte aus vollwertigen Pflichtbeitragszeiten bis 31.12.1991 mit dem Faktor 1,5 multipliziert werden und auf höchstens 0,0625 Entgeltpunkte begrenzt werden.

Die Gutschrift der Entgeltpunkte erfolgt also dann, wenn ein Versicherter während der Zeiten mit vollwertigen Pflichtbeiträgen 75 Prozent des Durchschnittsverdienstes (0,0625 Entgeltpunkte x 12 Monate = 0,75 Entgeltpunkte) aller Versicherten erzielt hat.

Die nach § 262 SGB VI zusätzlich gutzuschreibenden Entgeltpunkte werden auf die Kalendermonate mit vollwertigen Pflichtbeiträgen vor dem Jahr 1992 zu gleichen Teilen zugeordnet.

Rentenrechtliche Zeiten im Umfang von mindestens 35 Jahre

Mit § 262 SGB VI wird für die Beachtung von Mindestentgeltpunkten bei geringem Arbeitsentgelt gefordert, dass mindestens 35 Jahre bzw. 420 Monate mit rentenrechtlichen Zeiten vorliegen. Bei diesen rentenrechtlichen Zeiten werden folgende Zeiten berücksichtigt:

  • Pflichtbeitragszeiten
  • Beitragszeiten mit freiwilligen Beiträgen
  • Anrechnungszeiten
  • Zurechnungszeiten
  • Ersatzzeiten
  • Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung
  • Berücksichtigungszeiten aufgrund einer ehrenamtlichen Pflegetätigkeit
  • Verfolgungszeiten als Pflichtbeitragszeiten bei Berechnung nach § 11 BerRehaG

Nicht zu berücksichtigende Zeiten

Bei den 35 Jahren an rentenrechtlichen Zeiten werden die Monate, welche sich aufgrund eines durchgeführten Versorgungsausgleichs errechnen, nicht berücksichtigt.

Ebenfalls werden aus einer geringfügigen und nicht rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung keine Beitragszeiten erreicht. Damit sind diese Zeiten auch keine rentenrechtlichen Zeiten, welche bei den 35 Jahren im Sinne des § 262 SGB VI berücksichtigt werden können.

Monatsdurchschnitt geringer als 0,0625 Entgeltpunkte

Damit Entgeltpunkte nach der Regelung des § 262 SGB VI gutgeschrieben werden können, muss sich aus allen vollwertigen Pflichtbeiträgen ein Monatsdurchschnitt von weniger als 0,0625 Entgeltpunkte ergeben. Das heißt, dass keine zusätzlichen Entgeltpunkte gewährt werden, wenn der Durchschnittswert aus allen vollwertigen Pflichtbeitragszeiten bereits mindestens den Wert 0,0625 erreicht. Dies gilt auch dann, wenn der Durchschnittswert nur für die vollwertigen Zeiten bis 31.12.1991 unter 0,0625 Entgeltpunkten liegen sollte.

Als vollwertige Pflichtbeitragszeiten, wie dies § 262 SGB VI fordert, sind alle Pflichtmonate zu berücksichtigen, wenn diese Zeiten nicht zugleich mit beitragsfreien Zeiten belegt sind. Zeiten, in denen der Versicherte eine Rente aus eigener Versicherung bezogen hat, gelten nach § 262 Abs. 3 SGB VI nicht als vollwertige Pflichtbeitragszeiten.

Zu einer Gutschrift an Entgeltpunkten kommt es schließlich, wenn auch der Durchschnittwert aus allen vollwertigen Pflichtbeitragszeiten bis 31.12.1991 den Wert von 0,0625 nicht erreicht.

Es sind daher folgende Schritte/Berechnungen vorzunehmen:

  1. Ermittlung, ob 35 Jahre/420 Monate an rentenrechtlichen Zeiten vorhanden sind.
  2. Berechnung, ob sich aus allen vollwertigen Pflichtbeitragszeiten ein Monatsdurchschnitt von weniger als 0,0625 Entgeltpunkten ergibt.
  3. Sollte Nr. 2 zutreffen (Durchschnittswert kleiner 0,0625 Entgeltpunkt/Monat): Berechnung, ob sich aus den vollwertigen Pflichtbeitragszeiten bis 31.12.1991 ein Monatsdurchschnitt von weniger als 0,0625 Entgeltpunkten ergibt.

Beispiel:

Ein Versicherter hat rentenrechtliche Zeiten im Umfang von 435 Monate. Von diesen 435 Monaten sind 385 Monate Zeiten mit vollwertigen Pflichtbeiträgen.

Auf alle vollwertigen Pflichtbeitragszeiten entfallen 16,6320 Entgeltpunkte. Auf die Zeiten vor dem 01.01.1992 – insgesamt 310 Monate – entfallen 12,8340 Entgeltpunkte.

Konsequenz:

Die Voraussetzung, dass mindestens 35 Jahre bzw. 420 Monate mit rentenrechtlichen Zeiten vorhanden sein müssen, wird erfüllt. Damit muss geprüft werden, ob es zur Berücksichtigung zusätzlicher Entgeltpunkte im Sinne des § 262 SGB VI kommt.

Aus den vollwertigen Pflichtbeitragszeiten errechnet sich ein Durchschnitt von (16,6320 Entgeltpunkte / 385 Monate) 0,0432 Entgeltpunkte.

Aus den Zeiten vor dem 01.01.1992 errechnen sich (12,8340 Entgeltpunkte / 310 Monate) 0,0414 Entgeltpunkte. Damit werden diese Entgeltpunkte angehoben auf (0,0414 Entgeltpunkte x 1,5 =) 0,0621 Entgeltpunkte; eine Begrenzung auf 0,0625 muss hier nicht erfolgen, da dieser Wert nicht überschritten wird.

Insgesamt ergeben sich damit für die Zeit vor dem 01.01.1992 Entgeltpunkte von (310 Monate x 0,0621) 19,2510 Entgeltpunkte. Da bereits 12,8340 Entgeltpunkte aus den geleisteten Beiträgen errechnet wurden, beträgt die Gutschrift an Entgeltpunkten nach § 262 SGB VI in diesem Fall (19,2510 – 12,8340) 6,4170 Entgeltpunkte.

Entgeltpunkte Ost

Mit § 262 Abs. 2 SGB VI wird geregelt, dass bei der Zuordnung der zusätzlich gutzuschreibenden Entgeltpunkte dann Entgeltpunkte (Ost) ergeben, wenn für diese Zeiten Entgeltpunkte (Ost) errechnet wurden. Daraus ergibt sind, dass diese zusätzlichen Entgeltpunkte mit dem aktuellen Rentenwert (Ost) multipliziert werden.

Sonderregelung für Bestandsrentner

Die Rechtsvorschrift des § 262 SGB VI wurde mit Inkrafttreten des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch am 01.01.1992 eingeführt. Mit Artikel 82 RRG 1992 (Rentenreformgesetz) wurde eine Sonderregelung für Bestandsrentner geschaffen.

Nach der Sonderregelung für Bestandsrentner wurde auch bei Renten, welche nach dem bis 31.12.1991 geltenden Rentenrechnet berechnet wurden, ein Zuschlag im Sinne des § 262 SGB VI ermittelt. Voraussetzung war, dass nach dem 31.12.1972 Pflichtbeitragszeiten vorlagen und der Rentenberechnung mindestens 35 Jahre mit anrechnungsfähigen Versicherungsjahren zugrunde lagen.

Prüfung von Rentenbescheides

Bei der Berechnung einer gesetzlichen Rente muss eine Vielzahl an Berechnungsvorschriften beachtet werden. Die oben beschriebene Berücksichtigung der Mindestentgeltpunkte ist nur ein kleiner Teil der gesamten zu beachtenden Berechnungsvorschriften.

Damit jeder Rentner sicher gehen kann, dass die berechnete Rente korrekt ermittelt und auch der Rentenbescheid rechtlich korrekt erlassen wurde, sollte jeder Rentenbescheid von einem registrierten Rentenberater überprüft werden.

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