Häufige Fragen-Antworten zum PSG II (FAQ)

Was ist das Pflegestärkungsgesetz II?

Das Pflegestärkungsgesetz II (kurz: PSG II) reformiert die Soziale Pflegeversicherung grundlegend. Zentraler Punkt des zweiten Pflegestärkungsgesetzes ist, dass ein neuer Pflegebedürftigkeitsbegriff eingeführt wird. Anstatt der bisherigen drei Pflegestufen wird es künftig fünf Pflegegrade geben.

Ziel des PSG II ist die Stärkung der

  • Individualität in der Pflege,
  • Ansprüche von Versicherte, die an Demenz erkrankt sind und
  • Selbstständigkeit der Pflegebedürftigen.

Maßgebende Inhalte des PSG sind die

  • Neuausrichtung des Pflegebedürftigkeitsbegriffs,
  • die Beurteilung der Leistungsansprüche nach Pflegegraden,
  • die Einführung eines neuen Begutachtungsverfahrens und
  • die Anpassung der Vergütung im stationären Bereich.

Wann trat das Pflegestärkungsgesetz II in Kraft?

Das Pflegestärkungsgesetz ist zum 01.01.2016 in Kraft getreten.

Gelten dann bereits ab 2016 neue Pflegestufen bzw. Pflegegrade?

Nein, die neuen (fünf) Pflegegrade gelten erst ab dem Jahr 2017. Ab Inkrafttreten des PSG II im Jahr 2016 mussten noch umfangreiche Vorarbeiten erledigt werden. Hier waren mehr als ein Dutzend Organisationen beteiligt, die sich mit der Ausgestaltung der neuen gesetzlichen Grundlagen befassen mussten.

Weshalb wurde der Pflegebedürftigkeitsbegriff geändert?

Die Diskussion über den bisherigen Pflegebedürftigkeitsbegriff und das damit verbundene Begutachtungsinstrument begann bereits im Jahr 1995, als die Soziale Pflegeversicherung als fünfter Zweig der Sozialversicherung eingeführt wurde.

Kernpunkt der Kritik war, das der Pflegebedürftigkeitsbegriff zu eng auf die Alltagsverrichtungen ausgelegt war, welche wiederum vorrangig bei körperlich beeinträchtigten Menschen vorkommen. Die psychischen und kognitiven Beeinträchtigungen fanden wenig Berücksichtigung. Ebenfalls wurde mit dem bisherigen Pflegebedürftigkeitsbegriff der steigenden Zahl demenzerkrankter Menschen nicht hinreichend Rechnung getragen.

Zwar wurden in den Jahren zwischen 2002 und 2015 die zusätzlichen Leistungen für Personen mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz schrittweise ausgebaut, doch der bisherige Pflegebedürftigkeitsbegriff „bevorzugte“ weiterhin die vorrangig die körperlichen Beeinträchtigungen.

Mit dem neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff und dem neuen Begutachtungsassessment wurde den bisherigen Kritikpunkten Rechnung getragen.

Wann ist jemand nach dem neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff pflegebedürftig?

Ab 2017 sind Personen pflegebedürftig im Sinne des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI), wenn sie aufgrund von gesundheitlich bedingten Beeinträchtigungen ihrer Selbstständigkeit oder Fähigkeiten in bestimmten Bereichen, welche im Gesetz abschließend festgelegt sind, der Hilfe durch andere bedürfen. Die gesundheitlich bedingten Beeinträchtigungen werden damit unabhängig davon beurteilt, ob sie aus dem körperlichen, kognitiven oder psychischen Bereich herstammen.

Unverändert soll ein Leistungsanspruch aus der Sozialen Pflegeversicherung nur dann entstehen, wenn die Pflegebedürftigkeit längerfristig besteht und es sich nicht nur um einen kurzzeitigen Zustand handelt. Dies ist – wie bisher – dann der Fall, wenn der Hilfebedarf mindestens sechs Monate besteht bzw. die verbleibende Lebenszeit möglicherweise weniger als sechs Monate beträgt.

Was besagt das neue Begutachtungsassessment?

Im Rahmen des neuen Begutachtungsassessment beurteilt der Gutachter anhand von acht Bereichen, ob ab dem Jahr 2017 Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder Fähigkeiten gegeben sind und damit Pflegebedürftigkeit vorliegt. Es handelt sich hierbei um folgende Bereiche:

  1. Mobilität
  2. Kognitive/ kommunikative Einschränkungen
  3. Verhaltensweisen/ psychische Problemlagen
  4. Einzelpunkte Selbstversorgung
  5. Umgang mit Krankheit
  6. Gestaltung des Alltagslebens
  7. (Außerhäusliche Aktivitäten)
  8. (Haushaltsführung)

Jeder dieser Bereiche enthält wiederum eine Gruppe artverwandter Kriterien oder einen Lebensbereich.

Die Bereiche eins bis sechs haben bei der Beurteilung des Pflegegrades eine höhere Gewichtung. Die Bereiche sieben und acht werden vernachlässig, da sie bereits in den Bereichen eins bis sechs überprüft werden. Allerdings ist die Nennung für die Pflegeberatung oder für Leistungen anderer Sozialleistungsträger relevant und erforderlich.

Welche Leistungsansprüche bestehen nach den Pflegegraden?

Die Leistungen werden grundsätzlich dann gewährt, wenn ein Pflegegrad 2 bis 5 vorliegt. Beim Pflegegrad 1 (also bei einer geringen Beeinträchtigung der Selbstständigkeit oder Fähigkeiten) werden Leistungen gewährt, welche zur Erhaltung und Wiederherstellung der Selbstständigkeit und zur Vermeidung schwererer Pflegebedürftigkeit dienen.

Folgende Leistungen werden beim Pflegegrad 1 gewährt:

  • Pflegeberatung
  • Beratung durch Pflegedienste in der Häuslichkeit
  • Zusätzliche Leistungen in Wohngruppen
  • Zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel
  • Wohnumfeldverbessernde Maßnahmen
  • Zusätzliche Betreuung in stationären Einrichtungen
  • Pflegekurse für Angehörige
  • Entlastungsbetrag für nachgewiesene Kosten der
    • Kurzzeitpflege
    • Teilstationären Pflege
    • Leistungen zugelassener Pflegedienste (im Sinne des § 36 SGB XI)
    • Niedrigschwellige Betreuungs- und Entlastungsleistungen
  • oder als Zuschuss zur vollstationären Unterbringung

Folgende Leistungen werden bei den Pflegegraden 2 bis 5 gewährt:

  • alle Leistungen des Pflegegrades 1

und zusätzlich

  • Pflegegeld, Kombinationsleistung, Pflegesachleistung
  • stationäre Pflege
  • Verhinderungspflege
  • Kurzzeitpflege
  • Entlastungsleistungen für nachgewiesene Kosten der
    • Kurzzeitpflege
    • Teilstationären Pflege
    • Leistungen zugelassener Pflegedienste (nicht für körperbezogene Pflegemaßnahmen)
    • Niedrigschwellige Betreuungs- und Entlastungsleistungen

Wie werden Versicherte beurteilt, die vor 2017 bereits in eine Pflegestufe eingestuft wurden?

Für Versicherte, die bereits vor 2017, also vor Einführung der neuen fünf Pflegegrade, in eine Pflegestufe eingestuft wurden, gibt es Übergangsregelungen. Durch die Übergangsregelungen sollen die Betroffenen durch die Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs nicht schlechter gestellt werden. Es erfolgt eine Überleitung in einen Pflegegrad mit gleichen oder höheren Leistungen. Zudem wird ein Besitzstand gegeben, sofern mit der Überleitung geringere Leistungen verbunden sind.

Wie wird konkret von einer Pflegestufe in einen Pflegegrad übergeleitet?

Grundsätzlich wird jeder Pflegebedürftige einen höheren Pflegegrad übernommen, wie die Pflegestufe vergeben ist. Pflegebedürftige der Pflegestufe 2 werden damit also in den Pflegegrad 3 übergeleitet. Ist die Alltagskompetenz des Versicherten noch zusätzlich eingeschränkt, erfolgt die Überleitung zwei höhere Pflegegrade (sogenannter doppelter Stufensprung). Pflegebedürftige der Pflegestufe 2 mit einer eingeschränkten Alltagskompetenz werden damit also in den Pflegegrad 4 übergeleitet.

Ein Bestandsschutz ergibt sich, wenn es bei einem Versicherten zu einer Verbesserung der Selbstständigkeit kommen sollte. In diesem Fall kann bei übergeleiteten Fällen keine Herabstufung in einen niedrigeren Pflegegrad erfolgen. Ein Bestandsschutz besteht allerdings nicht für Fälle, in denen überhaupt keine Pflegebedürftigkeit mehr festgestellt wird.

Muss ein Antrag gestellt werden, damit die Pflegekasse in einen Pflegegrad überleitet?

Nein, die Pflegekassen nehmen die Überleitung von der bisherigen Pflegestufe in den neuen Pflegegrad von Amts wegen vor. Ein gesonderter Antrag muss daher nicht gestellt werden.

Welche Leistungsbeträge werden ab 2017 gewährt?

Folgende Leistungsbeträge werden entsprechend der Pflegegrade ab Januar 2017 gewährt:

Pflege­grad Pflege­geld Sach­leistungen Teilstat. Pflege Vollstat. Pflege
I - 125 Euro (Entlastungs­leistungen) 125 Euro (Entlastungs­leistungen) 125 Euro (Entlastungs­leistungen)
II 316 Euro 689 Euro 689 Euro 770 Euro
III 545 Euro 1.298 Euro 1.298 Euro 1.262 Euro
IV 728 Euro 1.612 Euro 1.612 Euro 1.775 Euro
V 901 Euro 1.995 Euro 1.995 Euro 2.005 Euro

Welche Änderungen ergeben sich im stationären Bereich?

Pflegebedürftige, die in Pflegegrad eingestuft sind, erhalten einen monatlichen Zuschuss von 125 Euro. Es handelt sich hier um keine Sachleistung; der Zuschuss wird als Kostenerstattung gewährt. Damit wird erreicht, dass Pflegebedürftige in einer vollstationären Pflegeeinrichtung grundsätzlich den gleichen leistungsbetrag erhalten wie Pflegebedürftige im ambulanten Bereich.

Die bisherigen Härtefallregelungen werden nicht mehr gebraucht, denn die neuen fünf Bedarfsgrade sehen die Anerkennung von Härtefällen nicht mehr vor. Die gesonderten Regelungen zur Berücksichtigung von Härtefällen inklusive des zahlenmäßigen Anteils an Leistungsempfängern sind nicht mehr notwendig.

Zusätzlich wird es ab 2017 einrichtungseinheitliche Eigenanteile geben. Damit wird erreicht, dass der Versicherte immer den gleichen Eigenanteil zu leisten hat, unabhängig davon, in welchen Pflegegrad er eingestuft ist. Mit einer steigenden Schwere der Pflegebedürftigkeit wird daher der vom Pflegebedürftigen bzw. vom Sozialhilfeträger zu tragende Eigenanteil nicht mehr steigen.

Ändert sich durch die Pflegegrade etwas an der Rentenversicherungspflicht für Pflegepersonen?

Ja! Bislang waren Pflegepersonen aufgrund ihrer ehrenamtlichen Pflegetätigkeit rentenversicherungspflichtig, wenn diese mindestens 14 Stunden in der Woche gepflegt haben (und zugleich keine Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit von mehr als 30 Stunden in der Woche ausgeübt haben).

Ab dem Jahr 2017 müssen durch die Pflegeversicherung Rentenversicherungsbeiträge für Pflegepersonen entrichtet werden, wenn sie eine oder mehrere pflegebedürftige Personen mindestens zehn Stunden wöchentlich, verteilt auf regelmäßig mindestens zwei Tage pro Woche in der häuslichen Umgebung pflegen und der Pflegebedürftige mindestens in Pflegegrad 2 eingestuft ist.

Beim Begriff „Pflege“ werden alle pflegerischen Maßnahmen im Sinne des § 14 Abs. 2 SGB XI verstanden. Damit werden künftig auch pflegerische Maßnahmen in Form von Betreuungsmaßnahmen erfasst. Weiterhin wird Voraussetzung für den Eintritt der Rentenversicherungspflicht als Pflegeperson sein, dass keine Erwerbstätigkeit/selbstständige Tätigkeit von mehr als 30 Stunden ausgeübt wird.

Pflegepersonen, die einen Pflegebedürftigen in Pflegegrad 1 pflegen, werden generell nicht von der Rentenversicherungspflicht erfasst.

Ändert sich durch die Leistungsausweitung der Beitragssatz im Jahr 2017?

Ja, der Beitragssatz in der Sozialen Pflegeversicherung wurde zum 01.01.2017 angehoben. Ab Januar 2017 galt ein Beitragssatz von 2,55 Prozent, welcher solidarisch von den Arbeitgebern und Arbeitnehmern getragen wird. Hinzu kommt noch für kinderlose Versicherte der Kinderlosenzuschlag von 0,25 Prozent, sodass der Beitragssatz insgesamt dann bei 2,8 Prozent liegt. Der Kinderlosenzuschlag muss generell vom Versicherten alleine aufgebracht werden.

Rentner müssen den Pflegebeitrag vollständig alleine bezahlen. Eine anteilige Beteiligung durch die Rentenversicherungsträger erfolgt nicht!

Ab dem 01.01.2019 kam es zu einer nochmaligen Erhöhung des Beitragssatzes auf 3,05 Prozent.