Heilmittel nach § 32 SGB V

Versicherte der Gesetzlichen Krankenversicherung haben nach § 32 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) einen Anspruch auf Versorgung mit Heilmitteln.

Bei Heilmitteln handelt es sich um nichtärztliche medizinische Dienstleistungen, welche dazu beitragen Krankheiten zu verhindern, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern.

Die erforderlichen Heilmittel können die Versicherten der Gesetzlichen Krankenkasse beanspruchen. Grundlage hierfür ist eine ärztliche Verordnung – ein Rezept – über das dann beim Heilmittelerbringer (z. B. Krankengymnast, Physiotherapeuten, Logopäden) die Leistung abgerufen werden kann. Die Abrechnung nimmt dann der Heilmittelerbringer mit der zuständigen Krankenkasse vor.

Zuzahlung

Nehmen Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, Heilmittel zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung in Anspruch, fällt eine Zuzahlung an. Diese beträgt nach § 32 Abs. 2 in Verbindung mit § 61 Satz 3 SGB V 10,00 Euro für die Verordnung und zusätzlich zehn Prozent der Kosten, die für die Heilmitteltherapie entstehen.

Heilmittel-Richtlinie

Welche Heilmittel bei bestimmten Erkrankungen sinnvoll erachtet werden, wird in der Heilmittel-Richtlinie beschrieben. Danach muss die Verordnung durch den Arzt ausgerichtet werden.

Nach der Art und Schwere der Erkrankung richtet sich die Anzahl der Therapieeinheiten. Allerdings ist die Verordnung von Therapieeinheiten je Verordnung beschränkt. So dürfen je Verordnung in der physikalischen Therapie bis zu sechs Einheiten und in der Stimm-, Sprech-, Sprach- und Ergotherapie bis zu zehn Einheiten verordnet werden. Der Erfolg der Behandlung wird nach der Erstverordnung überprüft und danach vom Arzt ggf. eine Folgeverordnung ausgestellt. Wie viele Folgeverordnungen der Arzt ausstellen darf, ist von der Höchstmenge an Heilmittel-Behandlungen abhängig, welche für die Erkrankung festgelegt ist (Gesamtverordnungsmenge).

§ 32 Abs. 1a SGB V regelt, dass Versicherten mit einem langfristigem Behandlungsbedarf die Möglichkeit haben, sich die erforderlichen Heilmittel von der Krankenkasse für einen geeigneten Zeitraum genehmigen zu lassen. Bei solchen Langfristverordnungen haben manche Krankenkassen allerdings einen Genehmigungsverzicht ausgesprochen. In diesem Fall ist bei der zuständigen Krankenkasse kein Antrag zu stellen; vielmehr entscheidet der Arzt über die medizinische Notwendigkeit für die Erbringung von Heilmitteln.

Heilmittel-Übersicht

Folgend ist eine Übersicht, welche Leistungen als Heilmittel von der Krankenkasse erbracht werden können.

Massagen

Bei Massagen werden mit bestimmten Massagegriffen (Kneten, Streichen, Klopfen) Verspannungen gelöst und Schmerzen gelindert. Die Verordnung von Massagen kommt bei Muskelverspannungen in Fragen, insbesondere nach Gelenkoperationen, speziellen Wirbelsäulenerkrankungen, Knochenbrüchen oder Bänderverletzungen. In Einzelfällen werden die Massagen mit anderen physikalischen Therapien (z. B. Thermotherapie) kombiniert.

Krankengymnastik

Bei einer Krankengymnastik handelt es sich um gezielte krankengymnastische Techniken und Übungen für die Stärkung und Beweglichkeit der Muskulatur. Insbesondere nach Bänderrissen, Knochenbrüchen, Gelenkoperationen oder Bandscheibenvorfällen kommt die Krankengymnastik in Frage. Die Verordnung von Krankengymnastik kann als Einzeltherapie oder Gruppentherapie verordnet werden. Wird an Geräten trainiert, z. B. an einem Seilzuggerät, spricht man von der sogenannten gerätegestützten Krankengymnastik.

Krankengymnastik nach Bobath oder Vojta kommt bei Versicherten nach einem Schlaganfall oder bei Kindern mit angeborenen Hirnstörungen in Frage.

Lymphdrainagen

Lymphdrainagen sind eine spezielle Massagetechnik zur Anregung des Lymphflusses. Damit soll Flüssigkeit, welche sich im Gewebe angestaut hat, besser abfließen und belastende Stoffe beschleunigter abtransportiert werden. Dadurch gehen Schwellungen schneller zurück.

Die Lymphdrainagen werden unter anderem bei Lymphödemen, bei Schwellungen nach Operationen oder bei einer chronischen Schwäche der Beinvenen eingesetzt.

Thermotherapie

Bei der Thermotherapie wird der betroffene Körperteil mit Wärme behandelt. Dies erfolgt z. B. mit Heißluft, einer Warmpackung oder mit Ultraschall. Auch mit Kälte, z. B. mit einer Eispackung oder mit Kaltluft kann die Behandlung erfolgen. Thermotherapie soll zur Hemmung von Schmerzen, Schwellungen oder Entzündungen oder zur Stimulation der Muskulatur erfolgen.

Die Thermotherapie kommt unter anderem nach Bänderdehnungen, nach Gelenkoperationen oder Bandscheibenvorfällen in Frage und wird ergänzend zu anderen Therapieformen verordnet.

Die Hitze- bzw. Kältereize werden ausschließlich als Ergänzung zu anderen Therapien (z. B. Massage oder Krankengymnastik) eingesetzt.

Elektrotherapie

Mittels Elektrotherapie werden vom Physiotherapeuten mit elektronischen Reizen Patienten mit Nervenschmerzen, Nervenentzündungen, Arthrose, Weichteilschmerzen, Muskelschwäche oder Lähmungen behandelt. Mit unterschiedlichen Stromarten wird der betroffene Körperteil durchflutet. Damit können Schmerzen gelindert, Muskeln aktiviert, Entzündungen gehemmt oder die Durchblutung gefördert werden.

Ergotherapie

Mit der Ergotherapie sollen körperlich oder seelisch erkrankte Menschen wieder zur aktiven Teilnahme am Alltagsleben befähigt werden. Die Ergotherapie kommt unter anderem für Versicherte in Frage, die in ihren Bewegungen eingeschränkt sind und unter Haltungsstörungen leiden. Dies ist z. B. bei Wirbelsäulenbrüchen oder rheumatoider Arthritis, nach einem Schlaganfall oder hochgradigen Verbrennungen der Fall. Durch die Ergotherapie wird durch gezielte Behandlungstechniken erlernt, wie man sich wieder selbstständig waschen und anziehen oder den Haushalt wieder führen kann.

Durch ergotherapeutische Maßnahmen können auch bei Kindern mit angeborenen oder früh erworbenen Hirnschädigungen mit bestimmten Entwicklungs- und Verhaltensstörungen oder mit Problemen bei der Koordination die Beweglichkeit, Geschicklichkeit und die Fähigkeit, sind dem Alter entsprechend zu verhalten, verbessert werden.

Der Arzt kann auch bei seelischen Erkrankungen, z. B. bei Schizophrenie, bei schweren Depressionen oder bei Angststörungen Ergotherapie verordnen.

Stimm-, Sprech- und Sprachtherapie

Von der Stimm-, Sprech- und Sprachtherapie können Kinder profitieren, die mit der Lautbildung (z. B. Lispeln) oder Wortfindung Probleme haben. Haben sie eine schwer verständliche Aussprache oder verdrehen Wörter in einem Satz, kann die Sprachentwicklung von Kindern gestört sein. Sprachtherapeuten/Logopäden können im Rahmen der Stimm-, Sprech- und Sprachtherapie hier gezielte Übungen ansetzen.

Bei Erwachsenen können z. B. bei einer hochgradigen Schwerhörigkeit, nach einer Krebserkrankung an Kehlkopf und Stimmbändern oder nach einem Schlaganfall sprachtherapeutische Hilfen zum Einsatz kommen.

Verbesserungen ab 2017 bei langfristigem Heilmittelbedarf

Mit dem GKV-Versorgungsstrukturgesetz wurde der G-BA beauftragt, bis zum 30.06.2016 Näheres zum Genehmigungsverfahren in Bezug auf langfristige Heilmittelverordnungen zu regeln. Aufgrund dessen wurde die Heilmittel-Richtlinie vereinfacht; der Beschluss über die Verbesserung wurde seitens des G-BA am 19.05.2016 gefasst. Kernpunkt ist, dass es zu einer beschleunigten Genehmigung von langfristig erforderlichen Heilmitteln kommt.

Das vereinfachte Verfahren wird durch zwei Diagnoselisten umgesetzt, welche als Anlage der Heilmittel-Richtlinie beigefügt wurden. Liegt bei einem Versicherten eine Erkrankung vor, welche in der Anlage genannt ist, kann der Arzt ohne vorherige Einschaltung der Krankenkasse das erforderliche Heilmittel langfristig verordnen. Um eine langfristige Verordnung handelt es sich in diesem Sinne dann, wenn das Heilmittel aufgrund einer schweren funktionellen oder strukturellen Schädigung fortlaufend und über einen Zeitraum von wenigstens einem Jahr erforderlich wird.

Sollte die beim Versicherten vorliegende Erkrankung nicht in eine der zwei Diagnoselisten aufgeführt sein, kann dennoch eine kontinuierliche Heilmittelversorgung erforderlich werden. Der behandelnde Arzt muss in diesem Fall eine Verordnung mit einer entsprechenden Begründung ausstellen, dass die vorliegende Erkrankung hinsichtlich Schwere und Langfristigkeit mit einer in der Diagnoseliste genannten Erkrankung vergleichbar ist und daher auch hier ein langfristiger Heilmittelbedarf besteht. Die Notwendigkeit kann sich auch aus der Summierung einzelner Erkrankungen ergeben. Erstellt der Arzt eine solche Verordnung, muss diese der Krankenkasse vorgelegt werden, welche innerhalb von vier Wochen eine Entscheidung treffen muss. Im Regelfall werden solche Verordnungen seitens der Krankenkasse dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) zur Einholung einer medizinischen/ärztlichen Stellungnahme vorgelegt. Sollten für die Beurteilung noch weitere ärztliche Unterlagen erforderlich werden, werden diese direkt beim Verordnung ausstellenden Arzt eingeholt. In diesem Fall wird die Vier-Wochen-Frist bis zum Eingang der ergänzenden Informationen unterbrochen.

Während bei einem Versicherten ein Antrag bei der Krankenkasse auf Genehmigung einer langfristigen Heilmittel-Verordnung läuft, kann die Heilmittel-Therapie in Anspruch genommen werden. Sollte es zu einer Ablehnung kommen, werden die Kosten bis zu dem Zeitpunkt übernommen, zu dem die Ablehnung dem Versicherten zugeht.

Auch bei einer Ablehnung der langfristigen Heilmittel-Verordnung durch die Krankenkasse, kann der Arzt die medizinisch erforderliche Heilmittel-Therapie entsprechend den allgemeinen Regelungen der Heilmittel-Richtlinie verordnen.

Sollte von der Krankenkasse eine langfristige Heilmittel-Verordnung bewilligt worden sein, ist mindestens alle zwölf Wochen der Arzt zur Kontrolle zu konsultieren und auch in diesen Fällen eine erneute Heilmittel-Verordnung notwendig. Die Genehmigung der Krankenkasse gilt auch bei einem Arztwechsel weiter.

Bildnachweis: © Robert Kneschke

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