Die Elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU)

Die Digitalisierung erfasst auch die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen bzw. die „gelben Scheine“, wie diese oftmals umgangssprachlich bezeichnet werden. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen werden durch die „elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen“ ersetzt.

Die gesetzliche Grundlage für die Einführung der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen (kurz: eAU) wurde bereits durch das „Terminservice- und Versorgungsgesetz“ (TSVG) geschaffen, welches am 11.05.2019 in Kraft getreten ist. Inhalt dieses Gesetzes ist das elektronische Übermittlungsverfahren von Arbeitsunfähigkeitsdaten zwischen den an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzten/Zahnärzten an die Krankenkassen.

Mit dem „Dritten Bürokratieentlastungsgesetz“ (BEG III) wurde die gesetzliche Grundlage geschaffen, dass ein digitaler Austausch der Arbeitsunfähigkeitsdaten auch zwischen Krankenkassen und Arbeitgebern erfolgt. Die maschinelle Datenübermittlung zwischen diesen beiden Stellen – also zwischen Krankenkassen und Arbeitgebern – war nicht Gegenstand der Regelungen im TSVG.

Mit der Einführung der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung wird es zu schnellere Informationswegen zwischen den Beteiligten (Ärzten, Krankenkassen, Arbeitgeber) und auch zu erheblichen Papiereinsparungen kommen; im Jahr werden etwa 77 Millionen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ausgestellt.

Die bisherige Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung

Die bisherige Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung – ausgedruckt auf einem gelben Formblatt – umfasst in der „manuellen“ Form insgesamt vier Ausfertigungen – und zwar je eine Ausfertigung für

  • den ausstellen Arzt/Zahnarzt
  • den Versicherten
  • den Arbeitgeber (ohne Angabe der Diagnose bzw. des ICD-Diagnoseschlüssels)
  • die zuständige Krankenkasse.

Durch die Ausstellung einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bestätigt der Vertragsarzt bzw. der Vertragszahnarzt, dass der Patient aufgrund der festgestellten/diagnostizierten Erkrankung gehindert ist, seine Arbeitsleistung zu erbringen.

Nach den gesetzlichen Vorschriften (§ 5 Abs. 1 Satz 2 Entgeltfortzahlungsgesetz, EFZG) muss der Arbeitnehmer das Bestehen der Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer mittels einer ärztlichen Bescheinigung nachweisen, wenn die Arbeitsunfähigkeit länger als drei Kalendertage andauert. Nach § 5 Abs. 1 Satz 3 EFZG ist der Arbeitgeber berechtigt, die Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung auch früher – also bereits vor Ablauf von drei Kalendertagen – zu verlangen.

Übermittlung an Krankenkassen

Ursprünglich war geplant, dass die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zwischen Ärzten und Krankenkassen bereits zum 01.01.2021 im Einsatz ist. Dieses Startdatum konnte jedoch nicht gehalten werden, sodass aktuell ein Start ab 01.10.2021 geplant ist.

Damit die Übermittlung der elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zwischen den Ärzten und den Krankenkassen technisch umgesetzt werden kann, führte die „Informationstechnische Servicestelle der Gesetzlichen Krankenversicherung GmbH“ (kurz: ITSG) mit dem GKV-Spitzenverband ein Forschungs- und Entwicklungsprojekt durch. Dieses Projekt erfolgte im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG).

Die Arztpraxen benötigen den „KIM-Dienst“ (Dienst für Kommunikation in der Medizin), mittels derer die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen innerhalb der Telematikinfrastruktur verschickt werden können. Darüber hinaus wird ein Update des Praxisverwaltungssystem und des E-Health-Konnektors erforderlich.

Kritik an der eAU gibt es von der Ärzteschaft dahingehend, dass die Weiterleitung der Arbeitsunfähigkeitsdaten an die Arbeitgeber voraussichtlich erst am Juli 2022 umgesetzt wird und damit den Ärzten aktuell keine Erleichterung bringt.

Übermittlung an Arbeitgeber

Ab dem 01.07.2022 stellen die Krankenkassen, die die Arbeitsunfähigkeitsdaten digital von den Ärzten/Zahnärzten übermittelt bekommen, diese den zuständigen Arbeitgebern zur Verfügung stellen.

Die Pilotierung der Arbeitsunfähigkeitsdaten an die Arbeitgeber ist in § 125 SGB IV geregelt und begann am 01.01.2022. Die Pilotphase endet am 31.12.2022, sodass ab Januar 2023 die Arbeitgeber die Daten der Arbeitsunfähigkeit für ihre erkrankten Beschäftigten bei der Krankenkasse grundsätzlich elektronisch aufrufen.

Im Rahmen der einzuführenden eAU und den Regelungen des BEG III müssen die Krankenkassen für die gesetzlich krankenversicherten Arbeitnehmer den Beginn und die Dauer der Arbeitsunfähigkeit digital zur Verfügung stellen. Dies erfolgt dadurch, dass die Arbeitgeber die Daten digital abrufen können.

Neben den Beginn und der Dauer der Arbeitsunfähigkeit wird auch digital übermittelt, ob es sich um eine Erst- oder um eine Folgebescheinigung handelt. Auch das Ende des Entgeltfortzahlungsanspruchs kann vom Arbeitgeber digital abgerufen werden.

Keine Änderung ergibt sich weiterhin bei der Übermittlung der Diagnosen: Die Arbeitgeber erhalten auch nach Einführung der eAU keine Angaben zum Grund der Arbeitsunfähigkeit bzw. keine Diagnosen/ICD-Diagnoseschlüssel übermittelt!

Die Arbeitgeber erhalten die jeweiligen Daten nur dann, wenn diese auch berechtigt sich, diese zu erhalten. Dies ist dann der Fall, wenn der erkrankte Versicherte im angefragten Zeitraum auch beim anfragenden Arbeitgeber beschäftigt ist und der Beschäftigte die jeweilige Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer mitgeteilt hat.

Sollte es sich um Mehrfachbeschäftigte, also um Arbeitnehmer mit mehreren Arbeitgebern handeln, besteht für jeden Arbeitgeber die Möglichkeit, die eAU-Daten abzurufen.

Durch die eAU und den maschinellen Datenübermittlungen werden Arbeitnehmer nicht von ihren Informationspflichten gegenüber dem Arbeitgeber entbunden. So muss der Eintritt der Arbeitsunfähigkeit weiterhin dem Arbeitgeber in der vorgeschriebenen Form (telefonisch oder per E-Mail) unverzüglich mitgeteilt werden.

Damit ein Arbeitgeber die entsprechenden Daten der Arbeitsunfähigkeit erhält, muss dieser die Daten bei der zuständigen Krankenkasse aus einem systemgeprüften Programm über eine gesicherte und verschlüsselte Datenübertragung anfordern. Diese Anforderung darf nur dann erfolgen, wenn der Arbeitgeber berechtigt ist, die Daten zu erhalten. Die Berechtigung hat ein Arbeitgeber dann, wenn für den angefragten Zeitraum ein Beschäftigungsverhältnis des Arbeitnehmers beim anfragenden Arbeitgeber bestand und der Arbeitnehmer die abzurufende Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer dem Arbeitgeber vorab mitgeteilt hat. Alternativ kann die Teilnahme des Arbeitgebers am eAU-Verfahren auch über das Steuerbüro erfolgen.

Die Krankenkasse muss auch prüfen, ob aufgrund der in der eAU angegebenen Diagnosen anrechenbare Vorerkrankungszeiten vorliegen und wann der Anspruch auf die Entgeltfortzahlung erschöpft ist. Die anrechenbaren Vorerkrankungen müssen durch die Krankenkasse an den betroffenen Arbeitgeber übermittelt werden.

Verbesserung beim eAU-Verfahren bei Wechsel der Krankenkasse

Zum 01.04.2024 wurden Verbesserungen für Arbeitgeber hinsichtlich des Abrufs der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) eingeführt. Die Verbesserung und auch gesetzliche Klarstellung wurde mit dem Krankenhauspflegeentlastungsgesetz (KHPflEG) umgesetzt und § 304 Abs. 2 SGB V eingeführt.

Die Neuregelung ab dem 01.04.2024 dient zur Sicherstellung, dass die Daten einer eAU der zuständigen Krankenkasse vorliegen, wenn

  • vor dem Abschluss eines Krankenkassenwechsels in der Arztpraxis entweder die elektronische Gesundheitskarte (eGK) der bisher zuständigen vorgelegt wird oder
  • ein Wechsel der Krankenkasse unterhalb des Quartals erfolgt.

Wenn es zu einem Wechsel der Krankenkasse folgt, wird ab dem 01.04.2024 eine proaktive Weiterleitung der Arbeitsunfähigkeitsdaten erfolgen.

Sofern ein Arbeitnehmer während einer laufenden Arbeitsunfähigkeit bzw. Krankschreibung die Krankenkasse wechselt, dann übermittelt die bisher zuständige Krankenkasse im Rahmen des Datenträgeraustausches eAU (DTA eAU) aktiv die Daten an die neu zuständige Krankenkasse. Damit werden Verzögerungen beim Datenabruf der eAU für die Arbeitgeber vermieden. In der Praxis ist es möglich, dass – sofern der Beschäftigte die Krankenkasse gewechselt hat – auf eine eAU-Abfrage eine Antwort von mehreren Krankenkassen kommt.

Ausfallzeiten, bei denen das eAU-Verfahren nicht erfolgt

Für die folgenden Fallkonstellationen wird das eAU-Verfahren (noch) nicht angewendet:

  • Mitteilung von Zeiten von Vorsorge- und Rehabilitationsmaßnahmen
  • Minijobs in Privathaushalten
  • Beschäftigte, die privat krankenversichert sind
  • Die Arbeitsunfähigkeit wird durch einen Arzt festgestellt, der nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnimmt (z. B. Privatärzte, Ärzte im Ausland)

Grundsätze für Meldung der Arbeitsunfähigkeitszeiten

Der GKV-Spitzenverband hat die „Grundsätze für die Meldung der Arbeitsunfähigkeitszeiten im Rahmen des Datenaustausches“ geregelt. Diese Grundsätze gelten ab dem 01.01.2022. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat im Einvernehmen mit dem Bundesgesundheitsministerium und dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft und auch nach einer Anhörung der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände diese Grundsätze bereits genehmigt.

Positive Entwicklung der eAU

In einer Pressemitteilung vom 24.08.2022 teilte der GKV-Spitzenverband mit, dass die eAU in der Praxis immer mehr angenommen wird und an Bedeutung gewinnt. Während Arbeitgeber im Januar 2022 – also zum Beginn der Pilotphase – etwa 79.000 Krankmeldungen auf dem elektronischen Weg angefordert haben, waren es im Juli 2022 bereit 324.000 elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen.

Die Arztpraxen haben (mit Stand 23.08.2022) bereits mehr als 22,2 Millionen eAU an die Krankenkassen übermittelt.

Ausnahmen von der eAU

Für geringfügig Beschäftigte und für Beschäftigte im Privathaushalt wird die eAU nicht zum Einsatz kommen. Gleiches gilt, wenn die Arbeitsunfähigkeit durch einen Privatarzt bzw. einem Arzt, der nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnimmt, attestiert wird.

Bildnachweis: © Bernd Leitner - Fotolia

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