Änderungen im Beitrags- und Versicherungsrecht

Am 12. November 2010 hat der Bundesrat die äußerst umstrittene Gesundheitsreform mit der Mehrheit von CDU/CSU und FDP verabschiedet. Die Gesundheitsreform ist im GKV-Finanzierungsgesetz (GKV-FinG) gesetzlich verankert. Dieses Gesetz wird in den Jahren 2011 und 2012 die Finanzierung der Gesetzlichen Krankenversicherung regeln.

Die Gesundheitsreform wurde aufgrund eines zu erwartenden Defizits im Jahr 2011, welches auf etwa 11 Milliarden Euro beziffert wurde, erforderlich. Neben dem GKV-Finanzierungsgesetz wird auch das Gesetz zur Änderung krankenversicherungsrechtlicher und anderer Vorschriften vom 29. Juli 2010 und das Arzneimittelneuordnungsgesetz (AMNOG) Änderungen im Bereich der Gesetzlichen Krankenversicherung bringen.

Durch die Gesundheitsreform soll es im Jahr 2011 zu einer Einnahmesteigerung für die Gesetzliche Krankenversicherung im Umfang von acht Milliarden Euro kommen.

Das Reformvorhaben, welches letztendlich nun umgesetzt wurde, wurde vor allem von der Opposition stark kritisiert. Kritikpunkte sind, dass mit der Reform ein Ausstieg aus der Solidarität im Sozialwesen erfolgt, die Kostensteigerungen zu Lasten der Versicherten gehen, die Parität von Arbeitnehmern und Arbeitgebern bei der Finanzierung der Gesetzlichen Krankenversicherung aufgehoben wird und der Sozialausgleich nicht alle Einkommensarten berücksichtigt. Auch, dass die Private Krankenversicherung durch die Reformpunkte begünstigt wird und ein Einstieg in die Kopfpauschale erfolgt, wurde heftig kritisiert. Die Opposition beabsichtigt nun, einen Eckpunkteplan für eine Bürgerversicherung auszuarbeiten und vorzulegen.

Folgend sind die Änderungen zusammengefasst, die sich im Beitrags- und Versicherungsbereich der Gesetzlichen Krankenversicherung ab dem 01.01.2011 ergeben.

Änderungen für die Krankenkassen

Ab dem 01.01.2011 wird der allgemeine Beitragssatz um 0,6 Prozentpunkte auf 15,5 Prozentpunkte angehoben. Dadurch ergeben sich für das System der Gesetzlichen Krankenversicherung Mehreinnahmen von etwa 6,3 Milliarden Euro jährlich.

Sollten einer Krankenkasse die Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds nicht ausreichen, die Ausgaben zu finanzieren, kann diese Zusatzbeiträge erheben. Die Zusatzbeiträge werden ab dem Jahr 2011 dahingehend reformiert, dass diese ohne eine gesetzlich festgeschriebene Höchstgrenze erhoben werden können. Zudem werden die Sonderbeiträge nicht mehr nach einem bestimmten Prozentsatz der beitragspflichtigen Einnahmen (Bemessungsgrundlage), sondern in Höhe von Pauschalbeträgen, welche in Euro und Cent beziffert werden müssen, erhoben. Mit dieser Regelung möchte der Gesetzgeber den einzelnen Krankenkassen wieder mehr Beitragsautonomie geben. Durch die neuen Regelungen bei den Zusatzbeiträgen kommt es zu einem Verwaltungsaufwand, welcher durch die Einziehung und Abwicklung des Zusatzbeitrages kommt.

Mindereinnahmen kommen auf die Gesetzliche Krankenversicherung durch ein erleichtertes Wechselrecht von der Gesetzlichen in die Private Krankenversicherung zu. Mussten Besserverdiener bislang drei Jahre hintereinander mit ihrem Einkommen die Beitragsbemessungsgrenze überschreiten, damit Versicherungsfreiheit eintrat, genügt es ab dem Jahr 2011, wenn bereits ein Jahr lang die Beitragsbemessungsgrenze überschritten wurde. S. auch: Versicherungsfreiheit | Neuregelungen ab 2011.

Die Verwaltungskosten der gesetzlichen Krankenkassen dürfen in den Jahren 2011 und 2012 nicht steigen. Diese werden damit auf dem Ausgabenniveau des Jahres 2010 eingefroren. Für gesetzlich neu zugewiesene Aufgaben wurden wenige Ausnahmen definiert. Durch diese Regelung soll es in den Jahren 2011 und 2012 zu Einsparungen von jeweils 300 Millionen Euro kommen.

Änderungen für die Versicherten

Auf die Mitglieder (Arbeitnehmer und Rentner) kommt eine höhere Beitragsbelastung zu. Dadurch, dass der solidarisch finanzierte Beitragssatz um 0,6 Prozentpunkte angehoben wird, müssen Arbeitnehmer und Rentner 0,3 Prozentpunkte höhere Beiträge entrichten. Bei Mitgliedern, die ihren Beitrag alleine tragen müssen (z. B. freiwillig versicherte Selbstständige und Studenten), schlägt die volle Anhebung des Beitragssatzes durch. Auf diese Personenkreise kommt also eine Beitragsmehrbelastung von 0,6 Prozentpunkten zu.

Erhebt eine Krankenkasse Zusatzbeiträge, müssen diese ausschließlich von den Arbeitnehmern und Rentnern getragen werden. Um finanziell schwächere Personen zu schützen, wird ein Sozialausgleich eingeführt. Im Rahmen dieses Sozialausgleichs werden Geringverdiener vor finanzieller Überlastung geschützt. Die Differenz zwischen dem durchschnittlichen Zusatzbeitrag sämtlicher gesetzlicher Krankenkassen und der Belastungsgrenze von zwei Prozent des individuellen Einkommens wird von den Arbeitgebern bzw. Rentenversicherungsträgern dem Mitglied wieder ausbezahlt. S. auch: Zusatzbeiträge und Sozialausgleich.

Die besserverdienenden Arbeitnehmer werden wieder früher in der Gesetzlichen Krankenversicherung versicherungsfrei. Dies bedeutet, dass ein leichterer Wechsel von der Gesetzlichen in die Private Krankenversicherung ermöglicht wird.

Änderungen für die Arbeitgeber

Auf die Arbeitgeber kommt im Jahr 2011 eine Beitragsmehrbelastung von 2 Milliarden Euro zu. Dadurch, dass der – solidarisch finanzierte – allgemeine Beitragssatz um 0,6 Prozentpunkte angehoben wird, müssen sich die Arbeitgeber mit 0,3 Prozentpunkten an diesem Beitragssatz beteiligen. Gleiches gilt auch für die Rentenversicherungsträger.

Insgesamt müssen sich ab dem Jahr 2011 die Arbeitgeber und Rentenversicherungsträger am Krankenversicherungsbeitrag mit einem Anteil von 7,3 Prozentpunkten beteiligen. Dieser Beitragssatz wird nun festgeschrieben, sodass künftige Beitragserhöhungen ausschließlich über Zusatzbeiträge und damit alleine von den Mitgliedern getragen werden. Diesbezüglich kommt es also zu einer Entkopplung des Beitragssatzes von den Arbeitskosten.

Da die Arbeitgeber den Sozialausgleich – also die Regelung, dass einkommensschwächere Arbeitnehmer aufgrund von Zusatzbeiträgen nicht finanziell überlastet werden – umsetzen müssen, kommt auf diese diesbezüglich ein Verwaltungsmehraufwand zu. Der Sozialausgleich muss von den Arbeitgebern (und auch von den Rentenversicherungsträgern) so umgesetzt werden, dass der einkommensabhängige Beitrag reduziert wird.

Staat

Auch auf den Staat ergeben sich durch die Gesundheitsreform Auswirkungen. So wird für das Jahr 2011 der Bundeszuschuss um 2 Milliarden auf insgesamt 15,5 Milliarden Euro erhöht.

Das Bundesversicherungsamt legt künftig immer im Oktober einen durchschnittlichen Zusatzbeitrag fest, welcher für das Folgejahr prospektiv kalkuliert wird. Dies erfolgt im Einvernehmen mit dem Finanzministerium.

Der Gesetzgeber ging bei Abstimmung des GKV-Finanzierungsgesetzes davon aus, dass die gesetzlichen Krankenkassen im Jahr 2011 rein rechnerisch keine Zusatzbeiträge erheben müssen. Für die Jahre 2012 bis 2014 wird mit Zusatzbeiträgen gerechnet, sodass hier für die Finanzierung des Sozialausgleichs mit jährlich 2 Milliarden Euro gerechnet wird. Diese sollen aus dem Gesundheitsfonds finanziert werden. Ab dem Jahr 2015 wird mit weiteren Bundesmitteln gerechnet, die für den Sozialausgleich aufgebracht werden müssen. Die Höhe hierfür wird im Jahr 2014 festgelegt.

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