Eigenverantwortung zur Vermeidung von Pflegebedürftigkeit
Mit der gesetzlichen Vorschrift des § 6 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) werden Versicherte aufgefordert, durch gesundheitsbewusste Lebensführung, durch frühzeitige Beteiligung an Vorsorgemaßnahmen und durch aktive Mitwirkung an der Krankenbehandlung und an Leistungen zur medizinischen Rehabilitation dazu beizutragen, Pflegebedürftigkeit zu vermeiden.
Mit dieser gesetzlichen Regelung wird die Eigenverantwortung eines einzelnen Versicherten bzw. Pflegebedürftigen aufgegriffen. § 6 SGB XI ist für die Soziale Pflegeversicherung eine parallele Bestimmung wie § 1 SGB V (Fünftes Buch Sozialgesetzbuch) für die Gesetzlichen Krankenversicherung.
Die Versicherten werden aufgefordert, die Pflegebedürftigkeit dahingehend zu vermeiden, indem sie bereits im Vorfeld darauf durch eine entsprechende Lebensführung Einfluss nehmen (s. auch BT-Drucksache 12/5262). Das bedeutet, dass jedem einzelnen Versicherten die Pflicht auferlegt wird, sich so zu verhalten und seine Lebensführung so zu gestalten, dass die Solidargemeinschaft so wenig wie möglich in Anspruch genommen werden muss. Dieses Ziel wäre dann erreicht, wenn durch die konkreten Maßnahmen eines Versicherten gar keine Pflegeleistungen beansprucht werden müssen (da es zu keinem Eintritt einer Pflegebedürftigkeit kommt).
Konkrete Maßnahmen
Die Versicherten sollen in ihrer Eigenverantwortung:
- eine gesundheitsbewusste Lebensführung anstreben,
- sich frühzeitig an Vorsorgemaßnahmen beteiligen,
- an der Krankenbehandlung aktiv mitwirken und
- Leistungen zur medizinischen Rehabilitation beanspruchen.
Sollte der Mitwirkungspflicht des § 6 SGB XI nicht nachgekommen werden, käme nach § 66 Abs. 2 SGB I in Betracht, dass die Pflegeleistungen ganz oder teilweise verweigert werden. Jedoch ergibt sich durch § 6 SGB XI für die Soziale Pflegeversicherung keine erzwingbare Rechtspflicht. Die gesetzlichen Vorschriften sehen für die Versicherten keine konkrete Verpflichtung; so kann z. B. bei Eintritt von Pflegebedürftigkeit keine Pflegeleistung verwehrt werden, weil es sich beispielsweise beim Versicherten um einen Raucher handelt oder die Pflegebedürftigkeit aufgrund der Ausübung einer gefährlichen Sportart (z. B. Paraglider-Fliegen) eingetreten ist.
Nach Eintritt der Pflegebedürftigkeit
Nach § 6 Abs. 2 SGB XI haben die Pflegebedürftigen nach Eintritt der Pflegebedürftigkeit an Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und der aktivierenden Pflege mitzuwirken. Damit soll die Pflegebedürftigkeit überwunden, gemindert oder eine Verschlimmerung verhindert werden.
Das heißt, dass auch nach dem Eintritt von Pflegebedürftigkeit für die Versicherten eine Verpflichtung zur Mitwirkung besteht.
Sofern nach Eintritt der Pflegebedürftigkeit vom Pflegebedürftigen die Mitwirkung an aktivierenden Maßnahmen der Pflege verweigert wird, können nach § 66 Abs. 2 SGB I die Leistungen entweder ganz oder teilweise versagt werden. Hier müssen jedoch die Grenzen der Mitwirkung, die in § 65 SGB I definiert sind, beachtet werden. Das heißt, dass die Pflegekasse im Einzelfall überprüfen muss, ob bei einer fehlenden Mitwirkung an aktivierenden Maßnahmen eventuelle Sanktionsmöglichkeiten umgesetzt werden können. Der Pflegebedürftige darf durch eventuelle Sanktionsmöglichkeiten nicht in eine unzumutbare Situation gebracht werden.
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