Änderungen in der Sozialen Pflegeversicherung durch das GVWG

Mit dem „Gesetz zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung“ (kurz: Gesundheits­versorgungs­weiter­entwicklungs­gesetz, GVWG) hat die bisherige Bundesregierung (Regierungskoalition aus CDU/CSU und SPD) im Juni 2021 noch bedeutende Änderungen für die Soziale Pflegeversicherung beschlossen. Das GVWG wurde vom Bundestag am Freitag, 11.06.2021 beschlossen; der Bundesrat ist nicht zustimmungspflichtig. Da das GVWG am 19.07.2021 im Bundesgesetzblatt (Bundesgesetzblatt Jahrgang 2021, Teil I Nr. 44) verkündet wurde, traten die Änderungen zum 20.07.2021 in Kraft).

Die Reform der Pflegeversicherung wurde noch kurzfristig in das GVWG aufgenommen, weshalb es kein eigenständige Reformgesetz für die Pflegeversicherung gibt. Die Neuregelungen sind damit beim Reformgesetz der Krankenversicherung mit enthalten.

Folgend sind die relevanten Änderungen zusammengefasst, welche durch das GVWG in der Sozialen Pflegeversicherung umgesetzt werden.

Erhöhung des Kinderlosenzuschlag/Bundeszuschuss

Zu einer Erhöhung des Beitragssatzes wird es zum 01.01.2022 für Kinderlose kommen.

Der Beitragssatz zur Sozialen Pflegeversicherung setzt sich aus dem allgemeinen Beitragssatz und einem Beitragszuschlag, welchen kinderlose Versicherte ab dem vollendeten 23. Lebensjahr leisten müssen (sogenannter Kinderlosenzuschlag), zusammen.

Der allgemeine Beitragssatz liegt aktuell bei 3,05 Prozent. Hier soll es ab dem 01.01.2022 zu keiner Änderung kommen.

Der Kinderlosenzuschlag liegt bei 0,25 Prozent. Dieser Kinderlosenzuschlag wird um 0,1 Prozentpunkte auf 0,35 Prozent angehoben.

Damit beträgt der Beitragssatz zur Pflegeversicherung ab dem 01.01.2022 3,05 Prozent, für Kinderlose bei 3,4 Prozent.

Da der Kinderlosenzuschlag von den Beschäftigten alleine zu tragen ist (hier erfolgt keine Beteiligung des Arbeitgebers), muss die Beitragssatzerhöhung vollständig von den betroffenen Versicherten aufgefangen werden.

Damit die Ausgaben der Pflegeversicherung zusätzlich finanziert werden, erhält die Soziale Pflegeversicherung ab dem Jahr 2022 einen Bundeszuschuss von jährlich einer Milliarde Euro.

Erhöhung der Leistungsbeträge

Die Leistungsbeträge für die Pflegesachleistung nach § 36 SGB XI werden ab dem 01.01.2022 um fünf Prozent und für die Kurzzeitpflege nach § 42 SGB V um zehn Prozent angehoben.

Für die Pflegesachleistung erhöhen sich die monatlichen Leistungsbeträge damit:

  • im Pflegegrad 2 von 689,00 Euro auf 724,00 Euro
  • im Pflegegrad 3 von 1.298,00 Euro auf 1.363,00 Euro
  • im Pflegegrad 4 von 1.612,00 Euro auf 1.693,00 Euro
  • im Pflegegrad 5 von 1.995,00 Euro auf 2.095,00 Euro.

In der Kurzzeitpflege wird der Leistungsbetrag von bislang 1.612,00 Euro auf 1.774,00 Euro erhöht. Da der Leistungsbetrag in der Verhinderungspflege von 1.612,00 Euro (der auf die Kurzzeitpflege übertragen werden kann) nicht erhöht wird, kann (bei Übertragen dieses Leistungsbetrags) für die Kurzzeitpflege ein Leistungsbetrag von maximal 3.386,00 Euro beansprucht werden.

Bei den Leistungsbeträgen der weiteren Leitungen (z. B. Pflegegeld, Verhinderungspflege, Entlastungsbetrag usw.) kommt es zu keiner Erhöhung!

Begrenzung Eigenanteil vollstationäre Pflege

Der Eigenanteil in der stationären Pflege wird ab dem 01.01.2022 für die pflegebedingten Aufwendungen begrenzt. Je länger der Pflegebedürftige vollstationäre Pflegeleistungen nach § 43 SGB XI bezieht, desto höher wird der Leistungszuschlag (nach § 43c SGB XI) zur Minimierung des zu zahlenden Eigenanteils an den pflegebedingten Aufwendungen.

Der Leistungszuschlag beträgt bei einem Bezug von vollstationären Pflegeleistungen bei

  • bis zu 12 Monaten: 5 Prozent
  • mehr als 12 Monaten: 25 Prozent
  • mehr als 24 Monaten: 45 Prozent
  • mehr als 36 Monaten: 70 Prozent

des zu zahlenden Eigenanteils an den pflegebedingten Aufwendungen.

Zum 01.01.2022 werden die Besitzstandsregelungen, welche im Rahmen des Pflegestärkungsgesetzes II (im Rahmen dessen es zu einer Überführung der Pflegestufen in die Pflegegrade zum 01.01.2017 kam) aufgehoben. Dieser Besitzstand gilt für Pflegedürftige, die bereits Ende 2016 vollstationäre Pflegeleistungen bezogen haben. Mit der ab 01.01.2022 eingeführten Begrenzung des Eigenanteils für pflegebedingte Aufwendungen haben die Besitzstandsregelungen keine Bedeutung mehr, weshalb sie aufgehoben werden.

Personalschlüssel in Pflegeheimen

Mit dem Gesundheits­versorgungs­weiter­entwicklungs­gesetz wird ein bundeeinheitlicher Personalschlüssel angestrebt. Anhand der jeweiligen Bewohnerstruktur wird mit einem neuen Personalbemessungsverfahren für jedes Pflegeheim der Personalbedarf berechnet. Die Pflegeheime sollen bis zu 20.000 zusätzliche Pflegehilfskräfte einstellen können.

Bundeseinheitliche Personalanhaltszahlen sollen ab dem 01.07.2023 die Einstellung von weiterem Personal ermöglichen.

Zulassung von Pflegeeinrichtungen

Mit den Pflegeeinrichtungen dürfen ab dem 01.09.2022 nur noch dann Versorgungsverträge abgeschlossen werden, wenn diese ihren Arbeitnehmern, welche Leistungen der Pflege oder Betreuung von Pflegebedürftigen erbringen, ein Arbeitsentgelt mindestens in Höhe des Tarifvertrags oder einer kirchenarbeitsrechtlichen Regelung zahlen.

Kostenerstattungsansprüche nach Tod des Versicherten

Durch die Änderung bzw. Ergänzung der Rechtsvorschrift des § 35 SGB XI können Ansprüche auf Kostenerstattung bis zu zwölf Monate nach dem Tod des Pflegebedürftigen geltend gemacht werden.

Die Ansprüche auf Kostenerstattung enden grundsätzlich mit dem Tod des Versicherten, sofern zum Zeitpunkt des Todes die Ansprüche noch nicht anerkannt waren oder ein Verwaltungsverfahren anhängig war. Durch die Neuregelung können nun die Erben bis zu zwölf Monate nach dem Tod noch Ansprüche auf Kostenerstattung geltend machen.

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