Eine stationäre Leistung nach § 43b SGB XI

§ 43 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) sieht für Pflegebedürftige in stationären Einrichtungen einen Anspruch auf zusätzliche Betreuung und Aktivierung vor.

Historie

Bislang (bis 31.12.2016) war der Anspruch auf die zusätzliche Betreuung und Aktivierung in stationärer Pflege in § 87b SGB XI geregelt und war lediglich als vergütungsrechtliche Regelung ausgestaltet. Das bedeutet, dass die stationären Pflegeeinrichtungen bei Erfüllung bestimmter Voraussetzungen einen Anspruch auf eine Vereinbarung leistungsrechtlicher Zuschläge hatten, welche zusätzlich zur Pflegevergütung gezahlt wurden.

Der anspruchsberechtigte Versicherte hatte erst mit der Zahlung des Vergütungszuschlags, den die Pflegekasse an die stationäre Einrichtung geleistet hat, einen Anspruch auf die Erbringung der zusätzlichen Betreuung und Aktivierung. Einen Individualanspruch, also einen Anspruch auf die Gewährung des Vergütungszuschlags gegenüber der Pflegekasse hatte der Versicherte nicht.

Mit dem 01.01.2017 sind die fünf Pflegegrade in Kraft getreten, welche mit dem Zweiten Pflegestärkungsgesetz (PSG II) umgesetzt werden und die bisherigen drei Pflegestufen ersetzten. Durch die Pflegereform, im Rahmen derer es zu grundlegenden Änderungen im Recht der Sozialen Pflegeversicherung kam (der Begriff der Pflegebedürftigkeit wird völlig neu definiert: s. Pflegebedürftigkeit | Definition ab 2017), wurde auch der Anspruch auf die zusätzliche Betreuung und Aktivierung in stationären Einrichtungen neu geregelt.

Grundsätzlich werden körperliche, kognitive und psychische Beeinträchtigungen sowohl bei der Bestimmung des Pflegegrades als auch beim Zugang zu den Pflegeleistungen ab dem Jahr 2017 gleich behandelt. Damit hätte vom Grundsatz auch keine Notwendigkeit mehr bestanden, das bisherige Angebot an zusätzlicher Betreuung und Aktivierung weiterzuführen. Da jedoch sichergestellt werden musste, dass auch über den 31.12.2016 hinaus die zusätzliche Betreuung und Aktivierung stattfindet, wurde ab dem 01.01.2017 mit § 43b SGB XI eine neue Rechtsvorschrift geschaffen. Damit wurde der Anspruch auf die zusätzliche Betreuung und Aktivierung in Form der Zahlung eines Vergütungszuschlags an die stationäre Einrichtung zu einem Individualanspruch des Versicherten. Durch diesen Individualanspruch ändert sich am Inhalt der Leistung im Vergleich zur bisherigen § 87b-Leistung nichts.

Anspruchsvoraussetzungen

Einen Anspruch auf die zusätzliche Betreuung und Aktivierung in einer stationären Einrichtung haben alle Pflegebedürftigen, für die einer der Pflegegrade 1 bis 5 bestätigt ist. Das heißt, dass auch Pflegebedürftige im Pflegegrad 1 einen Anspruch auf den Zuschlag nach § 43b SGB XI haben; bei diesem Personenkreis liegt nur eine geringe Beeinträchtigung der Selbstständigkeit und der Fähigkeiten vor, weshalb hier nur ein eingeschränkter Anspruch auf die Leistungen der Sozialen Pflegeversicherung besteht.

Sollte für Pflegebedürftige bereits vor dem 01.01.2017 ein Vergütungszuschlag nach § 87b SGB XI geleistet worden sein, ist eine gesonderte Antragstellung nicht erforderlich.

Der Zuschlag nach § 43b SGB XI muss von allen Versicherten beantragt werden, wenn ab dem 01.01.2017 ein Antrag auf stationäre Leistungen gestellt wird. Die Pflegekassen gehen in diesen Fällen, in denen eine stationäre Leistung beantragt wird, davon aus, dass konkludent auch ein Antrag nach § 43b SGB XI gestellt wird.

Als stationäre Einrichtung, in der die zusätzliche Betreuung und Aktivierung erfolgen muss, gelten:

  • vollstationäre Pflegeeinrichtungen,
  • Einrichtungen der Kurzzeitpflege und
  • teilstationäre Pflegeeinrichtungen (Einrichtungen der Tages- oder Nachtpflege).

Die stationären Einrichtungen müssen ab dem 01.01.2017 ein entsprechendes Angebot an zusätzlicher Betreuung und Aktivierung vorhalten. Auf das Angebot müssen die Versicherten (nach § 85 Abs. 8 SGB XI) nachprüfbar im Rahmen der Vertragsverhandlungen und beim Vertragsabschluss hingewiesen werden.

In den Fällen, in denen in einer teilstationären Einrichtung (Tages- oder Nachtpflege) oder in einer Einrichtung der Kurzzeitpflege ein Anspruch auf den Entlastungsbetrag nach § 45b SGB XI besteht, besteht auch ein Anspruch auf die zusätzliche Betreuung und Aktivierung.

Ebenso besteht ein Anspruch auf die zusätzliche Betreuung und Aktivierung, wenn für die Finanzierung der Kurzzeitpflege die Leistungsansprüche aus der Verhinderungspflege herangezogen werden. Gleiches gilt, wenn die Kurzzeitpflege mit dem Pflegegeld oder mit eigenen Mitteln vom Versicherten finanziert wird.

Durch den Vergütungszuschlag nach § 43b SGB XI werden die Leistungsansprüche auf die stationäre Leistung nicht geschmälert.

Besonderheit

Bis zum 31.12.2016 wurde auch für (rüstige) Versicherte der Vergütungszuschlag nach § 87b SGB XI geleistet, wenn keine Pflegebedürftigkeit und keine eingeschränkte Alltagskompetenz vorlagen. Voraussetzung war lediglich, dass ein grundpflegerischer Hilfebedarf von mindestens einer Minute vorlag. Diese Personenkreise haben ab dem 01.01.2017 keinen Anspruch mehr auf den Vergütungszuschlag nach § 43b SGB XI. Daher erhalten die stationären Einrichtungen auch keinen Vergütungszuschlag mehr.

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