Die Familienversicherung nach § 10 SGB V

Nach § 10 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) haben unter bestimmten Voraussetzungen Ehegatten, Lebenspartner, Kinder von Mitgliedern und Kinder von familienversicherten Kindern einen Anspruch auf eine (kostenfreie) Familienversicherung.

Bei der Familienversicherung handelt es sich für die Familienangehörigen um eine eigenständige Versicherung. Die Versicherung tritt kraft Gesetzes mit dem Tag ein, an dem die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt werden. Allerdings ist die Familienversicherung an das Mitgliedschaftsverhältnis des Mitglieds gebunden. Dementsprechend endet die Familienversicherung mit dem Ende der Mitgliedschaft des Mitglieds bzw. mit dem Tag, an dem die gesetzlichen Voraussetzungen nicht mehr erfüllt werden.

Die Familienversicherung bildet eines der wichtigsten Säulen des Solidaritätsprinzips der Gesetzlichen Krankenversicherung. Zugleich ist die kosten- bzw. beitragsfreie Familienversicherung ein wesentliches Abgrenzungskriterium zur Privaten Krankenversicherung, wo auch für Familienangehörige gesondert Beiträge/Prämien zu leisten sind.

Die Kosten- bzw. Beitragsfreiheit einer Person, die nach § 10 SGB V familienversichert ist, ergibt sich aus § 3 Satz 3 SGB V; in dieser Rechtsvorschrift ist geregelt, dass für versicherte Familienangehörige keine Beiträge erhoben werden.

Voraussetzungen für eine Familienversicherung

Damit ein Anspruch auf eine Familienversicherung realisiert werden kann, müssen die folgend aufgeführten Voraussetzungen erfüllt werden.

Die zu familienversichernde Person:

  • muss den Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben,
  • darf nicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 1, 2, 3 bis 8, 11 oder 12 oder nicht freiwillig versichert sein,
  • darf nicht versicherungsfrei oder nicht von der Versicherungspflicht befreit sein, wobei die Versicherungsfreiheit nach § 7 SGB V außer Betracht bleibt,
  • darf nicht hauptberuflich selbstständig tätig sein und
  • darf kein Gesamteinkommen haben, welches regelmäßig im Monat ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße (§ 18 SGB IV) überschreitet.

Die Voraussetzungen im Einzelnen

Wohnsitz/gewöhnlicher Aufenthalt im Inland

Damit für einen Familienangehörigen ein Anspruch auf die Familienversicherung bestehen kann, muss der Wohnsitz im Inland sein. Alternativ kann auch der gewöhnliche Aufenthalt im Inland sein.

Den Wohnsitz hat eine Person dort, wo eine Wohnung unter solchen Umständen besteht, die darauf schließen lassen, dass die Wohnung beibehalten wird oder benutzt wird.

Den gewöhnlichen Aufenthalt hat eine Person dort, wo sie sich gewöhnlich aufhält und die Umstände erkennen lassen, dass sie sich an diesem Ort bzw. in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend aufhält.

Hält sich eine Person vorübergehend im Ausland auf, steht dies dem gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland nicht entgegen, wenn der Lebensmittelpunkt nach den Umständen des Einzelfalls weiterhin in Deutschland ist.

Mit Urteil vom 22.03.1988, Az. 8/5 a RKn 11/87 kam das Bundessozialgericht zu dem Ergebnis, dass bei einem Auslandsstudium der gewöhnliche Aufenthalt in Deutschland ist, wenn nach Abschluss des Studiums prognostisch die Rückkehr nach Deutschland geplant ist, in den Semesterferien der Student wieder in seinen Heimatort kommt, die Aufenthaltsgenehmigung im Ausland begrenzt ist oder der Student z. B. im Elternhaus weiterhin ein eigenes Zimmer hat.

Keine Pflichtversicherung/freiwillige Versicherung

Besteht für eine Person bzw. für einen Familienangehörigen eine Versicherungspflicht oder ist diese freiwillig krankenversichert, verdrängt diese Versicherung die Familienversicherung bzw. schließt diese aus. Der Ausschlusstatbestand gilt allerdings nicht für Studenten und Praktikanten, da § 5 Abs. 1 Nr. 9 und Nr. 10 SGB V in § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V nicht genannt werden.

Keine Versicherungsfreiheit/Befreiung von der Versicherungspflicht

Weitere Ausschlusstatbestände für eine Familienversicherung liegen vor, wenn für eine Person Krankenversicherungsfreiheit nach § 6 SGB V vorliegt und eine Befreiung von der Krankenversicherungspflicht erfolgt ist.

Krankenversicherungsfreiheit liegt beispielsweise bei Beschäftigten vor, deren regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt die Jahresarbeitsentgeltgrenze übersteigt (s. auch: Versicherungsfreiheit von höher verdienenden Arbeitnehmern). Des Weiteren liegt Krankenversicherungsfreiheit z. B. für Beamte, Richter, Soldaten auf Zeit vor.

Bestimmte Personen können sich von der Krankenversicherungspflicht befreien lassen, wenn diese versicherungspflichtig werden. Die Rechtsgrundlage hierfür ist § 8 SGB V. Beispielsweise können sich unter bestimmten Voraussetzungen Personen befreien lassen, die wegen Änderung der Jahresarbeitsentgeltgrenze oder durch den Bezug von Arbeitslosengeld oder Unterhaltsgeld krankenversicherungspflichtig werden (s. auch: Befreiung von der Krankenversicherungspflicht).

Keine hauptberufliche Selbstständigkeit

Für Personen, die eine hauptberufliche Selbstständigkeit ausüben, ist nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB V keine Familienversicherung möglich. Der Gesetzgeber geht bei diesem Personenkreis davon aus, dass diesem eine Eigenvorsorge hinsichtlich des Krankenversicherungsschutzes zumutbar ist.

Hauptberuflich selbstständig wird eine Erwerbstätigkeit dann ausgeübt, wenn diese von der wirtschaftlichen Bedeutung und dem zeitlichen Aufwand her die übrigen Erwerbstätigkeiten zusammen deutlich übersteigt und den Mittelpunkt der Erwerbstätigkeit darstellt. Bei der Beurteilung, ob eine selbstständige Erwerbstätigkeit hauptberuflich ausgeübt wird, müssen die tatsächlichen Verhältnisse im Einzelfall herangezogen werden.

Tagespflegepersonen gelten für die Zeit bis 31.12.2018 nicht als hauptberuflich selbstständig Tätige, wenn sie bis zu fünf gleichzeitig anwesende, fremde Kinder in Tagespflege betreuen. Daher ist bis 31.12.2018 auch ein Anspruch auf Familienversicherung nicht ausgeschlossen. Diese Regelung hinderte die Betroffenen, einen Versicherungsschutz mit Krankengeldanspruch herbeizuführen, da hierfür – freiwillige Krankenversicherung mit Anspruch auf Krankengeld – eine hauptberufliche selbstständige Tätigkeit Voraussetzung ist. Stellt die Tätigkeit als Tagespflegeperson vom zeitlichen Aufwand und der wirtschaftlichen Bedeutung eine hauptberufliche selbstständige Tätigkeit dar, führt dies ab dem 01.01.2019 zum Ausschluss aus der Familienversicherung. Die Betroffenen können sich dann freiwillig krankenversichern, auch mit Anspruch auf Krankengeld.

Kein Überschreiten einer bestimmten Gesamteinkommensgrenze

Damit eine Person in den Genuss einer Familienversicherung kommen kann, darf diese kein Gesamteinkommen haben, welches eine gesetzlich definierte Einkommensgrenze überschreitet.

Die Einkommensgrenze liegt grundsätzlich bei einem Siebtel der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 SGB IV. Da diese Grenze jährlich an die Einkommensentwicklung angepasst wird, erhöht sich diese auch immer zum 01.01. eines Jahres. Die Einkommensgrenze ist damit dynamisch gestaltet. Im Kalenderjahr 2020 lag die Grenze bei monatlich 455,00 Euro, in den Kalenderjahren 2021 und 2022 bei 470,00 Euro und im Kalenderjahr 2023 bei monatlich 485,00 Euro. Im Kalenderjahr 2024 liegt die Grenze bei monatlich 505,00 Euro.

Ab dem 01.10.2022 gilt für Angehörige, die eine geringfügige Beschäftigung ausüben, eine gesonderte Hinzuverdienstgrenze (s. unten).

Als Gesamteinkommen zur Beurteilung des Familienversicherungsanspruchs werden Renten mit ihrem Zahlbetrag und ohne den auf Entgeltpunkte für Kindererziehungszeiten entfallenden Teil berücksichtigt. Beim Zahlbetrag handelt es sich um die Brutto-Rente (also vor Abzug der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung der Rentner). Der Renten-Zahlbetrag, der aus Kindererziehungszeiten resultiert, wird ebenfalls nicht beim Gesamteinkommen zur Beurteilung des Anspruchs auf eine Familienversicherung berücksichtigt.

Renten aus privaten Rentenversicherungen werden nach dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 25.01.2006 (Az. B 12 KR 10/04 R, USK 2006-1) beim Gesamteinkommen berücksichtigt. Die Renten aus privaten Rentenversicherungen werden mit ihrem Zahlbetrag (nicht mit dem steuerpflichtigen Betrag) berücksichtigt.

Wurde vom Familienangehörigen eine geringfügige Beschäftigung – ein sogenannter Minijob – ausgeübt, betrugt die Einkommensgrenze bis 31.12.2019 einheitlich 450,00 Euro monatlich. Das heißt, dass bei Ausübung eines Minijobs die Einkommensgrenze von einem Siebtel der monatlichen Bezugsgröße nicht maßgebend war. Da im Kalenderjahr 2020 jedoch ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße den Betrag von 450,00 Euro überschreitet, kommt es nicht mehr zu dem beabsichtigten Vorteil für geringfügig Beschäftigte. Mit dem „Siebten Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze im Versicherungs-, Melde- und Beitragsbereich“ (veröffentlicht im Bundesgesetzblatt Teil I Nr. 28 vom 23.06.2020, S. 1248 ff) wurde der Wegfall dieser besonderen Einkommensgrenze rückwirkend zum 01.01.2020 gesetzlich umgesetzt.

Mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz, kurz: TSVG wurde ab dem 11.05.2019 eine Änderung bezüglich Abfindungen, Entschädigungen oder ähnlichen Leistungen (Entlassungsentschädigungen) eingeführt, welche aufgrund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses geleistet werden. Bislang führten diese nur dann zum Ausschluss der Familienversicherung, wenn diese monatlich gewährt wurden. Einmalige oder in einzelnen Teilbeträgen ausgezahlte Entlassungsentschädigungen wurden hingegen nicht bei der Einkommensgrenze für die Familienversicherung berücksichtigt und führten damit im Regelfall auch nicht zum Ausschluss der Familienversicherung. Diese Ungleichbehandlung wurde aufgehoben. Das heißt, dass die Entlassungsentschädigungen, welche wegen der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses in Form von nicht monatlich wiederkehrenden Leistungen gezahlt werden, bei der Einkommensanrechnung berücksichtigt werden; hier wird also ein fingierter Bezug der Einmalzahlung als laufende Zahlung berücksichtigt. Der Zeitraum, für den die Familienversicherung ausgeschlossen ist, wird errechnet, indem die Entschädigungssumme durch das Arbeitsentgelt, welches zuletzt erzielt wurde, dividiert wird.

Angehörige, die eine geringfügige Beschäftigung ausüben (ab 10/2022)

Zum 01.10.2022 wurde die Hinzuverdienstgrenze für Angehörige, die eine geringfügige Beschäftigung ausüben, ebenfalls dynamisch angelegt, jedoch von der Entwicklung der Durchschnittsentgelte entkoppelt. Für diesen Personenkreis gilt damit nicht mehr ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße, sondern führt ein Gesamteinkommen bis zur neuen dynamischen Geringfügigkeitsgrenze nach § 8 Abs. 1a SGB IV nicht mehr zum Ausschluss aus der Familienversicherung. Die Rechtsgrundlage für diese neue dynamische Hinzuverdienstgrenze für Angehörige, die eine geringfügige Beschäftigung ausüben, ist § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 Teilsatz 4 SGB IV). Diese Änderung erfolgte im Rahmen des „Gesetzes zur Erhöhung des Schutzes durch den gesetzlichen Mindestlohn und zu Änderungen im Bereich der geringfügigen Beschäftigung“ vom 28.06.2022. Mit dieser Regelung wird sichergestellt, dass geringfügig Beschäftigte, von denen die weiteren Voraussetzungen für eine Familienversicherung erfüllt werden, nicht von der Familienversicherung ausgeschlossen werden, wenn diese die neue Geringfügigkeitsgrenze ausschöpfen.

Ab Oktober 2022 liegt eine geringfügige Beschäftigung vor, wenn das monatliche Entgelt 520,00 Euro nicht überschreitet. Damit können Angehörige, die eine geringfügige Beschäftigung ausüben, ab Oktober 2022 ein regelmäßiges Gesamteinkommen bis zu 520,00 Euro monatlich erzielen, ohne dass dies zum Ausschluss der Familienversicherung führt. Im Kalenderjahr 2024 liegt diese Einkommensgrenze bei 538,00 Euro und im Kalenderjahr 2025 bei 556,00 Euro.

Wird es künftig zu einer Erhöhung des Mindestlohns kommen, gilt eine höhere Hinzuverdienstgrenze und damit auch eine höhere Einkommensgrenze für die Familienversicherung.

Hintergrund: Die Geringfügigkeitsgrenze wurde dahingehend ab Oktober 2022 dynamisch gestaltet, dass diese an den jeweiligen Mindestlohn gekoppelt ist. Das bedeutet, dass die Geringfügigkeitsgrenze künftig immer auch dann erhöht wird, wenn es zu einer Erhöhung des Mindestlohns kommt. Ab Oktober 2022 beträgt der gesetzliche Mindestlohn 12,00 Euro. In diesem Zusammenhang wird von einer Zehn-Stunden-Woche ausgegangen, aus der sich dann die Grenze von 520,00 Euro (10 Stunden x 13 Wochen / 3 Monate x 12,00 Euro) errechnet.

Personenkreis

In den Genuss der Familienversicherung können folgende Personen kommen:

  • Ehegatten und Lebenspartner nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz,
  • Kinder von Mitgliedern,
  • Kinder von familienversicherten Kindern,
  • den Kindern gleichgestellte Stiefkinder, Enkel, Pflegekinder und Adoptionspflegekinder.

Ehegatten und Lebenspartner

Der Personenkreis, für den eine Familienversicherung nach § 10 SGB V möglich ist, umfasst die Ehegatten. Das heißt, dass eine rechtsgültige Ehe bestehen muss. Personen, die in einer eheähnlichen Partnerschaft leben, können nicht familienversichert werden. Dies hat der Gesetzgeber ausdrücklich und gewollt in dieser Art geregelt und auf den nach Artikel 6 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG) geschützten Personenkreis (Ehe und Familie) begrenzt.

Neben Ehegatten können auch Lebenspartner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft familienversichert werden. Mit Artikel 3 § 52 des „Gesetzes zur Beendigung der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Gemeinschaften: Lebenspartnerschaften“ wurde die Möglichkeit der Familienversicherung auch auf den Personenkreis der Lebenspartner ausgedehnt. Die Möglichkeit besteht ab dem Zeitpunkt, ab dem die Lebenspartnerschaft im Sinne des § 1 Abs. 1 LPartG begründet wird. Andere bzw. sonstige nichteheliche oder nicht eingetragene Lebenspartnerschaften können für eine Familienversicherung keine Berücksichtigung finden.

Kinder von Mitgliedern

Bei Kindern sieht der Gesetzgeber verschiedene Altersgrenzen vor, bis zu denen ein Anspruch auf die Familienversicherung – sofern alle weiteren Voraussetzungen erfüllt werden – möglich ist. Zudem gibt es mit den behinderten Menschen einen Personenkreis, der ohne Altersgrenzen familienversichert werden kann.

Altersgrenze: Vollendung des 18. Lebensjahres

Kinder können, ohne dass weitere Voraussetzungen im Zusammenhang mit der Altersgrenze erfüllt werden müssen, bis zum vollendeten 18. Lebensjahr familienversichert werden.

Altersgrenze: Vollendung des 23. Lebensjahres

Bis längstens zum vollendeten 23. Lebensjahr können Kinder auch über das 18. Lebensjahr hinaus familienversichert werden, wenn sie nicht erwerbstätig sind. Ein Kind bzw. eine Person ist im Sinne der Familienversicherung dann nicht erwerbstätig, wenn keine entgeltliche Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit ausgeübt wird. Weshalb keine Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit ausgeübt wird, ist in diesem Zusammenhang irrelevant.

Die Ausübung einer geringfügigen Beschäftigung im Sinne des § 7 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) oder eine geringfügig ausgeübte selbstständige Tätigkeit führt zu keinem Ausschluss aus der Familienversicherung.

Altersgrenze: Vollendung des 25. Lebensjahres

Ab dem vollendeten 23. Lebensjahr ist eine Familienversicherung für die Kinder von Mitgliedern bis zum vollendeten 25. Lebensjahr möglich, wenn sie:

  • sich in Schul- oder Berufsausbildung befinden,
  • ein freiwilliges soziales oder ein freiwilliges ökologisches Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes oder
  • Bundesfreiwilligendienst nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz

leisten.

Altersgrenze: nach Vollendung des 25. Lebensjahres

Nach Vollendung des 25. Lebensjahres ist grundsätzlich für die Kinder von Mitgliedern grundsätzlich keine Familienversicherung mehr möglich. Wurde allerdings die Schul- oder Berufsausbildung aufgrund der Erfüllung einer gesetzlichen Dienstpflicht entweder unterbrochen oder verzögert, wird die Altersgrenze entsprechend dieser Unterbrechung/Verzögerung auch über das 25. Lebensjahr hinaus erhöht.

Der Unterbrechungs- bzw. Verzögerungstatbestand gilt ab dem 01.07.2011 auch für den freiwilligen Wehrdienst, den Freiwilligendienst nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz, dem Jugendfreiwilligendienstgesetz oder einen vergleichbaren anerkannten Freiwilligendienst. Ebenfalls gilt dies auch für eine Tätigkeit als Entwicklungshelfer (§ 1 Abs. 1 Entwicklungshelfer-Gesetz) für die Dauer von maximal zwölf Monaten.

Ohne Altersgrenze

Eine Familienversicherung ist für Kinder von Mitgliedern ohne Altersgrenze dann möglich, wenn diese außer Stande sind, sich wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung selbst zu unterhalten. Es handelt sich hierbei also um behinderte Kinder, bei denen vom Gesetzgeber die Altersgrenze aufgehoben wurde. Allerdings kann die Familienversicherung nur dann greifen, wenn die Behinderung von nicht absehbarer Dauer ist und die Behinderung zu einem beliebigen Zeitpunkt bestand, zu dem die Voraussetzungen für eine Familienversicherung als Kind bestanden haben.

Mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) wurde für die Zeit ab 11.05.2019 eine Verbesserung gesetzlich umgesetzt. Durch die Ergänzung des § 10 Abs. 2 Nr. 4 SGB V wird erreicht, dass die Familienversicherung auch dann möglich ist, wenn die Behinderung, aufgrund derer das Kind nicht mehr in der Lage ist, sich selbst zu unterhalten, innerhalb der Altersgrenzen für die Familienversicherung eingetreten ist, jedoch zu diesem Zeitpunkt aufgrund einer Vorrangversicherung die Familienversicherung ausgeschlossen war. Mit dieser gesetzlichen Neuregelung/Verbesserung wird erreicht, dass ein Kind mit Waisenrentenanspruch mit einer daraus resultierenden Krankenversicherungspflicht mit Kindern ohne Waisenrentenanspruch gleichgestellt wird.

Den Kindern gleichgestellte Stiefkinder, Enkel, Pflegekinder/Adoptivkinder

Stief- und Enkelkinder können bei Mitgliedern familienversichert werden, wenn diese im Haushalt des Mitglieds aufgenommen wurden oder vom Mitglied überwiegend unterhalten werden.

Die Möglichkeit der Familienversicherung von Stief- und Enkelkindern, wenn diese „nur“ in den Haushalt des Mitglieds aufgenommen wurden, wurde mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG), welches am 11.05.2019 in Kraft getreten ist (Tag nach Verkündung des TSVG im Bundesgesetzblatt), geschaffen.

Bis zum 10.05.2019 konnte eine Familienversicherung dieses Personenkreises nur dann erfolgen, wenn das Mitglied den überwiegenden Unterhalt aufgebracht hatte. Die Beurteilung des überwiegenden Unterhalts erfolgte nach den „Richtlinien für die Feststellung des überwiegenden Unterhalts im Rahmen der Familienversicherung für Stief- und Enkelkinder“ (kurz: „ÜberwUhR“). Näheres hierzu unter: Familienversicherung | überwiegender Unterhalt.

Bedingt durch die o. g. Rechtsänderung ab 11.05.2019 wurden die bisherigen ÜberwUhR durch die „Grundsätzlichen Hinweise des GKV-Spitzenverbandes zur Feststellung der Haushaltsaufnahme sowie des überwiegenden Unterhalts im Rahmen der Familienversicherung für Stief- und Enkelkinder vom 12.06.2019“ ersetzt. Nach diesen neuen grundsätzlichen Hinweisen ist ab dem 11.05.2019 zu verfahren. Für die Beurteilung der Familienversicherung von Stief- und Enkelkindern für die Zeit bis 10.05.2019 sind noch ÜberwUhR maßgebend.

Näheres zu den „Grundsätzlichen Hinweisen des GKV-Spitzenverbandes zur Feststellung der Haushaltsaufnahme sowie des überwiegenden Unterhalts im Rahmen der Familienversicherung für Stief- und Enkelkinder vom 12.06.2019“ kann unter Familienversicherung | Stief- und Enkelkinder nachgelesen werden.

Bei Pflegekindern handelt es sich nach § 56 Abs. 2 Nr. 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) um Personen/Kinder, die mit dem Mitglied durch ein auf längere Dauer angelegtes Pflegeverhältnis mit häuslicher Gemeinschaft wie Kinder mit Eltern verbunden sind.

Bei Adoptivkinder handelt es sich um Kinder, die nach § 1741 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zum Zwecke der Adoption in die Obhut des Annehmenden genommen werden. Nach endgültiger Adoption gelten die Adoptivkinder wie ehelicher Kinder; das bisherige Verwandtschaftsverhältnis des Adoptivkindes erlischt zeitgleich.

Bereits in der Zeit, in der die Kinder zum Zwecke der Adoption in die Obhut des Annehmenden – hier des Mitglieds – genommen werden, kann eine Familienversicherung realisiert werden.

Seit dem 30.03.2005 können auch Kinder von familienversicherten Kindern familienversichert werden. In diesen Fallkonstellationen handelt es sich damit rechtlich – im Rahmen der Familienversicherung – nicht um die Enkelkinder, sondern um die Kinder eines familienversicherten Kindes. Dies hat zur Folge, dass für diesen Personenkreis der überwiegende Unterhalt, wie dies bei Enkelkindern der Fall sein muss, nicht geleistet werden muss.

Ausschluss der Familienversicherung

Nach § 10 Abs. 3 SGB V können Kinder dann nicht familienversichert werden, wenn

  • der mit den Kindern verwandte Ehegatte – also entweder die Mutter oder der Vater des Kindes – oder Lebenspartner des Mitglieds nicht Mitglied einer (gesetzlichen) Krankenkasse ist und
  • sein Gesamteinkommen regelmäßig im Monat ein Zwölftel der Jahresarbeitsentgeltgrenze übersteigt und
  • sein Gesamteinkommen regelmäßig höher als das Gesamteinkommen des Mitglieds ist.

Mit dieser Regelung möchte der Gesetzgeber vermeiden, dass die Kinder in den Genuss der kosten- bzw. beitragsfreien Familienversicherung bei einem Mitglied mit geringeren Einnahmen kommen, obwohl ein Elternteil nicht in der Gesetzlichen Krankenversicherung versichert ist.

Die Ausschlussregelung des § 10 Abs. 3 SGB V greift nicht, wenn

  • die Eltern des Kindes nicht miteinander verheiratet oder geschieden sind,
  • kein Verwandtschaftsverhältnis besteht, weil der Ehegatte nur Stiefvater bzw. Stiefmutter des Kindes ist,
  • das Einkommen des Ehegatten nicht oberhalb der Jahresarbeitsentgeltgrenze liegt,
  • das Einkommen des gesetzlich krankenversicherten Mitglieds oberhalb des Einkommens des nicht gesetzlich krankenversicherten Mitglieds liegt.

Sollte der mit den Kindern verwandte Ehegatte oder Lebenspartner Mitglied eines ausländischen Trägers der Gesetzlichen Krankenversicherung sein, ist danach zu differenzieren, ob sich der ausländische Träger in einem EWR-Staat, in einem Staat, mit dem ein bilaterales Abkommen über soziale Sicherheit besteht (Abkommensstaat) oder in einem Staat, der weder ein EWR-Staat noch ein Abkommensstaat (Nicht-Vertragsstaat) ist, befindet. Nach der Auffassung der Spitzenverbände der Krankenkasse erfolgt eine Gleichstellung des ausländischen Trägers der Gesetzlichen Krankenversicherung mit einer deutschen Krankenkasse im Sinne des § 4 SGB V, wenn es sich bei der Krankenkasse des mit den Kindern verwandten Ehegatten des Mitglieds um einen Träger der GKV mit Sitz in einem anderen EWR-Staat handelt.

Beginn und Ende der Familienversicherung

Beginn der Familienversicherung

Die Familienversicherung beginnt, wenn die in § 10 SGB V geforderten Voraussetzungen erfüllt werden.

Ende der Familienversicherung

Die Familienversicherung endet, sobald eine der in § 10 SGB V geforderten Voraussetzungen entfällt bzw. das Mitgliedschaftsverhältnis endet, aus dem die Familienversicherung abgeleitet wird.

Wird das Gesamteinkommen eines Selbstständigen für die Beurteilung des Anspruchs auf die Familienversicherung benötigt, ergeben sich in der Praxis oftmals Schwierigkeiten dadurch, dass die Steuerbescheide erst mit einer zeitlichen Verzögerung erteilt werden. Diesbezüglich hat der Arbeitskreis Versicherung und Beiträge der Spitzenverbände der Krankenkassen am 27.09.2007 und am 08.04.2014 jeweils ein Besprechungsergebnis veröffentlicht, damit die Sachverhalte bei allen gesetzlichen Krankenkassen einheitlich umgesetzt werden. Diesbezüglich wird auf die Ausführungen unter Familienversicherung und Gesamteinkommen bei Selbstständigen verwiesen.

Durch eine Änderung des § 10 Abs. 2 Nr. 3 SGB V ab dem 01.01.2020 endet eine Familienversicherung von Kindern, die ein Studium an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule beenden, zum Ablauf des Semesters, spätestens mit dem vollendeten 25. Lebensjahr. Die bislang erforderliche Feststellung des taggenauen Endes der Hochschulausbildung ist mit dieser gesetzlichen Neuregelung nicht mehr erforderlich.

Nachgehende Leistungsansprüche

Für Versicherungspflichtige besteht bei Ende der Mitgliedschaft noch ein Leistungsanspruch für längstens einen Monat nach dem Ende der Mitgliedschaft, solange keine Erwerbstätigkeit ausgeübt wird. Hier spricht man vom sogenannten „nachgehenden Leistungsanspruch“, der in § 19 SGB V geregelt ist.

Nach § 19 Abs. 2 SGB V teilen die familienversicherten Angehörigen sich für die Dauer des nachgehenden Leistungsanspruchs das rechtliche Schicksal des Mitglieds. Das heißt, dass auch die familienversicherten Angehörigen noch für einen Monat Leistungen erhalten können.

Wahlrecht bei mehrfacher Erfüllung des Anspruchs nach § 10 SGB V

Werden die Voraussetzungen für eine Familienversicherung mehrfach erfüllt (z. B. beim Vater und auch bei der Mutter), wählt nach § 10 Abs. 5 SGB V das Mitglied die Krankenkasse. Sollte es also mehrere Stammversicherungen geben, aus denen eine Familienversicherung hergeleitet werden kann, kann entschieden werden, bei welcher Krankenkasse bzw. bei welchem Mitgliedschaftsverhältnis die Familienversicherung durchgeführt wird.

Das Wahlrecht nach § 10 Abs. 5 SGB V bezieht sich „nur“ auf die Krankenkasse, bei der die Mitglieder versichert sind, bei denen die Familienversicherung durchgeführt werden kann. Hat ein Mitglied eine gesetzliche Krankenkasse gewählt, so gilt diese Wahl auch die die Familienversicherten.

Wegfall der Familienversicherung für Bezieher von Arbeitslosengeld II ab 2016

Durch gesetzliche Änderungen in § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V und § 10 Abs. 1 Satz 1 SGB V endet für Bezieher von Arbeitslosengeld II/Hartz IV der Anspruch auf die Familienversicherung zum 31.12.2015. Dieser Personenkreis, welcher bislang von der Möglichkeit des Versicherungsschutzes des § 10 SGB V erfasst wurde, wird ab 01.01.2016 selbst als Mitglied versichert. Die Änderungen hat der Gesetzgeber mit dem GKV-FQWG umgesetzt und möchte damit das Ziel erreichen, dass bei den Leistungsträgern nach dem SGB II und den Krankenkassen eine wesentliche Entlastung bei der operativen Durchführung der Versicherungsverhältnisse erreicht wird.

Das Wahlrecht, welche Krankenkasse ab 01.01.2016 zuständig sein soll, musste bis 31.12.2015 ausgeübt worden sein. Sollte dies nicht der Fall sein, musste das zuständige Jobcenter bei der letzten Krankenkasse eine Anmeldung tätigen. Sollte zuletzt, vor der Familienversicherung, ein Versicherungsschutz innerhalb der Privaten Krankenversicherung bestanden haben, musste die Versicherung ab 01.01.2016 auch bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen durchgeführt werden.

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