Kostenübernahme für Mitaufnahme einer Begleitperson nach § 11 Abs. 3 SGB V

Nach § 11 Abs. 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) haben Versicherte der Gesetzlichen Krankenversicherung einen Anspruch darauf, dass die Krankenkasse bei einer stationären Behandlung auch die die Kosten einer aus medizinischen Gründen notwendigen Mitaufnahme einer Begleitperson des Versicherten übernimmt.

Der Anspruch auf die Kostenübernahme für die Mitaufnahme bezieht sich auf sämtliche stationäre Behandlungsformen, also unter anderem auf die stationäre Krankenhausbehandlung oder die Behandlung in einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung. Der Anspruch auf die stationäre Mitaufnahme kann auch bei einer teilstationären Behandlung erfolgen. Im Rahmen einer ambulanten oder einer vor- und nachstationären Behandlung kann sich hingegen kein Anspruch nach § 11 Abs. 3 SGB V ergeben.

Damit die Vergütung für die Mitaufnahme einer Begleitperson geregelt wird, wurde zwischen den Krankenkassen und der Deutschen Krankenhausgesellschaft eine „Vereinbarung von Zuschlägen für die Aufnahme von Begleitpersonen nach § 17b Abs. 1 Satz 4 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG)“ abgeschlossen.

Die Kosten für die stationäre Mitaufnahme einer Begleitperson nach § 11 Abs. 3 SGB V übernimmt die Krankenkasse, die auch für die Kostenübernahme der Hauptleistung – also für die stationäre Behandlung des Versicherten – zuständig ist.

Erweiterter Leistungsanspruch ab 01.01.2019

Seit dem 01.01.2019 wurde im Rahmen der notwendigen Mitaufnahme einer Begleitperson im Rahmen des „Gesetzes zur Stärkung des Pflegepersonals“ (Pflegepersonal-Stärkungsgesetz, kurz: PpSG) der Leistungsanspruch dahingehend ausgedehnt, dass die Begleitperson auch außerhalb der stationären Einrichtung untergebracht werden kann. Mit der Erweiterung dieses Leistungsanspruchs trägt der Gesetzgeber dem Umstand Rechnung, dass auch bei fehlenden Kapazitäten eines Krankenhauses oder bei einem erhöhten Infektionsrisiko die Leistung nach § 11 Abs. 3 SGB V in Anspruch genommen werden kann.

Die Krankenkassen müssen bei einer auswärtigen Unterbringung ihr pflichtgemäßes Ermessen hinsichtlich Art und Umfang der Leistung ausüben. Bei einer auswärtigen Unterbringung dürfen jedoch keine höheren Kosten entstehen, als bei der Mitaufnahme in der stationären Einrichtung angefallen wären.

Gesetzestext des § 11 Abs. 3 SGB V

Bei stationärer Behandlung umfassen die Leistungen auch die aus medizinischen Gründen notwendige Mitaufnahme einer Begleitperson des Versicherten oder bei stationärer Behandlung in einem Krankenhaus nach § 108 oder einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung nach § 107 Absatz 2 die Mitaufnahme einer Pflegekraft, soweit Versicherte ihre Pflege nach § 63b Absatz 6 Satz 1 des Zwölften Buches durch von ihnen beschäftigte besondere Pflegekräfte sicherstellen.

Ist bei stationärer Behandlung die Anwesenheit einer Begleitperson aus medizinischen Gründen notwendig, eine Mitaufnahme in die stationäre Einrichtung jedoch nicht möglich, kann die Unterbringung der Begleitperson auch außerhalb des Krankenhauses oder der Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung erfolgen. Die Krankenkasse bestimmt nach den medizinischen Erfordernissen des Einzelfalls Art und Dauer der Leistungen für eine Unterbringung nach Satz 2 nach pflichtgemäßem Ermessen; die Kosten dieser Leistungen dürfen nicht höher sein als die für eine Mitaufnahme der Begleitperson in die stationäre Einrichtung nach Satz 1 anfallenden Kosten.

Die Anspruchsvoraussetzungen im Einzelnen

Medizinische Notwendigkeit

Die Kostenübernahme für eine stationäre Mitaufnahme einer Begleitperson nach § 11 Abs. 3 SGB V kann dann erfolgen, wenn die Mitaufnahme aus medizinischen Gründen erforderlich ist.

Die Entscheidung über die medizinische Notwendigkeit trifft der Krankenhausarzt und dokumentiert diese in den Krankenunterlagen. Die zuständige Krankenkasse kann jedoch die medizinische Notwendigkeit durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) überprüfen lassen.

Eine medizinische Notwendigkeit ist im Regelfall bei Kindern bis zum Ende des Vorschulalters gegeben. Dies deshalb, weil es bis zum Beginn der Schulfähigkeit oftmals zu erheblichen psychischen Beeinträchtigungen kommt, wenn bei Kindern durch die stationäre Behandlung ein Bindungsverlust vorliegt. Auch nach Erreichen der Schulfähigkeit kann es durch den Bindungsverlust zu erheblichen psychischen Beeinträchtigungen kommen mit der Folge, dass der Heilungsprozess gefährdet wird. Eine medizinische Notwendigkeit kann sich u. a. bei Erkrankungen ergeben, die sich über die psychische Anspannung akut verschlechtern können (beispielsweise akute stenosierende Laryngotracheitis, bei elektiven großen Eingriffen perioperativ oder bei onkologischen Erkrankungen im Kindesalter).

Für einen begrenzten Zeitraum kann sich die medinische Notwendigkeit beispielsweise dann ergeben, wenn die Begleitperson im Gebrauch von Hilfsmitteln eingeübt bzw. angeleitet werden muss, weil hierfür der Versicherte selbstständig nicht in der Lage ist. Allerdings muss der behandelnde Arzt in diesen Fällen begründen, weshalb eine stundenweise Schulungsmaßnahme tagsüber nicht ausreichend oder unmöglich ist.

Besteht die medizinische Notwendigkeit einer Mitaufnahme, muss die Begleitperson ständig – also rund um die Uhr – anwesend sein und sowohl den behandelnden Ärzten als auch dem Pflegepersonal und dem Patienten, der stationär behandelt wird, zur Verfügung stehen.

Kein medizinischer Grund liegt vor, wenn lediglich der Wunsch des Versicherten oder der Begleitperson nach räumlicher Nähe vorliegt.

Leistungshöhe

Für die stationäre Mitaufnahme einer Begleitperson werden für jeden Tag der vollstationären Krankenhausbehandlung 45,00 Euro geleistet. Mit diesem Betrag werden die Unterkunft und Verpflegung der Begleitperson vergütet.

Der Betrag kann auch für den Aufnahmetag, nicht jedoch für den Entlassungstag oder Verlegungstag (sofern diese nicht zugleich Aufnahmetage sind) abgerechnet werden.

In Niederschrift der Fachkonferenz Leistungs- und Beziehungsrecht beim GKV-Spitzenverband vom 04./05.12.2018 wird empfohlen, den Betrag von 45,00 Euro auch bei stationären Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen anzusetzen. Es können jedoch mit den Einrichtungen auch andere Vereinbarungen zu den Unterbringungskosten von Begleitpersonen bestehen.

Die Leistung „stationäre Mitaufnahme einer Begleitperson“ wird von den Krankenkassen als Sachleistung zur Verfügung gestellt. Das heißt, dass der Leistungsbetrag vom Leistungserbringer direkt mit der Krankenkasse abgerechnet wird. Erfolgt jedoch die Kostenübernahme, wenn die Begleitperson außerhalb der stationären Einrichtung untergebracht ist, werden die Kosten im Rahmen der Kostenerstattung übernommen.

Eine Zuzahlung zur stationäre Krankenhausbehandlung fällt für die Begleitperson nicht an. Das heißt, dass eine tägliche Krankenhauszuzahlung von 10,00 Euro nicht zu entrichten ist.

Mitaufnahme eines gesunden Neugeborenen/Säuglings

Grundsätzlich kommt die stationäre Mitaufnahme nach § 11 Abs. 3 SGB V in den Fällen zum Tragen, in denen ein Kind einer stationären Behandlung bedarf und ein Elternteil mit aufgenommen werden muss.

Es kann sich jedoch auch die Fallkonstellation ergeben, dass sich eine behandlungsbedürftige Mutter in stationärer Krankenhausbehandlung befindet und ein gesundes Neugeborenes bzw. ein Säugling mit aufgenommen werden muss.

Mit Besprechungsergebnis vom 22./23.01.2008 haben die Spitzenverbände in ihrer Besprechung zum Leistungsrecht festgehalten, dass die Mitaufnahme des gesunden Neugeborenen/Säuglings zu Lasten der Krankenkasse, bei die Mutter versichert ist, in folgenden Fällen erfolgen kann:

  • Die Mutter wird (nach der Entbindung) aufgrund einer Erkrankung (z. B. kardiales Problem) in ein anderes Krankenhaus verlegt.
  • Es erfolgt eine stationäre Aufnahme der erkrankten Mutter.

Erstattung des Verdienstausfalls

Wird eine Begleitperson – im Regelfall handelt es sich um einen Elternteil – im Krankenhaus mit aufgenommen, kann hierdurch ein Verdienstausfall entstehen. Ebenfalls kann die Situation eintreten, dass sich weitere Kinder im Haushalt befinden, die durch die Mitaufnahme der Begleitperson (die zugleich haushaltsführende Person ist) nicht mehr versorgt sind.

Ab dem 01.01.2024 ist die Rechtsgrundlage für die Erstattung des Verdienstausfalls der Begleitperson die Rechtsvorschrift des § 45 Abs. 1a SGB V. Das bedeutet, dass der Verdienstausfall im Rahmen der Leistung „Kinder-Krankengeld“ berechnet und geleistet wird. Für die Leistung ist die Krankenkasse zuständig, bei der der Elternteil versichert ist, der das Kind in die stationäre Krankenhausbehandlung begleitet. S. hierzu auch: Kinder-Krankengeld.

Rechtslage bis 31.12.2023

In der Vergangenheit (bis 31.12.2023) erstatteten die Krankenkassen den Verdienstausfall auf der Rechtsgrundlage des § 11 Abs. 3 SGB V. Für die Erstattung des Verdienstausfalls einer medizinisch notwendigen Begleitperson bei einer stationären Mitaufnahme war die Krankenkasse zuständig, die auch die Hauptleistung – die stationäre Krankenhausbehandlung – übernehmen musste. Bei der Erstattung des Verdienstausfalls handelte es sich um eine Nebenleistung zur stationären Behandlung.

Die Krankenkassen haben unterschiedliche Regelungen angewandt, in welcher Höhe der Verdienstausfall erstattet wurde. So konnte der Verdienstausfall auch in voller Höhe des entgangenen Netto-Arbeitsentgelts erfolgen.

Teilweise erstatteten die Krankenkassen den Verdienstausfall auch in Höhe von 90 Prozent des ausgefallenen Netto-Arbeitsentgelts und setzten für die Berechnung analog die Berechnung des Kinder-Krankengeldes an. Sofern in den letzten zwölf Kalendermonaten vor der Freistellung von der Arbeit beitragspflichtige Einmalzahlungen bezogen wurden, werden 100 Prozent des ausgefallenen Netto-Arbeitsentgelts erstattet. Allerdings kommt es zu einer Begrenzung des Erstattungsbetrags auf 70 Prozent der kalendertäglichen Beitragsbemessungsgrenze.

Im Kalenderjahr 2023 betrug die kalendertägliche Beitragsbemessungsgrenze 166,38 Euro; 70 Prozent hiervon sind 109,38 Euro (im Kalenderjahr 2022: 112,88 Euro). Sofern der errechnete Erstattungsbetrag diesen Erstattungs-Höchstbetrag überschritten hatte, kam es zu einer entsprechenden Kürzung.

Bei selbstständig Tätigen erfolgte die Erstattung des Verdienstausfalls in Höhe von 70 Prozent des erzielten regelmäßigen Arbeitseinkommens, soweit dieses der Beitragsberechnung unterliegt.

Da es sich bei der Erstattung des Verdienstausfalls im Rahmen des § 11 Abs. 3 SGB V – anders als für Zeiträume ab dem 01.01.2024 – um keine „klassische“ Entgeltersatzleistung handelte, wurden aus dem Erstattungsbetrag keine Sozialversicherungsbeiträge geleistet. Es kam also zu keinem Abzug von Beiträgen zur Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung, wie dies z. B. beim Kinder-Krankengeld der Fall wäre.

Es erfolgte bei der Erstattung des Verdienstausfalls aufgrund einer stationären Mitaufnahme keine (zeitliche) Begrenzung auf zehn bzw. 20 Arbeitstage, auf die im Regelfall ein Anspruch auf das Kinder-Krankengeld (Krankengeld bei Erkrankung eines Kindes nach § 45 SGB V) besteht. Der Anspruch auf Erstattung des Verdienstausfalls besteht vielmehr für die Dauer der medizinisch erforderlichen Mitaufnahme der Begleitperson.

Weitere Kinder vorhanden

Handelt es sich bei der Begleitperson um die haushaltsführende Person und können durch die stationäre Mitaufnahme weitere im Haushalt lebende Kinder nicht mehr versorgt/betreut werden, kann sich ein Anspruch auf Haushaltshilfe nach § 38 SGB V ergeben.

Die Rechtsvorschrift des § 38 SGB V verlangt grundsätzlich, dass die haushaltsführende Person selbst den Haushalt wegen einer Krankenhausbehandlung nicht mehr durchführen kann. Dies wäre bei einer stationären Mitaufnahme nicht der Fall. Nach dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 23.11.1995 (Az. 1 RK 11/95) liegt in diesem Fall eine Gesetzeslücke vor. Diese ist bei einer stationären Mitaufnahme einer Begleitperson durch die entsprechende Anwendung des § 38 SGB V auszufüllen.

Mitaufnahme eines pflegebedürftigen Angehörigen bei stationärer Reha

Seit dem 01.01.2019 gibt es bei stationären Maßnahmen zur medizinischen Rehabilitation einen Anspruch darauf, dass ein pflegender Angehöriger in derselben Einrichtung mit aufgenommen und versorgt wird. Die leistungsrechtliche Verbesserung wurde im Rahmen des „Gesetzes zur Stärkung des Pflegepersonals“ (Pflegepersonal-Stärkungsgesetz, kurz: PpSG) umgesetzt.

Ist ein Versicherter, dem eine stationäre Maßnahme zur Rehabilitation bewilligt wurde, zugleich eine nicht erwerbsmäßig tätige (also ehrenamtliche) Pflegeperson, kann während der Maßnahme der Pflegebedürftige mit aufgenommen werden. Der Pflegebedürftige hat in der stationären Rehabilitationseinrichtung dann neben dem Anspruch auf die Unterkunft und Verpflegung auch einen Anspruch auf pflegerische Versorgung (auf die Grundpflege und Behandlungspflege).

Für die Kostenübernahme der Begleitperson – also für die Mitaufnahme des pflegebedürftigen Angehörigen – ist die Krankenkasse zuständig, die auch die Kosten für die stationäre Rehabilitationsmaßnahme trägt.

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