Leistungsbeginn der Pflegeleistungen nach § 33 Abs. 1 SGB XI

Aus der Sozialen Pflegeversicherung können Leistungen nur dann gewährt werden, wenn diese beantragt werden. Dabei spielt der Zeitpunkt der Beantragung für den Leistungsbeginn eine bedeutende Rolle. Denn nach § 33 Abs. 1 Satz 2 Elftes Buch Sozialgesetzbuch – SGB XI – werden die Leistungen ab Antragstellung gewährt, frühestens allerdings von dem Zeitpunkt an, von welchem an die Anspruchsvoraussetzungen vorliegen. Wird der Antrag auf die Pflegeleistungen später als einen Monat nach Eintritt der Pflegeleistungen gestellt, werden nach § 33 Abs. 1 Satz 3 SGB XI die Leistungen vom Beginn des Monats der Antragstellung gewährt.

Antragstellung

Die Rechtsvorschrift des § 33 Abs. 1 SGB XI, aber auch des § 19 Satz 1 SGB IV schreibt vor, dass die Leistungen aus der Pflegeversicherung beantragt werden müssen. Die Situation von pflegebedürftigen Menschen bringt es jedoch häufig mit sich, dass diese nicht selbst den Antrag auf Pflegeleistungen stellen können. Daher muss die Pflegekasse auch den Antrag eines Betreuers, eines Bevollmächtigten oder eines Vormundes akzeptieren. Im Sozialrecht gilt im Allgemeinen der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (vgl. § 20 SGB X). Daher gilt als Antrag auf Pflegeleistung jede Information von Dritten, die der Pflegekasse zugeht und der Versicherte dem Vorliegen des Antrags nicht widerspricht.

Wird der Antrag bei einem unzuständigen Leistungsträger, bei einer amtlichen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland im Ausland oder bei einer Gemeinde gestellt, gilt der Antrag entsprechend § 16 Abs. 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch mit dem Tag gestellt, an dem er bei der unzuständigen Stelle eingeht. Dies gilt auch für Anträge, die bei einem Pflegeberater nach § 7a SGB IX gestellt werden.

Erstantrag auf Pflegeleistungen

Die Leistungen aus der Sozialen Pflegeversicherung werden ab dem Zeitpunkt gewährt, ab dem die Antragstellung erfolgt ist, frühestens von dem Zeitpunkt an, ab dem die Anspruchsvoraussetzungen vorliegen. Bei verspäteter Antragstellung – mehr als einem Monat nach Beginn der Pflegebedürftigkeit – werden die Leistungen frühestens ab dem Monat der Antragstellung gewährt.

Beispiel 1:

Der Antrag auf die Pflegeleistungen wird am 28.02. gestellt. Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung stellt am 22.03. fest, dass ab dem 07.02. Pflegebedürftigkeit vorliegt.

Konsequenz:

Der Anspruch auf die Pflegeleistungen besteht ab dem 28.02.

Beispiel 2:

Am 09.02. wird der Antrag auf die Pflegeleistungen gestellt. Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung stellt am 19.03. fest, dass ab dem 01.03. Pflegebedürftigkeit vorliegt.

Konsequenz:

Der Anspruch auf die Pflegeleistungen besteht ab dem 01.03.

Wenn nach dem Eintritt der Pflegebedürftigkeit mehr als einen Monat später der Antrag auf die Pflegeleistungen gestellt wird, kann die Leistungsgewährung erst ab Beginn des Antragsmonats einsetzen. Die Monatsfrist wird entsprechend § 26 SGB X in Verbindung mit den §§ 187 bis 193 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ermittelt. Jedoch kann sich die Regelung des § 33 Abs. 1 Satz 3 SGB XI für die Pflegebedürftigen nachteilig auswirken.

Beispiel 3:

Der Antrag auf Pflegeleistungen wird am 12.03. gestellt. Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung stellt am 08.05. fest, dass Pflegebedürftigkeit bereits ab dem 15.02 vorliegt.

Konsequenz:

Bei einer strikten Auslegung des § 33 Abs. 1 Satz 3 SGB XI wäre in dem Beispiel der Tag der Antragstellung – also der 12.03. – auch der Tag des Leistungsbeginns. Da dieses Ergebnis nicht der Intention des Gesetzgebers entspricht, beginnt auch bei dieser Fallgestaltung der Leistungsanspruch auf die Pflegeleistungen mit dem 1. des Antragsmonats, in diesem Fall also mit dem 01.03.

Leistungsbeginn bei Höherstufungsanträgen

Wird eine höhere Pflegestufe beantragt oder wird eine höhere Pflegestufe aufgrund einer von der Pflegekasse veranlassten Nachuntersuchung festgestellt, wird die höhere Pflegestufe mit dem Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse umgesetzt. Dies ergibt sich aus § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X. Diese Rechtsvorschrift schreibt vor, dass ein Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an aufgehoben werden soll, soweit die Änderung zu Gunsten des Betroffenen erfolgt.

Der Verwaltungsakt bzw. Bewilligungsbescheid der bisherigen (niedrigeren) Pflegestufe ist damit mit dem Zeitpunkt aufzuheben, zu dem der Medizinische Dienst der Krankenversicherung eine höhere Pflegestufe bestätigt. Wann der Antrag auf die Höherstufung – Antrag auf Anerkennung einer höheren Pflegestufe – gestellt wurde, ist in diesem Fall irrelevant.

Beispiel 4:

Ein Pflegebedürftiger erhält die Pflegeleistungen nach der Pflegestufe I seit dem 01.03. Am 15.10. stellt er einen Antrag auf Gewährung der Pflegeleistungen nach einer höheren Pflegestufe – nach der Pflegestufe II bzw. Pflegestufe III – da sich sein Gesundheitszustand verschlechtert bzw. der Pflegebedarf erhöht hat.

Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung führt am 05.11. eine Begutachtung im häuslichen Bereich des Pflegebedürftigen durch und stellt fest, dass ab dem 01.08. die Voraussetzungen zur Anerkennung der Pflegestufe II vorliegen.

Konsequenz:

Der Versicherte hat bereits ab dem 01.08. einen Anspruch auf Gewährung der Pflegeleistungen nach der Pflegestufe II. Das Datum der Antragstellung auf die höheren Pflegeleistungen ist in diesem Fall nicht ausschlaggebend.

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