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Pflegekassen müssen barrierefreien Gartenzugang für Kinder übernehmen

Am 17.07.2008 sprach das Bundessozialgericht unter dem Aktenzeichen B 3 P 12/07 R ein Urteil, mit dem über die Klage von Eltern pflegebedürftiger Zwillinge entschieden wurde. Die Eltern wollten von der zuständigen Pflegekasse eine Kostenübernahme für einen barrierefreien Zugang in den Garten im Rahmen des § 40 Sozialgesetzbuch Elftes Buch – SGB XI – die jedoch abgelehnt wurde. Als Begründung führte die Pflegekasse aus, dass bereits im Jahr 2004 eine Zuschussgewährung für eine wohnumfeldverbessernde Maßnahme nach § 40 Abs. 4 SGB XI für einen Behindertenaufzug erfolgte und damit der mögliche Höchstbetrag ausgeschöpft ist. Ein barrierefreier Gartenzugang konnte daher nicht mehr bezuschusst werden.

Die Kosten für den barrierefreien Gartenzugang, der durch den Bau einer Rollstuhlrampe erreicht wird, betragen ohne Mehrwertsteuer 3.100 Euro. Die beiden pflegebedürftigen Kinder leiden an einer fortgeschrittenen Muskeldystrophie und erhalten Pflegeleistungen nach der Pflegestufe III.

Wohnumfeldverbessernde Maßnahmen

§ 40 Abs. 4 SGB XI beschreibt, dass die Pflegekassen subsidiär finanzielle Zuschüsse für wohnumfeldverbessernde Maßnahmen übernehmen müssen. Dies ist dann der Fall, wenn das individuelle Wohnumfeld des Pflegebedürftigen so verbessert wird, dass die häusliche Pflege im Einzelfall ermöglicht, erheblich verbessert oder eine weitestgehend selbstständige Lebensführung des Betroffenen wiederhergestellt wird.

Je Maßnahme beträgt der maximale Zuschuss 2.557 Euro. Von den entstehenden Kosten muss der Versicherte 10 Prozent selbst tragen. Der Eigenanteil ist jedoch dahingehend begrenzt, dass dieser maximal 50 Prozent des monatlichen Einkommens betragen muss.

Die Klageverfahren

Aufgrund dessen, dass die Pflegekasse die Voraussetzungen für die Bezuschussung des barrierefreien Gartenzugangs nicht sah, beschritten die Eltern den Klageweg. Sie waren der Auffassung, dass ihre Zwillinge ein elementares Grundbedürfnis haben, in den Garten zu kommen. Dies sei jedoch ohne Rampe selbstständig nicht möglich. Vielmehr müssten die Kinder in den Garten getragen werden. Zwar könne der Garten auch über die rückwärtige Gartentüre erreicht werden. Hierzu muss jedoch ein Weg von ungefähr 200 Metern zurückgelegt werden. Auch dies ist den pflegebedürftigen Zwillingen nicht zumutbar.

Das zuständige Sozialgericht und das zuständige Landessozialgericht gaben mit ihren Urteilen der Pflegekasse Recht. Daraufhin legten die Eltern die zugelassene Revision zum Bundessozialgericht ein, welches am 17.07.2008 per Urteil (Az. B 3 P 12/07 R) entschied.

Wohnumfeldverbesserung grundsätzlich nicht für Garten

Wie bereits das Bundessozialgericht festgestellt hat, zählen Maßnahmen außerhalb des Haushalts nicht zu den wohnumfeldverbessernden Maßnahmen im Sinne des SGB XI. Eine Ausnahme liegt vor, wenn damit elementare Bedürfnisse befriedigt werden. Eine behindertengerechte Gartengestaltung wird demnach nicht übernommen, da Barrieren im Garten nicht gegen einen Verbleib im häuslichen Umfeld stehen. Jedoch ist bei Kindern und Jugendlichen aufgrund der notwendigen Bewegung im Freien, also auch im eigenen Garten, der Maßstab höher anzulegen. Wie das BSG ausführt, werden bei Kindern und Jugendlichen auch die Tatbestandsvoraussetzungen bei einem barrierefreien Zugang zum Garten grundsätzlich erfüllt.

Auch wenn ein Garten ohne Barrieren als Wohnumfeldverbesserung im Sinne des SGB XI gesehen werden kann, hatte das BSG ein für die klagenden Eltern negatives Urteil gesprochen. Denn Zuschüsse können nur je Maßnahme von maximal 2.557 Euro geleistet werden. Dieser Betrag wurde bereits mit der Bezuschussung des Behindertenaufzuges im Jahr 2004 voll ausgeschöpft.

Werden mehrere Einzelmaßnahmen beantragt, gelten diese als eine Gesamtmaßnahme im Rechtssinne. Das gilt auch dann, wenn die Maßnahmen zeitlich nacheinander durchgeführt werden bzw. nicht in einem Auftrag gemeinsam vergeben werden. Ein nochmaliger Zuschuss kommt erst dann in Betracht, wenn im Laufe der Zeit weitere Maßnahmen zur Wohnumfeldverbesserung notwendig werden, weil sich die Pflegesituation objektiv geändert hat. Die neue Umbaumaßnahme muss als notwendig erachtet werden und bei der ersten Umbaumaßnahme noch nicht erforderlich gewesen sein.

Kein doppelter Zuschuss bei Zwillingen

Ein nochmaliger bzw. weiterer Zuschuss in Höhe von 2.557 Euro kann sich auch nicht aus der Tatsache ergeben, dass die Eltern zwei pflegebedürftige Kinder haben. Denn Bezugspunkt für die Leistungsgewährung ist das individuelle Wohnumfeld und die daraus resultierende Notwendigkeit der Veränderung, die für den Verbleib des Pflegebedürftigen in der häuslichen Umgebung erforderlich sind. Der Zuschuss wird also nicht anhand der Anzahl der betroffenen Pflegebedürftigen gewährt. Eine andere Situation würde sich nur dann ergeben, wenn verschiedene Pflegebedürftige verschiedene Maßnahmen zur Wohnumfeldverbesserung benötigen. In diesem Fall ist auch eine mehrmalige Bezuschussung durch die Pflegekasse möglich.

Fazit

Ein Umbau zu einem barrierefreien Gartenzugang kann bei Kindern und Jugendlichen grundsätzlich als wohnumfeldverbessernde Maßnahme im Sinne des § 40 Abs. 4 SGB XI geltend gemacht werden. Bei Erwachsenen sind Umbaumaßnahmen im Garten grundsätzlich nicht möglich, da der Garten nicht der Befriedung elementarer Bedürfnisse dient.

Ein Zuschuss für eine Wohnumfeldverbesserung wird pro Maßnahme nur einmal gewährt. Als eine Maßnahme zählen auch verschiedene Einzelmaßnahmen die zu einem Zeitpunkt objektiv erforderlich werden.

Auch wenn die Ansprüche von zwei Kindern, die in gleicher Weise behindert sind, getrennt zu beurteilen sind – wie z. B. der Anspruch auf das Pflegegeld – zählt dies nicht bei den wohnumfeldverbessernden Maßnahmen. Wenn die gleiche Umbaumaßnahme für beide Kinder erforderlich wird, ist diese als eine Maßnahme zu werten mit der Folge, dass auch nur einmal der Zuschuss von 2.557 Euro geleistet werden kann.

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