Unterstützungspflege im Rahmen der häuslichen Krankenpflege (HKP)

Mit dem 01.01.2016 ist § 37 Abs. 1a Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) in Kraft getreten. Diese Rechtsvorschrift wurde im Rahmen des Krankenhausstrukturgesetzes (Gesetz zur Reform der Strukturen der Krankenhausversorgung, kurz: „KHSG“) eingeführt und sieht für Versicherte in bestimmten Fällen einen Leistungsanspruch auf Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung vor. Im Zusammenhang mit der Leistung nach § 37 Abs. 1a SGB V spricht man von der sogenannten Unterstützungspflege. Die Unterstützungspflege ist ein Teil der häuslichen Krankenpflege (HKP).

Der Gesetzestext des § 37 Abs. 1a SGB V

Versicherte erhalten an geeigneten Orten im Sinne von Absatz 1 Satz 1 wegen schwerer Krankheit oder wegen akuter Verschlimmerung einer Krankheit, insbesondere nach einem Krankenhausaufenthalt, nach einer ambulanten Operation oder nach einer ambulanten Krankenhausbehandlung, soweit keine Pflegebedürftigkeit mit Pflegegrad 2, 3, 4 oder 5 im Sinne des Elften Buches vorliegt, die erforderliche Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung. Absatz 1 Satz 4 und 5 gilt entsprechend.

Allgemeines

Mit dem § 37 Abs. 1a SGB V wurden ab dem 01.01.2016 neue Leistungsansprüche im Rahmen der häuslichen Krankenpflege für die Versicherten der Gesetzlichen Krankenversicherung geschaffen. Gleichzeitig wurde auch ein Leistungsanspruch auf Kurzzeitpflege (nach § 39a SGB V) durch die Krankenversicherung und ein erweiterter Anspruch auf Haushaltshilfe (nach § 38 SGB V) eingeführt. Auf die neuen Leistungen, wozu auch die Unterstützungspflege gehört, besteht bei einer schweren Krankheit oder akuten Verschlimmerung einer Krankheit ein Anspruch, insbesondere nach einem stationären Krankenhausaufenthalt, einer ambulanten Krankenhausbehandlung oder einer ambulanten Operation.

Die neuen Leistungen wurden deshalb eingeführt, weil die Versicherten in bestimmten Konstellationen mit grundpflegerischen und hauswirtschaftlichen Leistungen nicht adäquat versorgt waren. Daher wurde eine Versorgungslücke für die Versicherten geschlossen.

Damit die neue Rechtsvorschrift von den Krankenkassen einheitlich ausgelegt bzw. umgesetzt wird, wurde hierzu ein „Gemeinsames Rundschreiben zu den leistungsrechtlichen Vorschriften des Gesetzes zur Reform der Strukturen der Krankenhausversorgung“ erlassen, welches auf den 20.06.2016 datiert.

Anspruchsvoraussetzungen im Allgemeinen

Anspruchsvoraussetzung für die Unterstützungspflege nach § 37 Abs. 1a SGB V ist, dass Versicherte wegen schwerer Krankheit oder wegen akuter Verschlimmerung einer Krankheit einen Bedarf an einer grundpflegerischen und hauswirtschaftlichen Versorgung haben. Explizit werden in der Gesetzesvorschrift die Situationen nach einem Krankenhausaufenthalt, einer ambulanten Krankenhausbehandlung oder einer ambulanten Operation genannt. Das heißt, dass sich der Bedarf (an einer grundpflegerischen und hauswirtschaftlichen Versorgung) aufgrund einer konkreten, wesentlich geändert Situation ergeben muss. Sollte der Versorgungsbedarf dauerhaft bestehen und ist dieser unabhängig von der akuten Versorgungssituation, besteht kein Anspruch auf die Unterstützungspflege.

Der Anspruch auf die Unterstützungspflege kann nur bei physischen Einschränkungen gegeben sein. Nach der Gesetzesbegründung (Artikel 6 Nummer 0) besteht kein Leistungsanspruch bei psychischen und kognitiven Einschränkungen.

Weitere Anspruchsvoraussetzung ist, dass der Versicherte nicht pflegebedürftig im Sinne der Sozialen Pflegeversicherung ist und deshalb auch nicht mindestens dem Pflegegrad 2 zugeordnet wurde.

Der Anspruch auf die Unterstützungspflege besteht für höchstens vier Wochen und kann nur in begründeten Ausnahmefällen über diese Dauer hinaus geleistet werden.

Die Unterstützungspflege muss ärztlich verordnet werden.

Die Anspruchsvoraussetzungen im Einzelnen

Mögliche Fallkonstellationen

Wann es sich um eine schwere Krankheit bzw. um eine akute Verschlimmerung einer Krankheit im Sinne des § 37 Abs. 1a SGB V handelt, wurde gesetzlich nicht näher definiert. Auch die Gesetzesbegründung gibt hierzu keine Anhaltspunkte. Es ist daher nach den Ausführungen im Gemeinsamen Rundschreiben (Punkt 3.2.1) die Gesamtsituation zu betrachten und zu bewerten.

Die folgenden Fallkonstellationen können unter anderem einen Anspruch auf die Unterstützungspflege im Sinne des § 37 Abs. 1a SGB V auslösen:

Schwere Erkrankung

Als Beispiel einer schweren Erkrankung können Situationen genannt werden, in denen die Mobilität durch schwere Funktionsstörungen am Stütz- und Bewegungsapparat stark eingeschränkt wird, beispielsweise nach einem akuten Bandscheibenvorfall, nach einer Fraktur oder nach einer Bänderverletzung einer unteren Extremität.

Ambulante oder stationäre Operationen

Als Beispiel können hier die Situationen nach einer ambulanten oder stationären Operation genannt werden, die nach einer Hüftgelenk-Endoprothese infolge einer Oberschenkelhalsfraktur starke körperliche Einschränkungen/Beeinträchtigungen hervorruft.

Zeitraum Krankenhausentlassung – Anschluss-Reha

Auch der Zeitraum zwischen einer Krankenhausentlassung und einer Anschluss-Rehabilitation kann eine Unterstützungspflege auslösen. Dies sind die Zeiträume, ab denen keine Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit mehr besteht, allerdings noch keine Rehabilitationsfähigkeit gegeben ist.

Während/nach bestimmten Therapien:

Führen Therapien zum Beispiel zu starken körperlichen Einschränkungen bzw. zu Beeinträchtigungen, kann ebenfalls ein Anspruch auf die Unterstützungspflege ausgelöst werden. Dies kann beispielsweise bei bzw. nach einer Chemo- oder Strahlentherapie der Fall sein.

Weitere Fallkonstellationen

Neben den o. g. Fallkonstellationen kann auch noch in anderen Situationen die Unterstützungspflege in Frage kommen, sofern die grundpflegerische und hauswirtschaftliche Versorgung nach einem eingetretenen Ereignis erforderlich wird.

Keine Pflegebedürftigkeit mit mindestens Pflegegrad 2

Damit die Unterstützungspflege nach § 37 Abs. 1a SGB V geleistet werden kann, darf der Versicherte nicht einen der Pflegegrade 2 bis 5 zugeordnet sein. Ist ein Versicherter mindestens dem Pflegegrad 2 zugeordnet, kann ein Leistungsanspruch über die Soziale Pflegeversicherung realisiert werden. Da in diesem Fall keine Versorgungslücke besteht, musste durch den Gesetzgeber bei einer bestehenden Pflegebedürftigkeit kein gesetzlicher Anspruch auf die Unterstützungspflege geschaffen werden.

Ein Ausschluss für einen Anspruch nach § 37 Abs. 1a SGB V ist allerdings dann nicht gegeben, wenn der Versicherte „nur“ dem Pflegegrad 1 zugeordnet wurde. Beim Pflegegrad 1 handelt es sich um einen Pflegegrad, der einen niedrigschwelligen Zugang zu den Pflegeleistungen nach dem SGB XI ermöglichen soll. Dieser Pflegegrad wurde im Rahmen des Zweiten Pflegestärkungsgesetzes (PSG II) eingeführt und sieht nur einen eingeschränkten Leistungsanspruch vor; der Leistungsanspruch selbst wurde vom Gesetzgeber so gestaltet, dass mit den zustehenden Leistungen die noch vorhandenen Fähigkeiten und Selbstständigkeiten erhalten werden können.

Wird einem Versicherten rückwirkend mindestens der Pflegegrad 2 für eine Zeitraum zuerkannt, für den die Unterstützungspflege nach § 37 Abs. 1a SGB V erbracht wurde, hat die Krankenkasse gegenüber der Pflegekasse einen Erstattungsanspruch. Dieser Erstattungsanspruch ergibt sich aus den §§ 102 ff. SGB X und bezieht sich auf die Zeit ab dem mindestens der Pflegegrad 2 zuerkannt wird. Der Erstattungsanspruch der Krankenkasse wird über die Pflegesachleistung nach § 36 SGB XI befriedigt. Sollte der Pflegesachleistungs-Höchstanspruch durch den Erstattungsanspruch nicht ausgeschöpft werden, hat der Versicherte ggf. noch einen Anspruch auf Gewährung eines anteiligen Pflegegeldes nach § 38 SGB XI.

Keine im Haushalt lebende Person

Der Anspruch auf die häusliche Krankenpflege – und damit auch auf die Unterstützungspflege – besteht nach § 37 Abs. 3 SGB V nur, soweit eine im Haushalt lebende Person den Kranken nicht in dem erforderlichen Umfang pflegen und versorgen kann.

Der Sachverhalt, ob eine im Haushalt lebende Person den Kranken versorgen kann, ist danach zu beurteilen, ob diese die grundpflegerische und hauswirtschaftliche Versorgung erbringen kann. Grundsätzlich wird unterstellt, dass die hauswirtschaftliche Versorgung erbracht werden kann. Daher konzentriert sich die Prüfung dieses Ausschlusstatbestandes darauf, ob die im Haushalt lebende Person auch die grundpflegerische Versorgung erbringen kann. Diesbezüglich wird ein anderer Beurteilungsmaßstab angelegt, als dieser bei Krankenhausvermeidungspflege (§ 37 Abs. 1 SGB V) oder bei der Krankenhausverkürzungspflege (§ 37 Abs. 2 SGB V) – in diesen Fällen muss auch die Behandlungspflege erfolgen – angelegt wird.

Dauer des Leistungsanspruchs

Dadurch, dass § 37 Abs. 1a Satz 2 SGB V regelt, dass Abs. 1 Satz 4 und 5 gilt, ist der Anspruch auf die Unterstützungspflege auf vier Wochen je Krankheitsfall begrenzt. Eine Leistung darüber hinaus ist nur in Ausnahmefällen möglich, welche entsprechend medizinisch zu begründen sind und durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) festgestellt werden müssen.

Orte, an denen die Unterstützungspflege geleistet wird

Die Unterstützungspflege nach § 37 Abs. 1a SGB V kann an allen geeigneten Orten im Sinne des § 37 Abs. 1 SGB V erbracht werden. Demnach kommt als Ort, an dem die Unterstützungspflege geleistet werden kann, neben dem Haushalt des Versicherten auch der Haushalt seiner Familie in Betracht.

Ebenfalls kann die Unterstützungspflege an sonstigen geeigneten Orten, an denen sich der Versicherte regelmäßig wiederkehrend aufhält, erbracht werden. Voraussetzung ist, dass an diesen Orten die verordnete Maßnahme zuverlässig durchgeführt werden kann und für die Erbringung der einzelnen Maßnahmen geeignete räumliche Verhältnisse vorliegen. Hierbei handelt es sich insbesondere um betreute Wohnformen, Kindergärten und Schulen.

Leistungsinhalt

Leistungsinhalt der Unterstützungspflege sind die Grundpflege und die hauswirtschaftliche Versorgung.

Als Grundpflege kommen Grundpflegeverrichtungen des täglichen Lebens in Betracht. Hierzu gehören unter anderem die Verrichtungen Körperpflege und die Ernährung.

Abgrenzung zur Haushaltshilfe nach § 38 SGB V

Da bei einem Bedarf an hauswirtschaftlicher Versorgung auch die Leistung Haushaltshilfe nach § 38 SGB V in Betracht kommen kann, muss die Übergangspflege nach § 37 Abs. 1a SGB V von der Haushaltshilfe nach § 38 SGB V abgegrenzt werden.

Sollte beim Versicherten ausschließlich ein Bedarf an hauswirtschaftlicher Versorgung bestehen, kommt die Haushaltshilfe nach § 38 SGB V in Betracht. Sollte ein Versicherter neben der hauswirtschaftlichen Versorgung mindestens einen grundpflegerischen Versorgungsbedarf haben, kommt die Übergangspflege nach § 37 Abs. 1a SGB V in Betracht.

Zuzahlung

Wie bei nahezu allen Leistungen müssen Versicherten auch bei der Inanspruchnahme der Unterstützungspflege Zuzahlungen leisten. Die Zuzahlung beträgt nach § 37 Abs. 5 SGB V in Verbindung mit § 61 Satz 3 SGB V zehn Prozent der Kosten, zusätzlich 10,00 Euro je Verordnung. Die Zuzahlung ist von Versicherten zu leisten, die das 18. Lebensjahr vollendet haben. Begrenzt ist die Zuzahlung auf die ersten 28 Kalendertage der Leistungsinanspruchnahme je Kalenderjahr.

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