Ruhen des Anspruchs auf Leistungen der GKV nach § 16 SGB V

In gesetzlich bestimmten Fällen ruht der Anspruch auf Leistungen von der Gesetzlichen Krankenversicherung. In welchen Fällen es zu einem Ruhen des Leistungsanspruchs kommt, wird in § 16 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) beschrieben. In dieser Rechtsvorschrift werden sämtliche allgemein geltende Ruhenstatbestände zusammengefasst.

Neben den allgemein geltenden Ruhenstatbeständen, welche in § 16 SGB V geregelt sind, gibt es für einzelne Leistungen noch gesonderte Ruhensregelungen. Als Beispiel kann hier das „Ruhen des Krankengeldes“ nach § 49 SGB V genannt werden.

Auslandsaufenthalt

Nach § 16 Abs. 1 SGB V ruht der Anspruch auf Leistungen von der Gesetzlichen Krankenversicherung, solange sich Versicherte im Ausland aufhalten. Dies gilt auch dann, wenn sie dort während eines vorübergehenden Aufenthalts erkranken, soweit im Fünften Buch Sozialgesetzbuch nichts Abweichendes bestimmt ist.

Diese Ruhensvorschrift begründet der Gesetzgeber (vgl. Bundestags-Drucksache 11/2237) damit, dass der Anspruch auf Sachleistungen nur im Inland – also in der Bundesrepublik Deutschland – erbracht werden kann. Dementsprechend ist auch eine Kostenerstattung bei einer Erkrankung während eines Auslandsurlaubs ausgeschlossen.

Auch das Krankengeld kann für die Zeit eines Auslandsaufenthalts nicht geleistet werden. Allerdings regelt diesbezüglich § 16 Abs. 4 SGB V eine Besonderheit (s. unten: Ausnahmen).

Ausnahmen

Der Anspruch auf Krankengeld ruht nicht, solange sich Versicherte nach Eintritt der Arbeitsunfähigkeit und mit Zustimmung der Krankenkasse im Ausland aufhalten.

Von der Ruhensregelung des § 16 Abs. 1 SGB V sind auch nicht die Fallkonstellationen betroffen, in denen Leistungsansprüche bei einem Auslandsaufenthalt aufgrund zwischen- bzw. überstaatlichen Rechts verwirklicht werden können. In diesem Bereich gelten die Regelungen der bilateralen Sozialversicherungsabkommen bzw. der EG-Verordnungen.

Ebenfalls kann nach § 17 SGB V ein Leistungsanspruch im Ausland bestehen. Dies ist dann der Fall, wenn ein Mitglied im Ausland beschäftigt wird und während dieser Beschäftigung erkrankt oder Leistungen bei Schwangerschaft oder Mutterschaft erforderlich werden. In diesem Fall muss der Arbeitgeber die Leistungen zunächst übernehmen und erhält die Kosten von der zuständigen Krankenkasse (nach den inländischen Sätzen) wieder erstattet.

Auch nach § 18 SGB V kann eine Kostenübernahme für eine Behandlung im Ausland in Frage kommen. Dies ist dann der Fall, wenn eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur außerhalb des Geltungsbereichs des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich ist.

Dienst aufgrund gesetzlicher Dienstpflicht

Nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 SGB V ruht der Leistungsanspruch auch für Versicherte, solange diese Dienst auf Grund einer gesetzlichen Dienstpflicht oder Dienstleistungen und Übungen nach dem Vierten Abschnitt des Soldatengesetzes leisten.

Diese Ruhensvorschrift gilt auch dann, wenn bereits vor Beginn der Dienstpflicht der Versicherungsfall „Krankheit“ eingetreten ist. Sobald die Voraussetzungen für das Ruhen der Leistungsansprüche nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 SGB V nicht mehr vorliegen, müssen von der Krankenkasse die Leistungen wieder uneingeschränkt erbracht werden.

Was den Anspruch auf Krankengeld anbelangt, wird im Regelfall dieser Anspruch nach § 49 Abs. 1 Nr. 1 SGB V zunächst aufgrund eines Entgeltfortzahlungsanspruchs ruhen (vgl. hierzu Bundesarbeitsgericht vom 02.03.1971, Az.: 1 AZR 284/70). Sollte allerdings kein Entgeltfortzahlungsanspruch (mehr) besteht bestehen, muss das Krankengeld geleistet werden, sofern hierfür alle weiteren Leistungsvoraussetzungen erfüllt sind.

Anspruch auf Heilfürsorge

Nach § 16 Abs. 1 Nr. 3 SGB V ruht der Anspruch auf Leistungen, solange Versicherte nach dienstrechtlichen Vorschriften einen Anspruch auf Heilfürsorge haben oder als Entwicklungshelfer Entwicklungsdienst leisten.

Damit diese Ruhensvorschrift zum Tragen kommt, muss der Anspruch auf Heilfürsorge nach dienstrechtlichen Vorschriften bestehen. Das heißt, dass vertragliche oder tarifvertragliche Regelungen, nach denen ein Anspruch auf Heilfürsorge (Beihilfe) realisiert werden kann, nicht zum Ruhen der Leistungen nach dem SGB V führt.

Freiheitsstrafe/Freiheitsentziehende Maßregel/Untersuchungshaft

Nach § 16 Abs. 1 Nr. 4 SGB V ruht der Anspruch auf Leistungen, solange sich Versicherte

  • in Untersuchungshaft befinden,
  • nach § 126a der Strafprozessordnung einstweilen untergebracht sind oder
  • gegen sie eine Freiheitsstrafe oder freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung vollzogen wird,

soweit die Versicherten als Gefangene Anspruch auf Gesundheitsfürsorge nach dem Strafvollzugsgesetz haben oder sonstige Gesundheitsfürsorge erhalten.

Dass § 126a Strafprozessordnung ausdrücklich in der Ruhensvorschrift des § 16 Abs. 1 Nr. 4 SGB V genannt wird, geht auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 10.03.1987 (Az. 3 RK 23/86) zurück. In diesem Urteil kam das Bundessozialgericht zu dem Ergebnis, dass in diesem Fall der Leistungsanspruch gegenüber der Gesetzlichen Krankenversicherung ruht. Die Ruhensvorschrift kommt auch dann schon zum Tragen, wenn die Unterbringung vorerst als einstweilige Maßnahme durchgeführt wird und diese noch nicht endgültig durch Urteil angeordnet wurde (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts vom 10.03.1987, Az. 3 RK 23/86).

Maßregeln der Besserung und Sicherung, welche zum Ruhen der Leistungen nach dem SGB V führen, sind die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus, die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt und die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung.

Der Vollzug der Freiheitsstrafe oder die Untersuchungshaft eines Versicherten ist für das Ruhen der Leistungen ausreichend. Es ist in diesem Fall irrelevant, ob der Anspruch auf Gesundheitsfürsorge nach dem Strafvollzugsgesetz (StVollzG) dem Leistungsanspruch der Gesetzlichen Krankenversicherung entspricht (vgl. Urteil Bundessozialgericht vom 30.08.1984, Az. 3 BH 3/84).

Freiheitsentziehende Maßregeln, welche zum Ruhen des Leistungsanspruchs nach § 16 Abs. 1 Nr. 4 SGB V führen, sind solche des Strafrechts. Hierzu gehören unter anderem die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach dem Strafgesetzbuch (StGB).

Ausnahmen

Für Freigänger ruht der Anspruch auf Leistungen nach § 16 Abs. 1 Nr. 4 SGB V nicht. Da für diesen Personenkreis vielmehr der Anspruch auf die Gesundheitsfürsorge (nach § 62a StVollzG) ruht, kommt die Ruhensvorschrift nach dem SGB V nicht zum Tragen.

Die Ruhensvorschrift des § 16 Abs. 4 SGB V greift auch nicht für den Anspruch auf Krankengeld, da diese Leistung im Rahmen der Gesundheitsfürsorge nicht vorgesehen ist. In der Folge kann für Versicherte, die während einer Arbeitsunfähigkeit die Haft antreten, Krankengel gewährt werden. Das Krankengeld kann auch dann gewährt werden, wenn der Krankengeldanspruch aufgrund einer Beschäftigung als Freigänger entstanden ist.

Leistungsanspruch bei ausländischem Unfallversicherungsträger

Mit § 11 Abs. 5 SGB V wird geregelt, dass auf Leistungen von der Gesetzlichen Krankenversicherung kein Anspruch besteht, wenn sie als Folge eines Versicherungsfalls der Gesetzlichen Unfallversicherung (Arbeitsunfall, Wegeunfall, Berufskrankheit) – nach dem Siebten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) zu erbringen sind. Eventuelle Leistungsansprüche von einem ausländischen Träger der Unfallversicherung werden damit jedoch nicht ausgeschlossen, weshalb mit § 16 Abs. 2 SGB V eine Ruhensregelung geschaffen wurde. Nach dieser Rechtsvorschrift – mit der Doppelleistungen vermieden werden sollen – ruhen die Leistungen der Gesetzlichen Unfallversicherung, wenn Versicherte gleichartige Leistungen von einem ausländischen Unfallversicherungsträger erhalten.

Mit § 16 Abs. 2 SGB V wird die Zuständigkeitsverlagerung auch auf die ausländische Unfallversicherung fortgesetzt, indem die Leistungsansprüche nach dem SGB V ruhen, wenn aufgrund eines Arbeitsunfall nach ausländischen Rechtsvorschriften Leistungen realisiert werden können.

Damit die Ruhensvorschrift des § 16 Abs. 2 SGB V zum Tragen kommt, muss der Versicherte die Leistungen vom ausländischen Unfallversicherungsträger auch tatsächlich erhalten. Es ist nicht ausreichend, wenn der Anspruch lediglich besteht.

Wann die Leistungen von einem ausländischen Unfallversicherungsträger „gleichartig“ sind, hat das Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 06.03.1991, Az. 13/5 RJ 39/90 ausgeführt. Danach handelt es sich um „gleichartige Leistungen“, wenn sie im Kerngehalt den typischen Merkmalen der Leistungen aus dem Inland entsprechen. Die Leistungen müssen dabei nicht vollumfänglich, z. B. in der Höhe, übereinstimmen.

Sollten die ausländischen Leistungen geringer sein als die Leistungen, welche nach dem SGB V gewährt werden können, wird die Differenz von der Gesetzlichen Krankenversicherung erbracht.

Beitragsrückstand

Mit § 16 Abs. 1 Nr. 3a SGB V gibt es eine Ruhensvorschrift, nach der die Leistungen ruhen, wenn sich Versicherte mit einem Betrag in Höhe von Beitragsanteilen für zwei Monate im Rückstand befinden und trotz Mahnung nicht zahlen.

Näheres zu diesem Thema unter: Ruhen des Leistungsanspruchs bei Beitragsrückstand

Seeleute

Nach § 16 Abs. 3 SGB V ruht der Anspruch auf Leistungen, soweit durch das Seearbeitsgesetz (SeeArbG) für den Fall der Erkrankung oder Verletzung Vorsorge getroffen ist. Er ruht insbesondere, solange sich das Besatzungsmitglied an Bord des Schiffes oder auf der Reise befindet, es sei denn, das Besatzungsmitglied hat nach § 100 Abs. 1 des Seearbeitsgesetztes die Leistungen der Krankenkasse gewählt oder der Reeder hat das Besatzungsmitglied nach § 100 Abs. 2 des Seearbeitsgesetzes an die Krankenkasse verwiesen.

Das Ruhen des Leistungsanspruchs gilt auch dann, wenn sich das Besatzungsmitglied in einem Staat der EG, des EWR oder in einem Staat aufhält, mit dem ein Sozialversicherungsabkommen auf dem Gebiet der Krankenversicherung besteht. Ausnahme hiervon ist nur, wenn der Versicherte in dem jeweiligen Staat seinen Wohnort hat. Das bedeutet, dass ein Seemann die Leistungen nicht über die europäische Krankenversichertenkarte (EHIC) in Anspruch nehmen darf, außer dieser befindet sich gerade auf einer Urlaubsreise.

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