Befreiung von der KV-Pflicht nach § 8 SGB V

Die Versicherungspflicht in der Gesetzlichen Krankenversicherung tritt ein, wenn die im Gesetz genannten Voraussetzungen erfüllt werden. Allerdings gibt der Gesetzgeber bestimmten Personenkreisen die Möglichkeit, sich von der Krankenversicherungspflicht befreien zu lassen. Die Rechtsgrundlage für die Befreiung von der Krankenversicherungspflicht ist § 8 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V). Durch die Möglichkeit der Versicherungspflichtbefreiung wird zum einen die Abgrenzung zwischen der Gesetzlichen und der Privaten Krankenversicherung geregelt. Zum anderen wird unter Umständen die Kontinuität im Versicherungsverhältnis gesichert.

Personenkreise, die sich befreien lassen können

Folgende Personenkreise können sich entsprechend den Bestimmungen des § 8 Abs. 1 SGB V von der Krankenversicherungspflicht befreien lassen:

  • Beschäftigte, die wegen Änderung der Jahresarbeitsentgeltgrenze (wieder) versicherungspflichtig werden.
  • Versicherte, die durch den Bezug von Arbeitslosengeld oder Unterhaltsgeld versicherungspflichtig werden und in den letzten fünf Jahren vor dem Leistungsbezug nicht gesetzlich krankenversichert waren. Voraussetzung ist, dass bei einem Krankenversicherungsunternehmen ein Versicherungsschutz besteht, dessen Vertragsleistungen der Art und dem Umfang den Leistungen des Fünften Buches Sozialgesetzbuch entsprechen.
  • Versicherte, die durch Aufnahme einer nicht vollen Erwerbstätigkeit nach § 2 des Bundeserziehungsgeldgesetzes oder nach § 1 Abs. 6 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes während der Elternzeit versicherungspflichtig werden. Die Befreiung erstreckt sich in diesem Fall nur auf die Elternzeit.
  • Versicherte, die durch Reduzierung der regelmäßigen Wochenarbeitszeit während der Pflegezeit versicherungspflichtig werden.
  • Beschäftigte, die die Arbeitszeit auf die Hälfte oder weniger als die Hälfte der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit vergleichbarer Vollbeschäftigter reduzieren. Dies gilt nur, wenn der Beschäftigte mindestens fünf Jahre wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze versicherungsfrei war.
  • Versicherte, die durch Stellung eines Rentenantrags, aufgrund eines Rentenbezugs oder Teilnahme an einer Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben versicherungspflichtig werden.
  • Versicherte, die durch Einschreibung als Student oder aufgrund der Aufnahme einer berufspraktischen Tätigkeit versicherungspflichtig werden.
  • Versicherte, die aufgrund der Aufnahme einer Tätigkeit in einer Einrichtung für behinderte Menschen versicherungspflichtig werden.

Antragsfrist

Der Antrag auf Befreiung von der Krankenversicherungspflicht ist nach § 8 Abs. 2 SGB V innerhalb von drei Monaten nach Beginn der Versicherungspflicht bei der Krankenkasse zu stellen. Die Befreiung gilt rückwirkend. Sofern jedoch der Versicherte bereits Leistungen von der Krankenkasse bezogen hat, gilt die Befreiung mit Beginn des Kalendermonats, der auf die Antragstellung folgt. Die Befreiung von der Krankenversicherungspflicht sollten die Betroffenen gut durchdenken, da diese nicht widerrufen werden kann.

Wirkung der Befreiung

Lässt sich ein Versicherter in der Gesetzlichen Krankenversicherung von der Versicherungspflicht befreien, bleibt dieser auch dann krankenversicherungsfrei, wenn ein Tatbestand hinzutritt, welcher grundsätzlich für sich alleine betrachtet eine Versicherungspflicht begründen würde. Eine Befreiung während der Elternzeit und der Pflegezeit gilt allerdings nur für deren Dauer.

Bezüglich der Wirkung der Befreiung von der Krankenversicherungspflicht hat das Bundessozialgericht am 25.05.2011 unter dem Aktenzeichen B 12 KR 9/09 R ein Urteil gesprochen. Mit diesem Urteil vertritt das höchste Sozialgericht Deutschlands eine andere Auffassung, als bisher in der Praxis umgesetzt wurde. In dem genannten Urteil kommen die Richter zu dem Ergebnis, dass eine aufgrund einer Beschäftigung ausgesprochene Befreiung nur so lange wirkt, wie die Beschäftigung tatsächlich besteht. Danach hat die Befreiung keine Rechtswirkung mehr, insbesondere wenn danach Krankenversicherungspflicht aufgrund eines anderen Sachverhalts eintritt.

Beispiel 1:

Ein Beschäftigter ist bereits seit Jahren in der Gesetzlichen Krankenversicherung versicherungsfrei, weil er mit seinem regelmäßigen Jahresarbeitsentgelt die geltende Jahresarbeitsentgeltgrenze überschreitet. Ab 01.01.2012 wird er wieder krankenversicherungspflichtig, weil durch Erhöhung der Jahresarbeitsentgeltgrenze das regelmäßige Jahresarbeitsentgelt unter dieser Grenze liegt. Daher lässt er sich nach § 8 SGB V von der Krankenversicherungspflicht befreien.

Im September 2012 stellt er einen Rentenantrag, aufgrund dessen grundsätzlich Versicherungspflicht in der Krankenversicherung eintreten würde. Die Beschäftigung wird weiterhin ausgeübt.

Konsequenz:

Da das Beschäftigungsverhältnis weiterhin besteht, bleibt der Beschäftigte aufgrund der Befreiung auch nach Stellung des Rentenantrags weiterhin von der Krankenversicherungspflicht befreit.

Beispiel 2:

Ein Beschäftigter ist aufgrund der Erhöhung der Jahresarbeitsentgeltgrenze ab 01.01.2012 grundsätzlich krankenversicherungspflichtig geworden. Er hat sich jedoch von der Versicherungspflicht befreien lassen. Zum 31.05.2012 wird das Beschäftigungsverhältnis beendet, ab dem 01.06.2012 wird Arbeitslosengeld nach dem SGB III gewährt.

Konsequenz:

Die Befreiung von der Krankenversicherungspflicht wirkt lediglich bis zum 31.05.2012, da bis zu diesem Zeitpunkt das Beschäftigungsverhältnis besteht, aufgrund dessen die Befreiung ausgesprochen wurde. Aufgrund des Leistungsbezugs nach den SGB III (Arbeitslosengeld) tritt daher wieder Krankenversicherungspflicht ein.

Beispiel 3:

Bereits vor einigen Jahren hat sich ein Beschäftigter von der Krankenversicherungspflicht befreien lassen. Er gibt jetzt jedoch die Beschäftigung zum 31.01.2012 auf, da er einen Auslandsaufenthalt von drei Monaten plant. Ab dem 01.05.2012 nimmt er wieder eine Beschäftigung auf, in der er ein Arbeitsentgelt erzielt, welches unterhalb der geltenden Jahresarbeitsentgeltgrenze liegt.

Konsequenz:

In der bisherigen Praxis ging man davon aus, dass die einmal ausgesprochene Befreiung von der Versicherungspflicht auch für folgende, grundsätzlich krankenversicherungspflichtige Beschäftigungen gilt.

Durch das Urteil des Bundessozialgerichts vom 25.05.2011 (Az. B 12 KR 9/09 R) wirkt die Befreiung von der Versicherungspflicht nur bis zum Ende der Beschäftigung, in diesem Fall also bis 31.01.2012. Aufgrund der neuen Beschäftigung ab 01.05.2012 tritt damit Krankenversicherungspflicht ein.

Durch die Entscheidung des Bundessozialgerichts wird für Betroffene der Weg zurück in die Gesetzliche Krankenversicherung erleichtert. Dennoch sollten sich die Betroffenen, die sich von der Krankenversicherungspflicht befreien lassen können, um ihren Versicherungsschutz in einer privaten Krankenversicherung sicherzustellen, die Entscheidung reiflich überlegen.

Beratung sollte erfolgen

Bevor eine Befreiung von der Versicherungspflicht in der Gesetzlichen Krankenversicherung beantragt wird, ist es ratsam, eine neutrale Beratung einzuholen. So entstehen beispielsweise auch für jüngere Versicherte nicht ausschließlich Beitragsvorteile durch einen Wechsel in die private Krankenversicherung (s. auch: Unterschied zwischen Gesetzlicher und privater Krankenversicherung). In der Gesetzlichen Krankenversicherung sind die Beiträge relativ stabil und unabhängig vom Alter, dem Geschlecht und dem Versicherungsrisiko.

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