Kostenzuschuss bei künstlicher Befruchtung verfassungsgemäß

§ 27a SGB V sieht die Kostenübernahme durch die Gesetzliche Krankenversicherung für medizinische Leistungen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft vor. Allerdings ist der Anspruch nach Abs. 3 a. a. O. auf 50 Prozent der mit dem Behandlungsplan genehmigten Kosten begrenzt. Diese gesetzliche Regelung besteht seit dem 01.01.2004. Bis zum 31.12.2003 sah der Leistungskatalog der GKV eine hundertprozentige Kostenübernahme vor. Im Rahmen des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung, kurz: GMG, wurde der Anspruch auf einen 50%igen Kostenzuschuss reduziert.

Gegen diese Regelung klagte ein Ehepaar, welches im März 2005 von der zuständigen Krankenkasse die Kosten für die grundsätzlich indizierte künstliche Befruchtung nur in Höhe der halben Kosten bewilligt bekam. Das Ehepaar sah in der ab 01.01.2004 geltenden Gesetzesregelung eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes des Artikel 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG).

Entscheidung Bundesverfassungsgericht

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) nahm die Verfassungsbeschwerde des Ehepaares nicht an und entschied mit Beschluss vom 27.02.2009 unter dem Aktenzeichen, 1 BvR 2982/07, dass keine Erfolgsaussicht besteht. Das BVerfG verwies auf die Entscheidung seines Urteils vom 28.02.2007, mit dem die aufgeworfenen Fragen bereits hinreichend geklärt wurden.

Medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft können nicht als „Behandlung einer Krankheit“ angesehen werden, für die die Gesetzliche Krankenversicherung leistungspflichtig wäre. Eine Auslegung des Begriffs Krankheit kann nicht dermaßen erweitert werden, dass hiervon auch der Wunsch einer Familienplanung in einer Ehe erfasst wird. Denn durch eine künstliche Befruchtung wird kein regelwidriger Körperzustand beseitigt. Dieser wird vielmehr durch den Einsatz medizinischer Technik umgangen. Eine Heilung wird jedoch nicht erzielt.

Kein Verstoß gegen Gleichheitsgrundsatz

Das Bundesverfassungsgericht vertrat die Auffassung, dass mit der ab 01.01.2004 geltenden Regelung des § 27a Fünftes Buch Sozialgesetzbuch – SGB V – kein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz vorliegt. Denn durch die Regelung werden alle Versicherten gleich behandelt. Dies gilt auch unter dem Aspekt, dass evtl. sozial schwache Personen nicht in den Genuss einer künstlichen Befruchtung kommen können, sofern die weiteren 50 Prozent der Kosten von diesen finanziell nicht getragen werden können.

Dem Bundesverfassungsgericht obliegt – so die Ausführungen in dem Beschluss vom 27.02.2009 – größte Zurückhaltung, dem Gesetzgeber zusätzliche Leistungsverpflichtungen im Rahmen des Grundsatzes der Gleichbehandlung aufzuerlegen. Der Gesetzgeber hat keine Verpflichtungen, Maßnahmen aus Mitteln der GKV für die Entstehung einer Familie aufzuwenden. Die Leistung steht vielmehr im Ermessen des Gesetzgebers. Ein Entschluss des Gesetzgebers, die Leistungen für eine medizinisch nicht indizierte Therapie nur teilweise zu bezuschussen, bleibt im Rahmen des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums.

Weitere Rechtsprechung

Urteil Bundessozialgericht vom 10.11.2021, Az.: B 1 KR 7/21 R

Mit Urteil vom 10.11.2021 hat das Bundessozialgericht unter dem Aktenzeichen B 1 KR 7/21 R entschieden, dass ein Anspruch auf eine künstliche Befruchtung nur dann besteht, wenn eine homologe Insemination aus medizinischen Gründen vorliegt. Der Anspruch besteht nicht für lesbische Paare gegenüber der Gesetzlichen Krankenversicherung. Daher kann sich aus der Möglichkeit einer gleichgeschlechtlichen Ehe für die Krankenversicherung nicht die Pflicht ergeben, die zeugungsbiologischen Grenzen auszugleichen, welche mit einer solchen Ehe einhergehen.

Die Klägerin, die an einer Fruchtbarkeitsstörung leidet, sah ein Versäumnis des Gesetzgebers, die sozialrechtliche Vorschrift anzupassen, dass auch für lesbische Ehepaare eine Samenspende übernommen wird. Dies konnte das Bundessozialgericht, wie bereits zuvor das Bayerische Landessozialgericht, nicht bestätigen. Die Leistungen der Gesetzlichen Krankenversicherung sehen nur dann eine Kostenübernahme vor, wenn eine unterstützende künstliche Befruchtung bei Paaren, die grundsätzlich zusammen Kinder bekommen können, erforderlich ist. Nach dem Begehren der Klägerin soll die für lesbische Paare fehlende Möglichkeit, ohne Hilfe ein Kind zu bekommen, kompensiert werden, was keinen Leistungsanspruch auslösen kann.

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