Kostenübernahme für Sehhilfen durch GKV 

Die gesetzlichen Vorschriften sehen vor, dass die gesetzlichen Krankenkassen Sehhilfen übernehmen. Bislang wurde der Anspruch in der Vergangenheit nur auf gesetzlich eng begrenzte Ausnahmen beschränkt. Durch das Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetz (Gesetz zur Stärkung der Heil- und Hilfsmittelversorgung, kurz: HHVG) wurde ab April 2017 der Anspruch auf die Versorgung mit Sehhilfen wieder erweitert.

Versicherte bis Vollendung des 18. Lebensjahres

Versicherte haben nach § 33 Abs. 2 Satz 1 SGB V bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen.

Versicherte ab Vollendung des 18. Lebensjahres

Nach Vollendung des 18. Lebensjahres besteht nur dann ein Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen, wenn aufgrund einer Sehschwäche oder Blindheit, entsprechend der von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlenen Klassifikation des Schweregrades der Sehbeeinträchtigung, auf beiden Augen eine schwere Sehbeeinträchtigung mindestens der Stufe 1 vorliegt (§ 33 Abs. 2 Satz 2 SGB V).

Dies betrifft Versicherte, die unter

  • Blindheit beider Augen (Diagnoseschlüssen H54.0),
  • Blindheit eines Auges und Sehschwäche des anderen Auges (Diagnoseschlüssel H54.1) oder
  • Sehschwäche beider Augen (Diagnoseschlüssel H54.2)

leiden.

Eine Sehbeeinträchtigung der Stufe 1 nach der WHO liegt dann vor, wenn mit bestmöglicher Korrektur nur noch eine Sehschärfe (Visus) von 0,3 bis 0,1 (also maximal von 30%) erreicht werden kann!

Leistungsverbesserung ab April 2017

Mit dem Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetz, verkündet im Bundesgesetzblatt am 10.04.2017, wurde der Anspruch auf Sehhilfen wieder erweitert. Damit besteht wieder ein Anspruch auf Sehhilfen für einen verordneten Fern-Korrekturausgleich für einen Refraktionsfehler von:

  • mehr als sechs Dioptrien bei Myopie (Kurzsichtigkeit) oder Hyperopie (Weitsichtigkeit) und
  • mehr als vier Dioptrien bei Astigmatismus (Stabsichtigkeit bzw. Hornhautverkrümmung).

Unverändert besteht der Anspruch zur Behandlung von Augenerkrankungen oder Augenverletzungen auf therapeutische Sehhilfen (s. unten).

Der Anspruch auf die Kostenübernahme für das Brillengestellt ist nach wie vor ausgeschlossen.

Kunststoffgläser nur im Ausnahmefall

Die Verordnung von Kunststoffgläser kann nur – wenn ein grundsätzlicher Anspruch auf eine Sehhilfe besteht – in folgenden Fällen erfolgen:

  • Kindern im Vorschulalter, unabhängig von der Gläserstärke,
  • Kindern bis zum 14. Lebensjahr ab +/- 5,0 dpt,
  • Gläserstärken ab + 6,0/ - 8,0 dpt aus Gewichtsgründen,
  • Brechkraftunterschied der Gläser ab 3,0 dpt zwecks Minderung der durch den Gewichtsunterschied bedingten Unzuträglichkeiten,
  • Patienten mit chronischem Druckekzem der Nase, mit Fehlbildungen oder Missbildungen des Gesichts, insbesondere im Nasen- und Ohrenbereich, wenn trotz anatomisch geeigneter Brillenfassungswahl und bei Verwendung mineralischer Gläser ein befriedigender Sitz der Brille nicht gewährleistet ist,
  • Brillen, die im Rahmen der Schulpflicht für die Teilnahme am Schulsport erforderlich sind.

Kontaktlinsen

Sofern ein Anspruch auf die Versorgung mit Sehhilfen besteht, (s. oben) werden durch die Gesetzliche Krankenkasse auch die Kosten für Kontaktlinsen übernommen, wenn diese medizinisch zwingend erforderlich sind. Diese Ausnahmefälle wurden durch den Gemeinsamen Bundesausschuss definiert. Die Ausnahmefälle sind:

  • Myopie ab 8,0 dpt,
  • Hyperopie ab 8,0 dpt,
  • irregulärer Astigmatismus, wenn damit eine um mindestens 20 Prozent verbesserte Sehstärke gegenüber Brillengläsern erreicht wird,
  • Astigmatismus rectus und inversus ab 3,0 dpt,
  • Astigmatismus obliquus (Achslage 45 Grad+/-30 Grad bzw. 135 Grad +/- 30 Grad) ab 2 dpt,
  • Keratokonus,
  • Aphakie,
  • Aniseikonie (bei gleicher oder wenig differenter Refraktion beider Augen muss eine Aniseikoniemessung nach einer anerkannten reproduzierbaren Bestimmungsmethode erfolgen und dokumentiert werden),
  • Anisometropie ab 2,0 dpt.

Die Kosten für Pflegemittel können nicht von der Krankenkasse übernommen werden.

Erneuter Anspruch auf eine Sehhilfe

Ein erneuter Anspruch auf eine Sehhilfe besteht ab dem vollendeten 14. Lebensjahr nur bei einer Änderung der Sehfähigkeit um mindestens 0,5 Dioptrien.

Therapeutische Sehhilfen 

Therapeutische Sehhilfen werden zur Behandlung von Augenerkrankungen oder Augenverletzungen eingesetzt. Diese sind, wenn die medizinische Notwendigkeit gegeben ist, verordnungsfähig.

Therapeutische Sehhilfen sind z. B.

  • Okklusionspflaster bei Amblyopie, d.h. einer funktionellen Schwachsichtigkeit mit Herabsetzung der zentralen Sehschärfe ohne erkennbaren pathologischen Befund,
  • Uhrglasverbände bei unvollständigem Lidschluss, z.B. infolge einer Gesichtslähmung, um das Austrocknen der Hornhaut zu vermeiden,
  • Irislinsen bei den Blendschutz herabsetzenden Substanzverlusten der Iris- Regenbogenhaut- (z. B. Iriskolobom, Aniridie, traumatische Mydriasis, Iridodialyse),
  • Verbandlinsen/Verbandschalen bei/nach Erosionen, Epitheldefekten, Ulzeration der Hornhaut (nicht nach refraktiv-chirurgischen Eingriffen), Abrasio nach Operation (nicht nach refraktiv-chirurgischen Eingriffen), Verletzung, Verbrennung, Verätzung, u. s. w.

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